Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Quelle der Seelen: Thriller (German Edition)

Die Quelle der Seelen: Thriller (German Edition)

Titel: Die Quelle der Seelen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
Vom Netzwerk:
diesem Augenblick sämtlichen Bostoner Fans auf, sodass sie ihre kollektive Wut vom Spielfeld weg und auf die Sitze 12A bis D richteten. Paul spürte, wie ihm der Schweiß über Rücken und Brust rann. Er suchte nach einem Ausgang, nach irgendeiner Möglichkeit, zu verschwinden. Er und Jeannie nahmen die Kinder an die Hand. Paul sprang nach links, Jeannie zog nach rechts. Beide waren davon überzeugt, den einzig richtigen Fluchtweg im Auge zu haben. Und dann bewegten sich die Fans plötzlich auf sie zu, kamen immer näher, und ihr Gejohle klang wie Löwengebrüll …
    Busch schoss auf seinem Autositz in die Höhe. Sein Herz schlug wild, und er war schweißgebadet. Mit abgeschaltetem Motor und hochgedrehten Scheiben war er auf der Bostoner Cambridge Street eingeschlafen. Die Sonne schien ihm ins Gesicht und erhitzte das Innere des Wagens auf über vierzig Grad. Busch sah sich um, schaute auf seine Armbanduhr. Dann öffnete er die Tür der Corvette und schwelgte in der Morgenluft, die mindestens fünfzehn Grad kühler war. Er verfluchte sich dafür, das Verdeck nicht heruntergeklappt zu haben.
    Er stieg aus dem Wagen, verschloss ihn und ging in Richtung Franklin Street. Von Michael fehlte dort jede Spur, und er hatte auch nicht angerufen. Busch machte sich Sorgen, hoffte aber, dass er bloß überreagierte. Er ging an den zahlreichen eleganten Villen vorbei bis zum Haus Nummer 22.
    Als er feststellte, dass die Haustür offen stand, überfiel ihn Panik. Er stürmte die Treppenstufen hinauf und stieß auf eine Frau, die sich soeben von ihren Fesseln befreite. Busch hatte noch nie so unbändige Wut gesehen wie in den Augen dieser Frau. Ihre Handgelenke waren von den Schnüren wund und blau, und ihr Mund war rot vom Herunterreißen des Isolierbands. Busch hielt ihr die Hand hin, um ihr beim Aufstehen zu helfen, doch sie ignorierte es. Stattdessen eilte sie auf die Tür zu, die in die Bibliothek führte. Da stand Michael und hielt sich an der Tür fest. Sein Gesicht zeigte einen verstörten Ausdruck, als habe er soeben den Tod persönlich gesehen.
    Die Frau verpasste ihm eine schallende Ohrfeige. Sie wollte ein zweites Mal zuschlagen, doch Michael bekam ihre Hand zu fassen und hielt sie fest.
    »Was haben Sie mit Stephen gemacht?«, rief sie. Michael tat, was er konnte, um den Angriff abzuwehren, ohne dabei selbst gewalttätig zu werden.
    Busch packte Susan und zerrte sie von Michael weg, doch sie schlug weiter um sich.
    »Beruhigen Sie sich«, sagte Busch.
    »Er hat Stephen entführt …«
    »Er hat niemanden entführt.« Busch warf Michael einen fragenden Blick zu, um sich zu vergewissern, dass Michael wirklich nichts derart Blödsinniges angestellt hatte.
    Michael ging durch das riesige Haus in den Salon und setzte sich auf ein Sofa, das mit geblümtem Stoff bezogen war. Er sah sich um, versuchte sich zu orientieren. Im großen Kamin stand jetzt, im Sommer, ein Blumenbouquet. Über dem Sims hing ein Ölgemälde, das einen Gebirgsfluss zeigte; es war kein Meisterwerk, aber es war auch kein Trödel. Die Dekoration war vom Allerfeinsten: elegante Vorhänge, Sessel aus Leder und Wildleder. Michael sah sich um, als könne der Raum ihm irgendetwas verraten, doch er schwieg sich aus. Das Zimmer hatte keinen Charakter. Es gab keine Fotos, keine Bücher, keine Identität. Als Michael aufblickte und sich wieder des Hier und Jetzt bewusst wurde, standen Susan und Busch da und wagten beide nicht, den Mund aufzumachen, als hätten sie Angst, dies könne Michael zum Ausrasten bringen.
    Endlich ergriff Busch das Wort. »Alles in Ordnung?«
    Michael sah zu ihm auf, schwieg aber.
    »Was ist passiert, verdammt?«
    Michael erschrak, als das Handy vibrierte, und holte es hervor.
    »Ja?«, fragte er.
    »Wie sieht’s aus?« Blechern erklang am anderen Ende der Leitung Julians Stimme.
    »Was?«
    »Sie sitzen im Haus dieses Knaben und versuchen zu verdauen, was ich gesagt habe, aber die Uhr tickt bereits. Also werde ich dafür sorgen, dass Sie sich die Mühe sparen und sicherstellen, dass Sie sich auf den Weg machen.«
    Dann war plötzlich jemand anderer am Apparat. »Hallo.« Kelleys Stimme klang unwillig. »Pass auf, ich …«
    »Woher soll ich wissen, dass du wirklich der bist, der du zu sein behauptest?« Zahllose Fragen schwirrten Michael durch den Kopf. Er war dem Mann gerade zum ersten Mal begegnet, und Beweise für ihre Beziehung hatte er nicht; er hatte nichts, was über Worte hinausging. »Niemals zu wissen, wem man vertrauen kann«,

Weitere Kostenlose Bücher