Die Rache. Thriller.
Francisco, das zwei Stunden entfernt lag, aber ein Jahrhundert weit weg zu sein schien. Was auf den Straßen der großen Städte geschah, nahm man hier nur in Fotos in der Abendzeitung wahr. Niemand hatte besonderes Interesse daran.
Das hat sich durch meine Ankunft hier geändert, dachte Olivia stolz.
Ihr Plan hatte zwei politische Momente: Erstens kam das Geld, das sie rauben wollten, hauptsächlich von einer Niederlassung des Dow-Chemical-Konzerns. Obwohl hier nur Unkrautvernichtungsmittel hergestellt wurden, gehörte der Betrieb doch zu der Kette von Fabriken, in denen Napalm und andere Stoffe für die chemische Kriegführung produziert wurden. Zweitens traf der Überfall eine ganze Reihe von reaktionären Eisenhower-Anhängern, die endlich aus dem Schlaf geweckt werden mußten. Sie waren reif zum Ausnehmen. Die meisten Polizisten am Ort waren Söhne armer Bauern, die ihre Höfe an die Bank verloren hatten. Jetzt würden sie endlich kapieren, daß nur eine Revolution ihre Situation verbessern konnte.
Am besten gefiel Olivia der Überraschungseffekt. Aus lauter Vorfreude lächelte sie ihr Spiegelbild an. Sie nahm ihren Revolver zur Hand, richtete ihn auf die Gestalt im piegel und blieb einige Zeit so stehen. Das Gefühl, eine Waffe zu halten, tat ihr gut und erregte sie. Mit der freien Hand streichelte sie ihre Brust.
So fühlen sich alle Kämpfer vor der Schlacht, dachte sie.
Als sich die Tür hinter ihr öffnete, reagierte sie nicht.
Emily Lewis trat ein. Olivia sah sie im Spiegel.
»Tanya«, sagte Emily. »Können wir einen Augenblick miteinander reden?«
»Haben wir nicht schon genug gequatscht?«
»Eigentlich hast du recht, aber in unserm Plan gibt es ein paar Sachen, die ich für falsch halte.«
Olivia drehte sich um und umarmte die andere Frau. Sie streichelte ihr die Schultern und fuhr ihr mit der Hand durch das schwarze, lockige Haar. Dann führte sie sie zum Bett.
»Sag mir, was du hast.«
»Der Fluchtplan. Mir leuchtet das mit den zwei Fluchtautos ja ein, und ich verstehe auch, daß es besser ist, sie auszuwechseln. Aber warum muß die Fluchtroute wieder direkt vor der Bank vorbeiführen? Das halten wir nervlich doch nie durch!«
»Das ist ja gerade das Schöne an der Flucht. Wir hauen in die eine Richtung ab, und bevor die Schweine es kapiert haben und mit der Verfolgung beginnen, fahren wir schon wieder zurück, an ihnen vorbei in die Gegenrichtung. Du hast recht, das kostet ein paar Nerven, aber wir sind stark.
Es wird schon alles klappen, du wirst sehen.«
»Meinst du, sie kann das schaffen, ich meine das mit dem Fahren? Was zum Beispiel ist, wenn wir angehalten werden?«
»Deshalb habe ich Duncan doch gerade veranlaßt, sie in die Brigade mitzubringen. Erst mal tut sie alles, was ihr Typ von ihr verlangt. Außerdem hatte sie noch nie eine Verkehrsstrafe. Sie ist auf keiner Liste, in keinem Computer. Und dann guck dir an, wie sie aussieht. Wie eine harmlose, kleine, ein bißchen flippige College-Mieze.
Stell dir vor, ein aufgeregter Bulle, der Berufsrevoluzzer sucht, muß sich mit ihr abgeben, und er findet nichts! Er muß sie einfach laufen lassen. Und wir sitzen alle hinten drin und lachen uns tot!«
Emily lehnte sich zurück. »Wenn du das erzählst, klingt es so einfach.«
»Es ist auch einfach, Kwanzi und Sundiata haben so was schon ein halbes Dutzend Mal gemacht. Die kennen sich bestens aus.«
»Einmal sind sie auch geschnappt worden.«
»Da hatten sie noch nicht die richtige Einstellung.«
»Und jetzt?«
»Jetzt haben sie sie«, antwortete Olivia, überrascht, wie leicht ihr diese Lüge über die Lippen ging. Und sie log weiter: »Sie waren mal Kriminelle, jetzt sind sie Revolutionäre. Jetzt können sie alle Kenntnisse nutzen, die sie damals erworben haben.«
Die schwarzhaarige Frau schloß die Augen.
»Also«, sagte sie, »ich hätte mir für den Anfang eine ruhigere Sache gewünscht, aber ich vertraue dir.«
»Gut. Denk an das Geld! Neue Waffen, ein besseres Quartier, neue Mitstreiter. Die Phönix-Brigade wird allen ein Begriff sein. Wir sind eine revolutionäre Organisation.
Die Öffentlichkeit wird aufwachen.«
Emily lachte. »Lieber Gott, die Schweine werden angeschmiert sein!«
Olivia beugte sich zu ihr hinunter und strich ihr mit dem Finger über den Nacken. »Du mußt mir vertrauen«, sagte sie. »Du mußt tun, was ich dir sage. Zusammen sind wir wie eine ganze Armee.«
»Ja, das werde ich. Wir alle werden tun, was du sagst.«
Olivia öffnete die
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