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Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition)

Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sauer
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die etwa im gleichen Alter wie sie waren, recht gut zu verstehen.
    Als Adela in die schlammige Gasse einbog, zu deren beiden Seiten sich windschiefe, vom Wetter ausgebleichte Hütten erstreckten, wurde der Nieselregen stärker. Sie war noch ein Stück von der Behausung der Töpferin entfernt, als sie Robin schreien hörte. So weinte ihr Kind nur, wenn es sich ernsthaft verletzt hatte. Adela stürzte vorwärts.
    In der Hütte blakte ein Kienspan. Eirene saß auf einer Bank und hielt Robin, deren kleines Gesicht ganz verzerrt war, auf ihren Knien. Das Kind war nackt. Sein rechter Arm war krebsrot und von einer stinkenden Masse bedeckt.
    Adela hastete zu Robin und hob ihre Tochter hoch. Bei der Masse handelte es sich um Gänsefett. »Um Gottes willen, was ist mit Robin geschehen?«, presste sie hervor.
    »Ach, das dumme Ding«, die Töpferin verzog ungeduldig den Mund, »was musste sie auch auf die Bank klettern und ihren Arm in einen Topf mit heißem Haferbrei stecken, den ich gerade dort abgestellt hatte?« Sie wies auf ein Tongefäß, das umgestürzt auf der Tischplatte lag. Darum hatte sich eine Lache aus angetrocknetem Brei gebildet. »Ich habe sie wirklich nur einen Moment lang aus den Augen gelassen.«
    Die beiden anderen Kinder kauerten im Stroh und verfolgten das Geschehen ängstlich. »Mutter hat draußen mit der Nachbarin geredet«, brabbelte der Junge jetzt.
    »Ach, Ihr habt die Kinder also wirklich nur ganz kurz aus den Augen gelassen?«, versetzte Adela zornig. »Wie konntet Ihr nur so unvorsichtig sein?«
    »Tut doch nicht so, als ob Ihr jeden Moment auf Eure Tochter aufpassen würdet«, versetzte Eirene mürrisch. »Kinder verletzen sich nun einmal. In Zukunft wird das Mädchen einen weiten Bogen um jeden heißen Breitopf machen. Das Gänsefett wird schon helfen, die Verbrühung zu heilen.«
    »Das Schmalz aufzutragen war mit das Dümmste, was Ihr tun konntet.« Adela zitterte vor Zorn und Hilflosigkeit. »Es wird die Wunde nur entzünden.« Robin hatte aufgehört zu schreien. Sie wimmerte nur noch vor sich hin, was Adela beinahe noch mehr zusetzte als das laute Weinen. Nein, sie würde ihre Tochter niemals wieder hierherbringen!
    Als hätte die Töpferin Adelas Gedanken erraten, trat ein lauernder Ausdruck in ihre Augen. »Ich bekomme noch ein Pfund von Euch dafür, dass ich während der letzten vier Wochen auf das Mädchen aufgepasst habe«, sagte sie.
    »Ihr wollt auch noch Geld von mir?« Adela konnte es nicht glauben.
    »Ja, allerdings. Und falls Ihr Euch weigern solltet, mich zu bezahlen, werde ich mich beim Rat der Stadt über Euch beschweren. Ich werde angeben, dass das Hustenmittel, das Ihr meinen Kindern verabreicht habt, ihnen geschadet hat …«
    »Das ist nicht wahr, und das wisst Ihr sehr genau. Es hat den Husten geheilt.«
    »Beweist es, wenn Ihr könnt.« Eirene zuckte die Schultern. »Ich bin davon überzeugt, dass der Rat mir eher Glauben schenken wird als Euch. Ihr wisst doch, welche Strafe auf Zauberei steht. Mit Peitschenhieben aus der Stadt getrieben zu werden, wollt Ihr doch bestimmt nicht riskieren.« Ein höhnisches Lächeln huschte über ihr mageres Gesicht. Bestimmt würde sie ihre Drohung wahr machen.
    Mit zitternden Fingern holte Adela einige Münzen aus dem Beutel an ihrem Gürtel und warf sie auf den Tisch. Dann raffte sie schnell Robins Kleider zusammen, schlug ihren Mantel um das Kind und hastete mit ihm davon.
    *
    Zögernd blieb Adela vor dem Haus in der Nähe des Flusses stehen. Die Abenddämmerung hatte schon eingesetzt. Vom Wasser wehte ein herber Geruch zu ihr herüber. Alle Fenster des einstöckigen, schindelgedeckten Gebäudes waren mit Läden verschlossen. Hinter manchen glaubte sie, einen Lichtschein zu erkennen. Auch in der roten Laterne aus Ölpapier über der Eingangstür brannte ein Licht. Es warf einen zuckenden Schatten über die enge Straße.
    Robins Gewicht zog an ihr, denn sie hatte sich ihre Tochter mit einem Tuch an den Leib gebunden. Wenigstens schlief das Kind seit einer Weile. In der Stille, die nur kurz durch das lallende Lachen eines Betrunkenen durchbrochen wurde, hörte Adela seinen gleichmäßigen Atem.
    Drei Tage waren jetzt vergangen, seit sich Robin den Arm an dem heißen Brei verbrüht hatte. Wie Adela befürchtet hatte, hatte das Gänseschmalz die Verletzung nur noch schlimmer gemacht. Sie hatte versucht, die Wunde mit einer Schafgarbentinktur zu reinigen. Trotzdem hatten sich auf ihr nässende Pusteln gebildet. Mittlerweile schrie Robin

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