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Die Radleys

Titel: Die Radleys Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Haig
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wütender zu machen. Sie schüttelt heftig den Kopf. »Er muss weg. Er muss weg. Wirf ihn raus. Wirf ihn einfach raus. Bevor er …« Sie hält inne, als ihr auffällt, wie wenig Peter wirklich weiß. »Tu’s einfach.«
    Rowan sieht zu, wie sein Onkel in eine Scheibe kalten Vollkorntoast beißt.
    Er sieht seinem Vater ein bisschen ähnlich, denkt Rowan, muss aber das Bild ziemlich bearbeiten, bis er es wirklich sieht. Als Erstes entfernt er den Dreitagebart und den Regenmantel und die abgetragenen schwarzen Cowboystiefel.Dann trägt er auf Wills Gesicht und den Bauch ein bisschen Masse auf, macht die Haut ein Jahrzehnt älter, stellt sich kürzere Haare vor und ersetzt das Nico-T-Shirt durch ein Hemd mit Kragen, aus den Augen entfernt er das finstere Funkeln. Wenn er all das tut, hat er jemanden vor sich, der seinem Vater entfernt ähnlich sieht.
    »Kohlehydrate«, sagt Will und meint damit den Toast, auf dem er herumkaut. Er spart sich die Mühe, den Mund dabei zu schließen. »Ich ziehe es vor, bei meinem Ernährungsplan ohne sie auszukommen.«
    Das unbehagliche Gefühl, mit dem Rowan neben diesem Fremden mit dem wilden Äußeren am Frühstückstisch sitzt, führt dazu, dass er seine Wut gerade noch unter Kontrolle hat.
    Rowan sitzt einfach da und unternimmt keinen Versuch, sich zu unterhalten.
    Will schluckt und wedelt ihm mit einer Scheibe Toast vor der Nase herum. »Du hast nicht gewusst, dass es mich gibt, nicht wahr? Dein Gesicht, als ich hereingekommen bin …«
    »Nein.«
    »Also, du solltest mit deiner Mum und deinem Dad nicht zu streng sein. Ich mache ihnen eigentlich keinen Vorwurf. Es gibt da eine lange Geschichte. Eine Menge böses Blut. Und auch eine Menge gutes Blut. Sie hatten nicht immer Prinzipien, musst du wissen.«
    »Dann bist du also immer noch ein …«
    Sein Onkel gibt sich zutiefst gekränkt. »Vampir? Was für ein provokanter Ausdruck, birgt viel zu viele Klischees und mädchenhafte Fantasien. Aber ja. Ich fürchte, das bin ich. Ein konsequent praktizierender Vampir.«
    Rowan senkt den Blick auf die Krümel und die kleinen Bröckchen Rührei auf seinem Teller, die er übrig gelassenhat. Ist es aus Wut oder Angst, dass sein Blut jetzt so schnell durch seinen Körper pumpt? Irgendwie schafft er es, auszusprechen, was ihm durch den Kopf geht. »Wie steht es … mit … moralischen Werten?«
    Sein Onkel seufzt, angeblich enttäuscht. »Wie soll man sich entscheiden, darin liegt das Problem. Der Markt da draußen ist überfüllt in der heutigen Zeit. Macht mir Kopfschmerzen, wenn ich nur daran denke. Ich halte mich an Blut. Blut ist einfacher. Mit Blut, da weißt du genau, woran du bist.«
    »Du läufst also einfach durch die Gegend und bringst Leute um? Machst du das so?«
    Will antwortet nicht, sein Blick ist verklärt. Rowan schüttelt sich innerlich, wie ein Küken in seinem Ei. Da betritt sein Vater den Raum, der sich anscheinend nicht besonders wohlfühlt. Nein, denkt Rowan. Will ist definit iv der ältere Bruder.
    »Will, können wir reden?«
    »Das können wir, Peter.«
    Und Rowan bleibt einfach sitzen und sieht zu, wie sie die Küche verlassen. Sein Ausschlag wird schlimmer, und er kratzt sich am Arm, heftig und wütend. Zum zweiten Mal innerhalb von weniger als zwölf Stunden wäre er am liebsten tot.
    Will betrachtet das geschmackvolle, unaufdringliche Kunstwerk an der Wand im Flur. Das leicht abstrakte Aquarell eines Apfelbaums, mit einem kleinen brauen »H« in der unteren Ecke.
    Will seinerseits wird von Peter betrachtet. Gut sieht er aus, das muss man ihm lassen. Er hat sich kaum verändert und muss sein Leben so weitergeführt haben wie eh und je. Sein älterer Bruder, der mindestens zehn Jahre jünger aussieht als er, mit einem teuflischen Funkeln in den Augen undeiner lebendigen Ausstrahlung, die Peter schon vor langer Zeit verloren hat.
    »Sieh mal, Will«, windet er sich. »Ich weiß, du hast dir die Mühe gemacht und bist extra gekommen, und wir wissen das wirklich sehr, sehr zu schätzen, aber die Sache ist die …«
    Will nickt. »Ein Apfelbaum. Apfelbäume kann man nie genug haben.«
    »Was?«
    »Du weißt schon, immer sind es die Äpfel, die den Ruhm abkriegen, nicht wahr?«, sagt Will, als würden sie beide über das Gleiche reden. »Immer die scheiß Äpfel. Aber nicht doch, wie wär’s mit dem ganzen Baum? Probier’s doch mal mit dem guten alten Vater Baum.«
    Peter merkt, wovon Will redet. »O ja. Es ist von Helen.«
    »Aber ich muss schon sagen – Wasserfarben?

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