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Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition)

Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sauer
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sprangen auf.
    »Gott, steh uns bei!«, hörte Luce die Äbtissin stöhnen. Im nächsten Augenblick zerrte Simon ihn auch schon auf die Füße und schubste ihn hinaus in den Gang. Unbarmherzig bohrten sich seine Finger in Luces Schulter. Doch Luce war sowieso viel zu durcheinander, um sich gegen seinen Griff zu wehren.
    Vor dem Gebäude schlug ihm kalte Nachtluft entgegen. Dort, wo die Küche lag, stoben Funken gegen den dunklen Himmel auf. Nonnen und Bedienstete rannten aufgeregt durcheinander. Irgendjemand schrie, dass eine Eimerkette gebildet werden müsse.
    In zornigem Schweigen trieb Simon ihn vorwärts. Ann rannte neben ihnen her. Luce konnte spüren, wie aufgelöst sie war. Knechte und Bedienstete holten die Pferde aus den Stallungen. Der Hof war voller Tiere, die sich panisch aufbäumten und wieherten, da sie den Rauch rochen. Dicht an die Wand eines der Ställe gedrängt, blieben sie stehen.
    Eine Erkenntnis durchzuckte Luce. »Simon, ich habe den Dolch zwischen dem Holz liegen lassen«, stotterte er.
    »Nicht dass das viel ändern würde …« Simon bedachte ihn mit einem grimmigen Blick. »Wir hätten sowieso fliehen müssen. Nur werden wir jetzt de Thorigny und seine Leute noch um einiges früher auf den Fersen haben.«
    »O Luce, wie konntest du nur auf die Idee verfallen, William zu töten …«, schluchzte Ann.
    »Das zu ergründen haben wir jetzt keine Zeit.« Simon steuerte auf zwei Pferde zu, die an ihnen vorbeigaloppierten. Es gelang ihm, sie an den Mähnen zu packen und zu Ann und Luce zu ziehen. »Los, hinauf mit dir!«, befahl er Luce. Der Junge gehorchte und schwang sich auf das eine Tier, während Simon Ann auf den Rücken des anderen half.
    Simon versetzte den Pferden einen Schlag auf das Hinterteil, woraufhin sie vorwärtspreschten. Als Luce hastig den Kopf wandte, sah er, dass es Simon gelungen war, sich auch ein drittes der herumirrenden Tiere einzufangen. Er sprengte hinter ihnen her. Licht und Schatten und Rauch waberten um Luce. Ein Knecht sprang fluchend zur Seite, um nicht von dem Pferd umgeritten zu werden. Das Tor des Klosters tat sich vor ihnen auf. Dann waren sie hindurch und galoppierten die dunkle Straße entlang.
    *
    Erst gegen Mittag machten sie an einem kleinen Fluss in der Nähe eines einsam gelegenen Gehöftes Halt. Simon erklärte, dass er versuchen wolle, in dem Anwesen etwas zu essen für sie zu kaufen. Ein frischer Wind wehte. Deshalb kauerten sich Luce und Ann, sobald er zwischen den Bäumen verschwunden war, im Schutz einiger noch weitgehend kahler Büsche auf den Waldboden. Luce starrte unglücklich vor sich hin. Ann schwieg beharrlich, wobei es ihm lieber gewesen wäre, wenn sie ihn ausgeschimpft oder mit Vorwürfen überschüttet hätte.
    Nach einer Weile kehrte Simon auf die Lichtung zurück. Er trug einen Korb in der Hand, aus dem der Hals einer Kalebasse ragte. Unter den Arm hatte er einen Ballen Tuch geklemmt. Er reichte ihn Ann. »Hier ein Mantel für Euch. Als Nonne seid Ihr viel zu auffällig.« Während Ann ihren schwarzen Umhang ablegte und den groben Mantel anzog, nahm Simon die Kalebasse, Brot und Fleisch aus dem Korb.
    Erst jetzt bemerkte Luce, dass Simon sein Bündel, das er sonst immer umhängen hatte, wenn er unterwegs war, nicht bei sich hatte. »Wo hast du denn deine Laute und deine Flöte gelassen?«, fragte er zaghaft.
    Der Blick, mit dem Simon ihn bedachte, war immer noch grimmig. »Die liegen auf der Bank vor Anns Hütte. Nachdem wir dich im letzten Moment aus dem Zimmer der Äbtissin gezerrt hatten, konnte ich sie vor unserer Flucht schlecht noch dort holen.«
    »Simon, es tut mir so leid«, stammelte Luce.
    »Am liebsten würde ich dich ja übers Knie legen. Aber …« In Simons dunkle Augen stahl sich die Andeutung eines Lächelns. »Ich fürchte, in deinem Alter hätten dein Vater und ich nicht anders gehandelt.«
    »Ja, natürlich, stärkt dem Jungen nur den Rücken.« Ann bedachte Simon mit einem ärgerlichen Blick. Doch Luce konnte spüren, dass auch sie ihm nicht mehr ernstlich böse war.
    Luce grinste die beiden vorsichtig an. »Wohin werden wir denn jetzt gehen?«
    »Na ja, wir sollten eine möglichst große Entfernung zwischen uns und William de Thorigny legen.« Simon seufzte. »Wir müssen versuchen, möglichst schnell die Küste zu erreichen, und dort ein Schiff finden, das uns nach England bringt. Im Kloster von Barking werdet ihr eine Zuflucht finden können.«
    *
    William de Thorigny trank einen Schluck von dem warmen Würzwein

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