Die Quelle
auf diesen Moment gewartet. Er
zog eine Grimasse, die ein Lächeln darstellen sollte, und deutete mit
seinem blutgetränkten Schwert auf ihn, ehe er zur Siegerehrung nach vorn
schritt. Vom Publikum hatte kaum jemand diese kurze Geste verstanden, doch
Leathan erschauderte. Ethira war es, die geistesgegenwärtig Leathan sofort
telepathisch kontaktierte und verhinderte, dass er sich entmutigen ließ.
‚Er soll nur träumen! Du bist es, der ihn fertig
machen wird!’, hallten ihre Gedanken selbstsicher in ihm. Von ihr
gestärkt, hob Leathan den Blick zu Anthalion. Der Gott-König lächelte
dem Sieger zu und zollte ihm somit seine Anerkennung. Leathan war erstaunt
diese Reaktion zu sehen, doch gleichzeitig wusste er, er hätte keine
andere erwarten dürfen, von einem Herrscher der für seine Grausamkeit
bekannt war. Die Zuschauer jubelten Lidiriak begeistert zu. Sie hatten Blut
fließen sehen; dafür waren sie in die Arena gekommen und wenn
Anthalion den Sieg gut hieß, so gab es nichts mehr, was ihre Freude
einschränken konnte.
Die Tribünen der Nomadenclans leerten sich. Mehrere
Anführer und Krieger hatten dem Kampf beigewohnt und machten aus ihrer
Betroffenheit keinen Hehl. Sie flüsterten untereinander und in
kürzester Zeit waren sich alle Clans offenkundig einig: Lidriak musste aus
dem Turnier verschwinden. Trotz ihres Misstrauens füreinander, wollten sie
gemeinsam eine Taktik gegen Marindas Clan ausarbeiten. Wie Sihldan Leathan
erklärte, ging es jetzt nicht mehr nur darum zu siegen, sondern es galt
über das unehrenhafte Verhalten eines Clans zu richten. Viele der Clans
waren verfeindet, doch die Nomadengesetze hatten bei ihnen allen Vorrang. Auch
in den lang vergangenen Zeiten, ehe Anthalia errichtet worden war und das
Gebiet des Westens von ihnen beherrscht wurde, hatten sie Krieg gegeneinander
geführt, doch nie hatten sie beabsichtigt einen Nomaden getötet. Es
hatte stets gegolten, einen Sieg zu erlangen, indem man den Gegner
kampfunfähig macht. Mutwillig zu töten war unehrenhaft.
Das konnten die Bewohner Anthalias anscheinend nicht
wirklich nachvollziehen. Die meisten von ihnen hatten bereits vor Generationen
die Steppen der Nomaden verlassen, einige stammen von Bauern ab oder waren
einst aus fernen Städten hergezogen. Die Nomadengesetzte waren hier in
Vergessenheit geraten, so waren sie begeistert, ohne sich von den alten Werten
gehemmt zu fühlen. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich ein neuer Spitzname,
der Lidriak galt: „Das Tor zu Anthalions Reich“.
Die Nomaden begaben sich zu den Zelten hinter der Arena,
wohl um das Gesehene zu verdauen und erste Taktiken zu entwickeln.
Leathan folgte ihnen, doch er blieb für sich, denn
die Nomadengesetze, die gebrochen worden waren, waren nicht die seinen,
obgleich er diese allmählich zu schätzen lernte.
Während ein Großteil des Publikums
außerhalb der Arena die Pause genoss, blieben Ethira und Krial in der
Arena zurück, um den besten Platz zu ergattern. Balsik hatte sie in der
Obhut seiner Kollegen gelassen, denn er kehrte mit Sihldans Diener in den
Tempel zurück, um die Pferde zu holen. Der Turnier nahm trotz allem seinen
Lauf, Isentiens Clan musste sich für seinen Auftritt vorbereiten.
*
Alienta wartete bereits mit einem gequälten
Lächeln vor Isentiens Zelt auf Leathan.
„Leathan, sei gegrüßt.“
Leathan gab sich nicht die Mühe, sein Lächeln
zu erwidern, denn offensichtlich hatte Alienta nichts zu sagen, was ihn
erfreuen würde.
„Wie kannst du nur einem solchen Barbaren wie Anthalion
dienen. Er hat bei der Siegerverkündung nach diesem Massaker
gelächelt!“
Alienta hatte nicht den Anstand beschämt zu Boden zu
blicken. Seine Gedanken hatte er versperrt und sein Gesicht war so
verschlossen, dass nichts von seinen Gefühlen zu erkennen war. Obwohl
Leathan versuchte sich auf das bevorstehende Gespräch mit Alienta zu
konzentrieren, konnte er die Streitigkeiten nicht überhören, die im
Hintergrund aus Marindas Zelt kamen. Anscheinend waren auch die Kampfgenossen
von Lidriak mit der Tötungstaktik nicht einverstanden. Alienta sah in
diese Richtung.
„Hörst du sie?“, fragte er mit einem leichten
Lächeln auf den Lippen. Allmählich bereute es Leathan, sich auf ein
Gespräch mit Alienta eingelassen zu haben.
„Natürlich kann ich es hören. Es ist gut zu
hören, dass es auch in Marindas Clan einige ehrenhafte Krieger gibt.“
Wieder gab Alienta ein Lächeln von sich, diesmal
lagen Spott und Häme darin und Leathan ertappte
Weitere Kostenlose Bücher