Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rache der Jagerin

Die Rache der Jagerin

Titel: Die Rache der Jagerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Medling
Vom Netzwerk:
und legte ihm die Arme auf die Schultern. Unsere Nasen berührten sich beinahe. »Hast du Geduld mit mir?«
    Er nickte. »Du bist es wert. Und mehr als das.«
    Wenn es physikalisch möglich gewesen wäre, wäre ich auf der Stelle zu einer Pfütze zusammengeschmolzen. Stattdessen zog ich ihn an mich und küsste ihn sanft. Ohne Eile, ohne Druck. Nur ein leichtes Streifen der Lippen, bei dem ich kaum seinen Geschmack erhaschte. Ich wollte mehr. Ich wollte in seinen Berührungen, seinem Geschmack und seinem Duft schwelgen. Dass er mir half, vergangene Schmerzen und leere Versprechungen zu vergessen. Doch es waren noch zu viele Dinge unerledigt, um sich diesem Genuss hinzugeben.
    Und wir hatten Zeit.
    »Beinahe hätte ich vergessen, dir etwas zu sagen«, meinte ich, als ich mich wieder von ihm löste.
    Er kniff die schwarzen Augen zusammen und suchte den Blick meiner braunen Augen. »Was?«
    »Ich liebe dich auch.« Ich hatte geglaubt, diese Worte würden unnatürlich und aufgesetzt klingen und den Moment zerstören. Stattdessen klangen sie vollkommen richtig. Und ich wollte sie noch einmal sagen, denn ich wusste, dass ich sie ernst meinte.
    Wyatt glotzte mich mit einer Mischung aus Schock und Bewunderung an. Ich drückte mit dem Finger gegen sein Kinn, um seinen Mund zu schließen.
    »Du hast die magischen Worte gesagt«, stellte er fest.
    Ich gab ihm einen Knuff auf die Brust. »Wie alt bist du, fünf?«
    »Ich hoffe nicht, denn sonst wäre eine Affäre mit dir extrem illegal.«
    »Eine Affäre? Glaubst du, wir werden jemals ein normales Leben haben, dass wir abends ausgehen können, so mit Essen und Kino und allem?«
    »Ich schließe nichts mehr aus.«
    »Weil ich dir das gesagt habe?«
    »Weil du was gesagt hast?«
    Ich verdrehte die Augen und knuffte ihn erneut. »Ich nehme es zurück. Ich hasse dich.«
    Er zog mich zu sich heran, und ich ließ zu, dass er mich in seine Arme schloss. Ich bettete meinen Kopf zwischen seinem Hals und seiner Schulter, so dass mein Gesicht an seiner Brust ruhte. Sein regelmäßiger Herzschlag erklang in meinen Ohren – nachdem ich einmal erlebt hatte, wie sein Herz zu schlagen aufgehört hatte, konnte ich von diesem Geräusch nicht genug bekommen. Er küsste mich auf den Scheitel, und seine Finger glitten auf meinem Rücken auf und ab – tröstend, neckend und besitzergreifend. Er sagte: »Ich hasse dich auch.«
    Und wir lachten.

Später
    U nnötigerweise fuhr ich mir mit den Fingern durchs lange Haar und strich mir die tadellose Bluse glatt. Es gab keine Veranlassung für diese nervösen Gesten. Ich stand im Amsterdam Inn vor Zimmer 134. Noch nie war ich in einem derartigen Hotel gewesen, und in dem sauberen und polierten Flur kam ich mir äußerst fehl am Platz vor.
    Doch die Einrichtung spielte genauso wenig eine Rolle wie meine Nervosität. Denn ich hatte etwas zu erledigen.
    Unterhalb des Spions klopfte ich an die weiße Tür, und das Geräusch hallte in dem lautlosen Gang wider. Auf der anderen Seite wurde ein Schlüssel umgedreht und ein Riegel aufgeschoben.
    Leo hielt mir die Tür auf, und ich schlüpfte hinein. Das Zimmer war sauber, das Bett gemacht. Es roch nach Aftershave und Pizza. Nirgends war etwas Alkoholisches zu sehen. Selbst Leo machte einen ordentlicheren Eindruck als bei all unseren früheren Begegnungen – rasiert, gewaschen, die wenigen verbliebenen Haare gekämmt und die Hosen gebügelt.
    »Es tut mir leid, dass ich nicht früher zu dir kommen konnte«, sagte ich.
    »Dein Freund Phin meinte, du wärest krank.« Sein Tonfall machte deutlich, dass er das nicht geglaubt hatte. Trotzdem wollte er nicht unhöflich sein und Phin einen Lügner nennen. »War das so?«
    »In gewisser Weise schon.«
    Ich setzte mich auf einen der gestreiften Polsterstühle und faltete die Hände im Schoß. Mir gegenüber ließ sich Leo auf dem Rand des Betts nieder und ließ ein ums andere Mal seine Knöchel knacken.
    »Aber jetzt geht es dir wieder besser?«, erkundigte er sich.
    »Ja, mir geht es gut.«
    Mein Gott, warum ist das denn so schwer?
    »Möchtest du etwas trinken? Ich habe eine Cola im Eiskübel, und das Wasser schmeckt gut.«
    »Nein, nicht nötig.«
    Er fuhr sich über den größtenteils kahlen Kopf. »Seit letzter Woche vergeht keine Minute, in der ich mich nicht nach einem richtigen Schluck sehne. Und es ist noch nicht einmal, weil ich allmählich glaube, dass ich tatsächlich in deiner Wohnung gesehen habe, was ich gesehen habe. Sondern weil ich mir ziemlich sicher

Weitere Kostenlose Bücher