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Die Radleys

Titel: Die Radleys Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Haig
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Gewicht liegt auf ihr, als sich seine Hand dem obersten Knopf ihrer Jeans nähert.
    An diesem Punkt schlägt ihre Angst in Wut um. Sie boxt ihm auf den Rücken, reißt an seinen Haaren, beißt in seine Handfläche.
    Sie schmeckt sein Blut und beißt fester zu.
    »Autsch! Schlampe! Aaah!«
    Irgendetwas verändert sich.
    Ihr Verstand wird schärfer.
    Plötzlich ist ihre Angst verschwunden.
    Keine Übelkeit mehr.
    Keine Schwäche.
    Nur das Blut, nur der herrliche Geschmack von Menschenblut.
    Ein Durst, den sie nie gekannt hat, wird gestillt, und sie spürt die Linderung, mit der eine Wüste die ersten Regentropfen in sich aufnimmt. Sie gibt sich ihm hin, dem Geschmack, und hört nicht, wie er ihr schreiend seine Hand wegreißt. Da ist etwas Schwarzes und Glänzendes in seiner Hand. Aus einer großen, klaffenden Fleischwunde, wo seine Handfläche einmal war, ragen kleine Spitzen von Knochen heraus, die noch intakt geblieben sind. Voller Entsetzensieht er sie an, und sie fragt sich nicht, warum. Da ist keine einzige Frage.
    Mit wilder, unkontrollierbarer Wut holt sie aus und stößt, schleudert ihn mit einer unerwarteten Kraft zu Boden, um sich diesen Geschmack zu erhalten.
    Irgendwann verhallen seine erstickten Schreie, zusammen mit dem überirdischen Schmerz, den sie ihm zugefügt hat, und sie bleibt allein zurück, mit nichts als diesem einzigartigen und intensiven Geschmack seines Blutes. Es fließt in sie hinein, ertränkt das schwache Mädchen, für das sie sich gehalten hat, und bringt ein neues – ein starkes und wahres – Ich hervor.
    In diesem Moment ist sie mächtiger als tausend Könige. Plötzlich ist die Welt von jeder Angst befreit, genau wie ihr Körper, der weder Schmerz noch Übelkeit empfindet.
    Sie verliert sich in dem Moment. Spürt die Intensität des Augenblicks, ohne Vergangenheit oder Zukunft, und labt sich unter einem behaglich finsteren und sternlosen Himmel.

[Menü]
    DAS BLUT, DAS BLUT
    Helen steht auf, um ans Telefon zu gehen, aber es hört auf
     zu klingeln, noch bevor sie das Esszimmer verlassen hat. Wie seltsam, denkt sie, und
     hat das eigenartige Gefühl, dass irgendetwas schiefgeht. Sie wendet sich wieder
     ihren Gästen zu, wo Mark Felts Löffel gerade eine beachtliche Ladung Sommergrütze in
     seinen Mund befördert.
    »Köstlich, Helen. Du musst Lorna unbedingt das Rezept
     verraten.«
    Lorna, die den Seitenhieb durchaus mitbekommen hat, wirft
     ihm einen vielsagenden Blick zu. Ihr Mund geht auf und zu und dann wieder auf,
     letztendlich sagt sie aber nichts.
    »Ach«, sagt Helen diplomatisch, »ich glaube, ich habe zu
     viele rote Johannisbeeren hineingetan. Ich hätte doch besser bei Waitrose eine
     Fertigmischung kaufen sollen.«
    Sie hören Rowans Musik, die von oben zu ihnen
     herunterdringt, eine schlechtgelaunte Selbstmorddrohung mit Gitarrenuntermalung,
     einen Song, den Peter und Helen zum letzten Mal vor Jahren bei ihrem ersten Date in
     London gehört haben. Beim Refrain »I want to drown in the flood of your sweet red
     blood« lächelt Helen unwillkürlich in Erinnerung daran, wie viel Spaß sie in jener
     Nacht hatten.
    »Eigentlich hatte ich vor, mal bei dir vorbeizukommen«,
     sagt Lorna zu Peter. Mit der Stimme einer Katze, die sich am Heizkörper reibt.
    »Ach ja?«, fragt Peter.
    Lorna sieht ihm in die Augen. »In beruflicher Hinsicht,
     wollte ich sagen. Du weißt schon, mir einen Termin geben lassen, in einer bestimmten
     Angelegenheit.«
    »Einen Termin bei einem gewöhnlichen Landarzt?«, sagt
     Peter jetzt. »Ein bisschen konventionell, wenn man sich auf Fußreflexzonenmassage
     spezialisiert hat, findest du nicht?«
    Lorna lächelt. »Nun ja, du bist doch für sämtliche
     Bereiche der Medizin zuständig, oder nicht?«
    »Schon, ich denke, du …«
    Bevor Peter den Satz beenden kann, klingelt das Telefon
     zum zweiten Mal.
    »Schon wieder?«, sagt Helen. Sie schiebt
     ihren Stuhl zurück und verlässt den Raum.
    Draußen auf dem Flur sieht sie auf die kleine Uhr, die
     neben dem Telefon steht. Es ist fünf Minuten vor elf.
    Sie nimmt ab, hört den Atem ihrer Tochter am anderen Ende
     der Leitung. Sie hört sich an, als würde sie rennen.
    »Clara?«
    Es dauert eine Weile, bis sie Claras Stimme hört. Zuerst
     scheint sie nicht in der Lage, verständliche Worte zu formulieren, als müsste sie
     erst wieder sprechen lernen.
    »Clara? Was ist passiert?«
    Dann kommen die Worte endlich heraus, und Helen weiß, dass
     die Welt untergeht.
    »Es war einfach das

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