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Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition)

Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sauer
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schon jämmerlich, wenn man den kranken Arm nur berührte.
    Zu allem Überfluss hatte ihre Tochter, die sonst zu Adelas Leidwesen meistens hungrig war, seit dem Unfall kaum etwas essen wollen. Nur nach viel geduldigem Zureden war sie bereit gewesen, etwas in warmem Wasser eingeweichtes Brot zu schlucken – die einzige Nahrung, die Adela hatte kaufen können. Ihr Geld reichte gerade noch, die Miete für die kleine Kammer zu zahlen, in der sie und ihre Tochter hausten. An Honig und Milch und Eier, die sie dringend benötigt hätte, um Robin zu stärken, war überhaupt nicht zu denken gewesen. Als ihre Tochter immer apathischer wurde, hatte sich Adela im Laufe des Nachmittags dazu durchgerungen, Marys Angebot doch anzunehmen. Was machte es schon, wenn sie ihren Leib verkaufte – Hauptsache, sie konnte Robin mit dem Geld retten.
    Mit einem flauen Gefühl in der Magengrube öffnete Adela die Tür des Bordells. Eine Glocke ertönte. Der niedrige Flur wurde nur von einem Talglicht spärlich erhellt. Während sie sich noch fragte, an welche der Türen, die von dem Gang abzweigten, sie klopfen sollte, wurde eine davon geöffnet. Eine dralle Frau Mitte zwanzig, deren Ausschnitt so tief war, dass er die mit Henna gefärbten Brustwarzen entblößte, erschien und musterte Adela und Robin abschätzend. »Seid Ihr sicher, dass Ihr Euch nicht in der Tür geirrt habt?«, fragte sie spöttisch.
    »Eine Frau namens Mary meinte, ich solle hierherkommen und nach ihr fragen, wenn ich …« Verlegen brach Adela ab.
    »Ach, Ihr seid das. Ja, Mary hat von Euch erzählt. Ich hätte nur nicht gedacht, dass Ihr mit einem Kind hier auftauchen würdet.« Die Hure lachte und rief laut Marys Namen.
    Gleich darauf öffnete sich eine weitere Tür. Kerzenlicht ergoss sich in den Gang und umfloss Mary, die Adela anlächelte. »Schön, dass Ihr es Euch doch noch anders überlegt habt. In den nächsten Tagen wird der König in der Stadt erwartet. In seinem Gefolge werden sich viele Männer befinden – was uns eine Menge Kundschaft verspricht.«
    »Ja, wirklich zahlungskräftige Freier.« Die dralle Hure lachte wieder.
    »Wer weiß, vielleicht erobert Ihr ja das Herz eines Ritters.« Mary legte Adela den Arm um die Schultern und schob sie zu einem Raum am Ende des Flurs. »Ich muss Euch schnell noch Enid vorstellen. Ihr gehört das Haus, und sie erhält einen Teil unseres Geldes.«
    Die Frau, die in einem Holzstuhl mit hoher Lehne neben einem Becken voller glimmender Kohlen saß, war um die sechzig Jahre alt, hatte scharfe, aber nicht unfreundliche Augen und ein von tiefen Falten zerfurchtes Gesicht.
    »Meine Tochter ist krank«, stotterte Adela. »Ich konnte sie nicht allein lassen. Deshalb habe ich sie mitgebracht …«
    »Legt sie dorthin.« Enid wies auf ein Lager im Hintergrund des Raums. »Ich werde auf sie aufpassen, während Ihr arbeitet.« Sie musterte Adela eingehend. Dann lachte sie leise und entblößte dabei zwei schadhafte Zahnreihen. »Mary hatte Recht. Ihr seid wirklich hübsch. Ihr werdet bei uns bestimmt Euer Glück machen. Nun sagt mir noch Euren Namen.«
    »Adela …«, flüsterte sie. »Versprecht mir, dass Ihr mich rufen werdet, wenn Robin zu weinen beginnt.« Sie konnte sich noch immer nicht von ihrer Tochter losreißen.
    »Das werde ich.« Enid nickte. »Und nun geht. Mary muss Euch noch ein bisschen herrichten, bevor die ersten Freier eintreffen.«
    Die Hure führte Adela in eine enge Kammer im ersten Stock. Ein Holztisch stand dort, der mit Tonschalen und -tiegeln und einem Bronzespiegel ausgestattet war. Außerdem stand eine angeschlagene Tonschüssel neben einem Stapel Leinentücher auf einer Truhe. »Zieht Euch schon einmal aus und wascht Euch, wenn Ihr wollt. Ich bin gleich wieder da.«
    Nachdem Mary aus dem Raum verschwunden war, streifte Adela ihren Mantel, ihr Kleid und den Schleier ab. Sie zitterte plötzlich. Das Wasser in der Schüssel und die Tücher waren sauber. Mit dem feuchten, kühlen Lappen über ihre Haut zu fahren half ihr, sich zu beruhigen.
    »So, das müsste Euch passen.« Adela hatte sich eben abgetrocknet, als Mary zurückkam und prüfend ein nachträglich rot gefärbtes Wollkleid vor sie hielt. Adela schlüpfte hinein. Der Ausschnitt war so groß, dass sich ihre Brüste darüber wölbten.
    »Ja, sehr gut.« Mary nickte. »Und jetzt wollen wir uns einmal um Eure Haare kümmern. Sie sind wirklich prachtvoll.« Sie dirigierte Adela zu einem Stuhl. Nachdem sie Adelas Haare gebürstet hatte, bis sie lang

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