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Die Rache der Jagerin

Die Rache der Jagerin

Titel: Die Rache der Jagerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Medling
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den sozial schwachen, geisterhaften Stadtteil ganz in der Nähe der leerstehenden Capital City Mall. Wir befanden uns weniger als zehn Häuserblocks von der Stelle entfernt, an der der Hund mich angegriffen hatte. Zehn Häuserblocks von der Stelle entfernt, an der ich einen Unschuldigen angeschossen hatte. Schuldgefühle überkamen mich, bitter wie Zitronensaft. Ein unglücklicher Schuss aus meiner Pistole hätte beinahe einen Fahrradfahrer getötet, der absolut nichts von den geheimen Schlachten wusste, die wir täglich führten.
    Für diese Geheimhaltung und die Ahnungslosigkeit des Fahrradfahrers kämpfte ich. Oder etwa nicht?
    Je weiter wir nach Osten kamen, desto weitläufiger wurde die Stadt, und wir gelangten in eine Wohngegend der Arbeiterklasse. Straße um Straße war von im Verfall befindlichen Reihenhäusern mit briefmarkengroßen Betonvorgärten und vergitterten Fenstern gesäumt. In den Gehsteigen taten sich Risse auf, man sah Autos, denen Reifen fehlten, und die Leute waren so abgestumpft, dass sie sich nicht darüber wunderten, wieso ein derart schickes Auto durch ihr Viertel kurvte. Oder sie gingen einfach davon aus, dass wir hier waren, um illegale Waren zu verkaufen.
    Nachdem wir ein paarmal abgebogen und beinahe im Kreis gefahren waren – ich war mir nicht sicher, ob er sich verfahren hatte oder nur eventuelle Verfolger abschütteln wollte –, lenkte Jenner den Wagen auf einen halb leeren Parkplatz, der zu einem Möbelladen mit dem Namen »Beste Reste«, einem Fabrikverkauf für Bettwäsche und einigen anderen Läden gehörte.
    Ich streckte mich, nachdem ich ausgestiegen war, denn meine Beine fühlten sich nach der halbstündigen Fahrt quer durch die Stadt steif an. Es war, als wären wir von einer Welt in die andere gereist. Hier schlugen mir Abgase entgegen, während es in Jenners Stadtteil nach frisch gemähtem Rasen gerochen hatte. Einige Einkäufer gingen ihren Besorgungen nach, ohne uns Beachtung zu schenken. Ich kam mir so unpassend vor wie eine Katze in einem Hundezwinger.
    Jenner führte uns über den Parkplatz. Ich ließ Wyatt vorausgehen, um ihn und die Umgebung jederzeit im Blick zu haben. Auf einen Hinterhalt waren wir nicht vorbereitet, ob er nun von den Triaden, Calls Leuten oder von irgendwelchen herkömmlichen Banden gelegt wurde.
    Wir betraten einen großen Markt für Teppiche und Bodenbeläge. Der scharfe Geruch von neuer Auslegeware kitzelte mich in der Nase, sobald wir in den Eingangsbereich kamen. Zu unserer Rechten befand sich ein länglicher Raum mit Ausstellungsstücken, während es links in eine zwei Stock hohe Lagerhalle ging, in der sich scheinbar endlos Teppich- und Linoleumrollen, Parkettholzstapel und Regale mit verbilligten Resten aneinanderreihten. Dorthin bog Jenner ab.
    »Eigenartiger Ort für ein Treffen«, sagte Wyatt.
    Jenner warf ihm über die Schulter einen Blick zu. »Zweifellos haben Sie ein Geheimversteck erwartet?«
    »Geheimer als ein Teppichladen?«, fragte ich. »Wo …?«
    »Folgen Sie mir.«
    Er führte uns durch das Labyrinth aus Shaggys und Perserteppichen in allen Mustern und Farben tiefer in das riesige Warenhaus hinein, bis ich mir sicher war, dass wir uns verirrt hatten. In einer der hintersten Ecken, weitab von den Stimmen der Verkäufer mit ihren abgedroschenen Angeboten, schob sich Jenner durch eine Schwingtür mit der Aufschrift »Zutritt nur für Personal«. Ich hielt mich dicht hinter Wyatt, und all meine Sinne waren in Alarmbereitschaft. Ich sah mich um und lauschte.
    Jenner ging an einer Reihe Gabelstapler entlang und bog dann in einen schlecht beleuchteten Gang ein. Wir kamen an einem Pausenraum, aus dem der Geruch von Zigaretten und fettigem Essen herausdrang, drei Büros und zwei Toiletten vorbei. Am Ende des Flurs gelangten wir zu einer Tür, auf der »Privat« stand. Sie war schwer und grau wie eine Feuertür, hatte aber keinen Paniktüröffner. Nur einen einfachen Türknauf mit einem Schloss, zu dem Jenner den Schlüssel aus der Tasche zog.
    »Es tut mir leid, Mr. Truman, aber Sie müssen hier warten«, erklärte er.
    Wyatt zog ein missmutiges Gesicht.
    Ich ergriff sein Handgelenk. »Ist schon gut«, sagte ich. »Ich muss ja keine Antrittsrede halten, von daher wird das nicht lange dauern.«
    Wyatt drehte sein Handgelenk, so dass wir Hand in Hand dastanden. »Viel Glück.«
    »Ein Kinderspiel.«
    Jenner steckte den Schlüssel ins Schloss, drehte den Knauf und hielt mir die Tür auf. Mir gefiel es gar nicht, dass Wyatt hier

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