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Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition)

Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sauer
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Peitsche Euch oder den alten Mann trifft.«
    »Wie überaus freundlich von Euch, dass Ihr uns nicht wirklich schlagen lassen wolltet«, versetzte Adela sarkastisch. Sie war immer noch zornig. »Erwartet Ihr etwa, dass ich Euch dafür dankbar bin?«
    »Nein.« Die Dame schüttelte den Kopf. »Aber ich möchte Euch wissen lassen, dass ich immer in Eurer Schuld stehen werde. Denn ich bin mir darüber im Klaren, dass mein Mündel, wenn Ihr ihm nicht zu Hilfe gekommen wäret, gestorben wäre.« Sie zog einen goldenen, mit Edelsteinen besetzten Ring von ihrem Finger und reichte ihn Adela. »Bitte, nehmt diesen Ring als kleines Zeichen meiner Dankbarkeit.«
    »Es war einfach Glück, dass ich zur Stelle war«, erwiderte Adela steif. »Ich hätte jedem anderen Menschen auch geholfen. Also müsst Ihr mich dafür nicht bezahlen.«
    »Ich würde es nicht wagen, Euch eine Bezahlung anzubieten.« Die Dame lächelte schwach. »Schließlich ist das, was Ihr getan habt, mit keiner noch so großen Geldsumme aufzuwiegen. Nein, ich möchte Euch lediglich etwas schenken, und es wäre mir eine Ehre, wenn Ihr mein Geschenk annehmen würdet.«
    Adela forschte in ihrem Gesicht, ob sie sich etwa über sie lustig machte. Doch obwohl sie lächelte, blickten ihre Augen sehr ernst. Schließlich nahm Adela den Ring zögernd entgegen. »Das Mädchen sollte sich noch ein paar Tage lang schonen«, sagte sie, »aber ich bin mir sicher, dass es wieder ganz gesund werden wird.« Mit einem knappen Nicken verabschiedete sie sich von der Frau.
    *
    Während Ann auf das Hospital zuging, dankte sie wieder einmal dem Himmel dafür, dass William de Thorignys Besuch vorbei war. Drei Tage lang hatte er die vornehmsten Räume des Gästehauses bewohnt und bei seiner Base in deren Zimmern gespeist. Deshalb hatte Ann ihn nur einige wenige Male aus der Ferne zu Gesicht bekommen. Doch diese kurzen Begegnungen hatten ausgereicht, sie mit Abscheu und Zorn zu erfüllen. Einmal, als William de Thorigny keinen Mantel getragen hatte, hatte sie überrascht festgestellt, dass er seinen rechten Unterarm verloren hatte. Dies hatte Ann mit einer tiefen Genugtuung erfüllt, und es war ihr völlig gleichgültig gewesen, dass rachsüchtige Gefühle eine noch viel schlimmere Sünde als Abscheu und Zorn darstellten.
    In seiner Kammer kauerte Luce auf der Kante des Strohsacks und blickte ihr ängstlich entgegen. Seit ein paar Tagen war er wieder ganz gesund, aber sie hatte es vorgezogen, Héloise de Thorigny gegenüber zu behaupten, er sei immer noch krank. So hatte sie ihn weiterhin im Hospital verbergen können.
    »Komm«, sagte Ann freundlich, »wir müssen gehen.«
    »William de Thorigny ist nicht mehr hier?« Er schluckte.
    »Er hat das Kloster schon gestern verlassen.« Wieder fühlte Ann sich wie von einer schweren Last befreit. »Ich habe der Äbtissin erzählt, ein Schäfer habe einen Waisenjungen ins Kloster gebracht. Sie ist damit einverstanden, dass du und Gerard bleibt, wenn ihr euch nützlich macht. Du sollst in der Küche und in den Werkstätten mithelfen, und Gerard wird die Stellung unseres alten Schäfers übernehmen.«
    Zögernd stand Luce auf. »Aber ich darf Gerard und Guy besuchen?«, fragte er zögernd.
    »Ja, natürlich.« Ann umarmte ihn. Er kam ihr sehr dünn und zerbrechlich vor. »Heute Nachmittag kommst du zu mir in meine Hütte. Ich werde einfach sagen, dass du mir beim Kräuterverlesen hilfst. Wenn du magst, erzähle ich dir eine Geschichte. Oder ich zeige dir auf einem Wachstäfelchen, wie man Buchstaben schreibt.«
    »Ich möchte eine Geschichte hören und Buchstaben lernen.« Sein schmales Gesicht hellte sich ein bisschen auf.
    »Gut, dann beides.« Sie lächelte ihn an. »Und vergiss bitte nicht, dass du mich vor anderen Menschen Schwester Fidelis nennen musst. Niemand darf erfahren, dass ich deine Tante bin. Das ist ganz wichtig.«
    »Das weiß ich doch.« Luce nickte.
    Hand in Hand liefen sie über das Klostergelände. Der Morgen war klar und kalt. An schattigen Stellen bedeckte noch Reif den Boden. Auf dem großen Hof vor der Kirche kehrten Novizinnen welkes Laub zusammen. Über den Abzugslöchern in den Dächern der Küche und des Äbtissinnenhauses mischten sich Dampf und Rauch zu großen Wolken. Erleichtert stellte Ann fest, dass Luce seine neue Umgebung neugierig betrachtete.
    Die Schmiede – Anns Ziel – lag vor dem Klostertor. Das niedrige, rußgeschwärzte Bauwerk mit der Gewölbedecke wurde von einer mächtigen Esse beherrscht. Darin

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