Die Quelle
herauszufinden, was
Sihldan mit ihnen anstellen würde, wenn er sie zu Gesicht bekäme. In
seinen Augen waren sie wahrscheinlich nichts weiter als Leathans entflohene
Sklaven, so hätte er sie im besten Fall verschont und zu seinen eigenen
Diensten verpflichtet, im schlimmsten Fall hätte er den Groll, den er
sicherlich für Leathan hegte, an ihnen ausgelassen. Obwohl das
Nahrungsangebot, das sie beim Clan vermuteten, verlockend erschien, machten sie
einen großen Bogen um das Nomadenlager, wodurch sie sogar auf Diebstahl
verzichteten. Ein solches Risiko wollten sie in dieser kniffligen Lage nicht
eingehen. Die beiden Räuber bezahlten während ihrer Reise teuer dafür,
dass sie nie gelernt hatten zu jagen.
Als sie endlich den Pass erreichten, den Leathan ihnen
beschrieben hatte, quälte sie der Hunger, doch ein Blick auf das
Geröll in den Bergen verriet ihnen, wie das Problem sich gleich ganz von
selbst lösen würde. Sie waren auch ohne sich telepathisch absprechen
zu müssen sicher, genau dieselbe Erkenntnis gewonnen zu haben. Auf Pferde
konnten sie von nun an verzichten…
Sie fanden sogar etwas Holz, um ein Feuer zu machen und
während sie gesättigt am warmen Lagerfeuer saßen, empfanden
beide an diesem Abend Pferdefleisch als eine Delikatesse. Eines der beiden
Tiere hatten sie verschont, um ihr Gepäck zu tragen, doch im Angesicht des
Todes seines Reisegefährten floh das überlebende Pferd in die
Prärie, wo es sicherlich bald den Wölfen zum Opfer fallen würde,
die Ethira und Krial seit Tagen verfolgten.
„Wir hätten das Vieh anbinden sollen…“, seufzte
Krial und sah auf das Gepäck, das sie nun zum größten Teil
liegen lassen mussten.
„Ja, wäre wohl besser gewesen.“, antwortete Ethira
trocken, während sie das Feuer schürte.
*
Nach einem üppigen Frühstück, das wie ihr
Abendmahl nur aus Pferdefleisch bestand, sortierten sie ihr Gepäck.
Außer dem Schmuck und dem Gold, das sie aus der anthalischen Villa
entwendet hatten, nahmen sie kaum etwas mit. Zwei Decken und ein wenig Fleisch
als Proviant würden für das Passieren der Berge ausreichen. Ethira
und Krial fühlten sich ohnehin in den Bergen um einiges wohler als in der
Prärie. Ihr Volk lebte ebenfalls in bergigen Gegenden, in der Nähe
einer viel genutzten Schlucht zwischen den Gebieten Anthalias und Gowirialis.
In solch heimischen Gefilden waren sie ihr ganzes Leben lang sämtlichen
Gefahren entkommen. Sogar die vielen Soldaten und Söldner, die sie stets
nach Überfällen auf Reisende gejagt hatten, hatten nie ihre Spuren
aufnehmen können. Wer nun beobachtet hätte, wie beide sich auf den
Felsen bewegten, ohne jemals einen Stein zu lösen, ohne jemals auf dem
Geröll zu rutschen, immer den besten Weg hindurch findend, hätte
leicht verstanden, was es so schwer machte, das Volk der Baseff
aufzuspüren.
Sie waren in ihrem Element und statt wie jeder andere Mensch
mindestens eine Woche für das Passieren der Berge zu benötigen, waren
sie fünf Tage später an den Toren von Ker-Deijas angekommen. ‚Es
wurde Zeit’, dachte Ethira und sandte das Gefühl der Erleichterung an
Krial. Er sah sie liebevoll an und nickte, denn auch ihm lag das letzte
halbverdorrte Stück Pferdefleisch vom Vortag noch im Magen.
*
Wie sie wussten, wurden sie bereits erwartet. Die Wachen
hatten sie schon von weitem gespürt und telepathischen Kontakt
aufgenommen. Ihr Angebot, ihnen zwei Pferde entgegen zu schicken, um ihnen den
restlichen Weg zu erleichtern, hatten Ethira und Krial jedoch umgehend dankend
abgelehnt. Sie waren froh, vorerst wieder auf ihren eigenen Füßen
stehen zu dürfen. Ohne Sattel auf Tieren zu reiten, die für sie nur
billige Nahrung darstellten, entsprach nicht gerade ihrer Vorstellung einer
angenehmen Art, ihre Reise zu beenden.
Als sich das hölzerne Tor für beide öffnete,
stand eine einzelne Frau vor Ihnen. Keine Wachen, keine Krieger, um sie zu
flankieren. Dennoch überragte diese Frau Ethira um einen ganzen Kopf, sie wirkte
ungewöhnlich kräftig, und das Schwert, welches sie trug, war
sicherlich nicht zur Zierde da. Diese beeindruckende Kriegerin vom Volk der
Wächter nickte den beiden zu und versuchte ein Lächeln des
Willkommens auf ihre Lippen zu zaubern. Es wirkte fast herzlich, zumindest
vermutete es Ethira, die Galtirias schroffe Art bereits im ersten Augenblick durchschaut
hatte.
„Seid willkommen. Mein Name ist Galtiria. Der Rat ist
bereits einberufen worden. Wir freuen uns alle darauf, Neuigkeiten von
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