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Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition)

Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sauer
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und aß ein Stück Brot. Währenddessen versuchte er, das Geplapper seiner Base zu ignorieren. Denn die Äbtissin Héloise unterbreitete ihm die neuesten theologischen Thesen eines bekannten Benediktinerpredigers. Was ihn zum einen ohnehin nicht im Geringsten interessierte. Und zum anderen hatte seine Base sicher nur einen Bruchteil der Argumentation verstanden. Er hatte ihr zwar die Stellung einer Äbtissin verschafft, um seiner Familie Macht und Einfluss zu sichern. Für die Hellste hielt er seine Verwandte aber wirklich nicht. Nein, wie sie ihm so gegenübersaß, der gedrungene, dickliche Körper vorgebeugt, und sich zwischen den Satzfetzen Brot in den Mund schob, erinnerte sie ihn an einen fetten, aufgeregt herumpickenden Spatz.
    Die junge Nonne, die sich schon seit einer ganzen Weile am Kamin zu schaffen machte und neues Holz in die Glut legte, hielt plötzlich inne. Dann stieß sie einen erschrockenen Schrei aus: »Äbtissin Héloise, Baron de Thorigny … Zwischen den Scheiten befindet sich ein Dolch.«
    »Was sagt Ihr da?« William de Thorigny sprang auf und eilte zu ihr.
    »Aber der Dolch wird doch sicher nur versehentlich zwischen das Holz geraten sein«, meinte Äbtissin Héloise begütigend.
    William de Thorigny drehte die Waffe zwischen seinen Fingern. Ein einfacher, wenn auch scharfer Dolch mit einem Holzgriff. Sicher nicht die Waffe eines Adligen. Er vergegenwärtigte sich den vergangenen Abend. Ein Junge hatte einen Korb voller Scheite gebracht und dann ebenfalls Holz im Kamin nachgelegt. Kurz darauf waren eine Nonne und ein seltsam in Schwarz gekleideter Mann in den Raum gestürzt. Der Mann hatte gerufen, dass ein Brand im Kloster ausgebrochen sei. Er hatte den Jungen an den Schultern gepackt und war mit ihm und der Nonne weggerannt.
    Nun, es war William ohnehin merkwürdig erschienen, dass so plötzlich ein Strohdach in Flammen aufgegangen war. Er hätte seinem Instinkt folgen und der Sache sofort nachgehen sollen.
    »Es ist gut. Wir benötigen Eure Hilfe nicht mehr«, wandte er sich an die Nonne.
    Sie neigte schüchtern den Kopf und eilte davon.
    William sah seine Base an. »Ich bin überzeugt, das Messer befand sich nicht zufällig zwischen den Scheiten. Im Gegenteil – jemand wollte damit einen Anschlag auf mich verüben.«
    »Um Himmels willen!« Héloise riss entsetzt ihre blassblauen Augen auf. »Aber wer würde Euch denn so etwas antun wollen?«
    William ignorierte ihre Frage. Es gab jede Menge Leute, die ihn gerne tot sehen würden, konstatierte er nüchtern. Allen voran Richard. Aber selbst der arrogante Prinz würde kaum auf die Idee verfallen, ein Kind mit einem Anschlag zu beauftragen. Außerdem hatten die Nonne und der Mann ja den Jungen unter einem Vorwand rechtzeitig fortgeholt.
    »Was wisst Ihr über den Jungen, der gestern Abend hier Holz nachgelegt hat?«, fragte er. Als der Mann ihn aus dem Raum geschoben hatte, hatte er für einen Moment sein Gesicht gesehen. Etwas daran war ihm bekannt erschienen. Aber er kam nicht darauf, was.
    »Nicht viel, nur dass er vor ein paar Jahren mit einem Schäfer ins Kloster kam – dieser Mann lebt inzwischen nicht mehr – und dass er ein Waise ist. Seine Eltern kamen wohl im Krieg zwischen den Prinzen und dem König ums Leben.« Héloise fuchtelte aufgeregt mit ihren Händen in der Luft herum. »Der Name des Jungen ist, wenn ich mich richtig erinnere, Luce. Er führt allerlei niedrige Arbeiten aus. So hilft er auch im Stall und im Klostergarten. Er ist wohl recht willig. Denn ich habe nie Klagen über ihn gehört.«
    »Der Junge dürfte die längste Zeit im Kloster gelebt haben«, bemerkte William trocken. »Er, die Nonne und der Mann werden mittlerweile schon über alle Berge sein.« Er unterband brüsk einen weiteren Entsetzensschrei seiner Base. »Wer war die Nonne, die ihn gestern Abend wegbrachte?«
    »Ihr Name ist Schwester Fidelis. Zu ihrem Aufgabenbereich gehören der Kräutergarten und das Zubereiten von Heilmitteln. Der Junge hat ihr oft bei der Gartenarbeit geholfen. Außerdem leitet sie unser Spital und betreut auch sonst Kranke. Sie hat darin einen sehr guten Ruf und erfüllt alle ihre Pflichten gewissenhaft. Kranke kommen von weit her, um sie um Hilfe zu bitten. Mehr kann ich Euch, ehrlich gesagt, nicht über sie sagen.« Äbtissin Héloise hob hilflos ihre rundlichen Schultern. »Laut der benediktinischen Regel sind wir ja sowieso dazu angehalten, nicht viel miteinander zu sprechen. Und Schwester Fidelis ist eine besonders

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