Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition)
meine Position geschaffen habe. Während Ihr in die Eure einfach hineingeboren wurdet.«
»Ihr wollt also damit sagen, dass ich ohne meine königliche Geburt ein Nichts wäre?« Richards Stimme klang gefährlich freundlich.
William hatte nicht vor, sich von ihm einschüchtern zu lassen. »Nun, nicht unbedingt ein Nichts. Aber Ihr wärt zumindest nicht in der Lage, Euren Vater mit einem Heer herauszufordern. Andere junge Männer leben ihre Launen weniger kostspielig und zerstörerisch aus.«
»Ach, da Ihr von Zerstörungen sprecht …« Richard schnippte mit den Fingern. Sein Blick wanderte zu den geöffneten Fenstern, hinter denen sich eine sommerlich grüne Landschaft erstreckte. »Mir ist zu Ohren gekommen, dass Ihr die Besitzungen meiner Anhänger systematisch ausraubt und dann verwüstet. Zudem sollt Ihr Frauen vergewaltigen. Was ja nun kein Benehmen ist, das einem Edelmann angemessen wäre.« Als er sich wieder William de Thorigny zuwandte, wurde seine Stimme ganz sanft. »Sagt, braucht Ihr das, William, anderen Gewalt anzutun? Fühlt Ihr Euch nur dann stark und mächtig? Und nicht mehr nur als ein Nichts?«
Der Impuls, sein Schwert aus der Scheide zu reißen und auf Richard loszugehen, durchzuckte William. Doch erneut gelang es ihm, seinen Zorn zu bezwingen. »Immerhin weiß ich, im Gegensatz zu Euch, mein Prinz, dass ich es lieber mit Frauen als mit Männern treibe«, entgegnete er kühl.
»Ach, jetzt behauptet bloß nicht, dass Euch die Moralvorstellungen der Kirche interessieren.« Richard lachte leise. Dann betrachtete er ihn mit leicht zusammengekniffenen Augen. »Ihr seht zwar wirklich gut aus, William de Thorigny«, sagte er schließlich, »Euer Mund etwa wirkt wie geschaffen zum Küssen, und es müsste sehr erregend sein, die Zunge zwischen Eure Lippen zu schieben. Aber nein, Ihr seid nicht die Art Mann, die mich anzieht.«
»Wie beruhigend für uns beide, mein Prinz.« William de Thorigny verbeugte sich. »Denn sonst hätte ich Euch abweisen müssen. Ich werde Eurem Vater also mitteilen, dass Ihr sein Versöhnungsangebot abschlagt.«
Draußen vor dem Saal ballte William de Thorigny die Hände zu Fäusten. Diese Begegnung zwischen ihm und Richard Plantagenet war entgegen seinen Erwartungen unentschieden geendet. Sie hatten sich beide nichts geschenkt. Aber es würde ihm schon noch gelingen, das Selbstbewusstsein dieses hochmütigen jungen Burschen nachhaltig zu erschüttern. Ja , schwor er sich, eines Tages werde ich den Königssohn zutiefst demütigen.
*
Adela hatte Francis’ und Luces Kittel gewaschen und breitete sie zum Trocknen auf der sonnigen Wiese hinter der Ruine aus, als Guy wieder einmal anschlug. Ein Fremder hätte ihr keinen größeren Schreck einjagen können als der hagere Mann, der gleich darauf auf die Lichtung geritten kam. Sie kannte ihn, es war ein Knecht von Francis’ Gut, und sie wusste nur zu gut, dass er eine Nachricht überbringen würde, die ihren Mann wieder von ihr weg und zu Richards Heer führen würde.
Sie rief nach Luce und trug ihm auf, nach seinem Vater zu suchen, der zusammen mit Gerard im Wald einen Baum fällte. Adela war sich im Klaren darüber, dass es unhöflich war, den Knecht sich selbst zu überlassen. Aber sie konnte es nicht über sich bringen, sich mit ihm zu unterhalten, als wäre er ein ganz normaler Bote. Also reichte sie ihm einen Becher mit Wasser und ein Stück Brot, dann schritt sie an dem Bach entlang in den Wald. Am Ufer hockte sie sich ins Gras und sah zu, wie das Wasser um die Steine Wellen bildete und die Strömung Blätter und kleine Zweige fortschwemmte. Erst nach Einbruch der Dämmerung kehrte sie wieder zu dem zerfallenen Waldhaus zurück.
Auf der Lichtung saßen Francis, Gerard und der Knecht um ein Feuer. Luce war zu Adelas Erleichterung nicht bei ihnen. Er schlief wohl schon.
»Adela«, Francis stand auf und ging ihr entgegen, »wo warst du denn? Ich habe mir Sorgen um dich gemacht.« Sein Blick war müde und schmerzerfüllt.
»Du wirst also gehen?«, fragte sie hart.
»Ja, morgen schon.«
Sie wollte ihn anschreien »Bleib bei mir!«, doch stattdessen sagte sie nur: »Wir müssen miteinander reden.« Gerard und der Knecht machten Anstalten, das Feuer zu verlassen. Aber sie hielt den Schäfer zurück und meinte: »Bitte geht noch nicht. Ich möchte Euch etwas fragen, auch wenn ich weiß, dass ich schon tief in Eurer Schuld stehe: Würdet Ihr mir noch einen großen Gefallen erweisen und Francis zu Richards Heer und in die
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