Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition)
Kaminfeuer, ein gutes Essen und einen guten Wein bestand, besserte sich seine Laune allmählich. Nachdem er sein Pferd der Obhut eines Stallknechtes anvertraut hatte, machte er sich auf den Weg zum Wohnturm.
Das Portal führte in eine Halle, deren Decke von alten, geschwärzten Balken getragen wurde. In dem wuchtigen Kamin, über dem Hughs Familienwappen – ein Eber – in Stein gehauen war, prasselte tatsächlich ein Feuer. Schwerter und bunt bemalte Schilde schmückten die Wände. Die Mitte des Raums nahm ein langer Tisch aus dunklem, glänzendem Holz ein, um den Lehnstühle standen. Simon schaute sich noch suchend um, als ein ältlicher Diener auf ihn zukam.
»Ich suche nach dem Lord«, wiederholte Simon seine Frage.
Der Diener musterte Simons schwarzen Mantel, der im Verlauf der letzten Monate reichlich fadenscheinig geworden war, dann den in einer Lederhülle steckenden Schaft der Laute, der aus seinem Bündel ragte. »Ich glaube nicht, dass mein Herr für einen Spielmann zu sprechen ist«, bemerkte er hochnäsig.
»Früher war ich ein Ritter, in dem ein Spielmann steckte. Heute bin ich ein Spielmann, in dem immer noch ein Ritter steckt.« Simon lächelte den Diener an und ließ sich gelassen auf einem der Stühle nieder. »An deiner Stelle würde ich sofort deinen Herrn rufen. Andernfalls wirst du dir Ärger einhandeln.«
Mit einem letzten naserümpfenden Blick auf Simon verschwand der Mann. Simon zog die Laute aus dem Bündel, entfernte die Schutzhülle und schlug ein paar Töne an. Er sah die nebelverhangene, trostlose Marsch vor sich, hörte den Schrei eines einsamen Reihers, und eine Liedzeile begann in seinen Gedanken Gestalt anzunehmen.
»Simon, du bist es also tatsächlich.« Ein stämmiger, um die vierzig Jahre alter Mann, dem ein grauer Haarschopf unordentlich vom Schädel abstand und der sehr helle blaue Augen hatte, eilte mit ausgebreiteten Armen auf ihn zu. »Bring uns warmen Würzwein und etwas Herzhaftes zu essen«, befahl er dem Diener, der eilig verschwand. Die beiden Männer umarmten sich.
»Was meintest du damit, ich sei tatsächlich gekommen?«, fragte Simon erstaunt.
»Nun, vor ungefähr zwei Wochen ist ein Brief für dich bei mir eingetroffen. Ein Wollhändler hat ihn überbracht. Wer auch immer diesen Brief an dich gerichtet hat, muss davon ausgegangen sein, dass du mich in absehbarer Zeit besuchen würdest«, erwiderte Hugh trocken.
Dies musste eine Nachricht von Ann sein. »Ich möchte nicht unhöflich erscheinen«, sagte Simon rasch. »Aber könnte ich den Brief bitte sofort lesen?«
»Natürlich.« Hugh trat zu einem Wandbord, auf dem einige Bücher und Pergamentrollen aufbewahrt wurden. Zwischen ihnen zog er ein gefaltetes Pergament hervor und reichte es Simon. Dieser riss hastig die Schnur auf, die es zusammenhielt, und faltete es auseinander. Der Brief war mit »Schwester Fidelis« unterschrieben. Ann , dachte er stattdessen. Schnell überflog er die Zeilen und las sie dann noch einmal langsam, um ihren Inhalt ganz in sich aufzunehmen. Ann schrieb von Adelas Rettung und dass sie und Robin bei Cirencester ein Heim gefunden hätten.
»Eine Nachricht von einer Frau?« Hugh blinzelte ihm zu.
»Ja, wenn auch nicht so, wie du vermutest.« Simon lächelte schwach. »Trotzdem könnte die Nachricht gar nicht besser sein.« Rasch erzählte er dem Freund von Adelas Schicksal und wie er wochenlang vergebens nach ihr gesucht hatte. »Ich werde nach Cirencester gehen und mich davon überzeugen, dass es Adela und ihrer Tochter wirklich gut geht. Und dann werde ich in die Normandie zurückkehren und Luce holen und ihn endlich zu seiner Mutter und seiner kleinen Schwester bringen«, schloss er.
»Dieser armen Frau wurde wirklich übel mitgespielt.« Hugh schüttelte nachdenklich den Kopf. »Ich bin William de Thorigny bisher noch nicht persönlich begegnet. Aber ich habe über ihn reden hören. Er scheint gefährlich wie eine Viper zu sein.« Er unterbrach sich, denn der ältliche Diener erschien wieder in der Halle. Er trug ein Tablett in den Händen. Nachdem er Simon gegenüber eine Entschuldigung gestammelt hatte, stellte er einen Krug, aus dem es nach Zimt und Kardamom duftete, zwei versilberte Becher, einen Korb, der mit Scheiben hellen Brotes gefüllt war, sowie Platten mit Schinken und gesottenem Fleisch vor die beiden Männer.
Hugh schenkte Simon und sich von dem Würzwein ein. »Du bist doch aber sicher nur zur Tarnung als Spielmann unterwegs, oder?«, fragte er
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