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Die Radleys

Titel: Die Radleys Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Haig
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Vollkommene daran … und wenn ich in meinem Leben nie darauf gestoßen wäre, dann wäre ich am Ende womöglich überall Kompromisse eingegangen und hätte zwanzig Jahre mit einer Arbeit zugebracht, die ich nur halbwegs gut finde, mit einer anderen Frau als dir, mit einem Haus und einer Hypothek und einem Sofa und einem Fernseher mit hundert Kanälen, damit ich nicht darüber nachdenken muss, was mein Leben für ein Unfall ist, weil ich im Alter von siebzehn Jahren nicht über den Schulhof gelaufen bin, zu dieser wunderschönen und hinreißenden und bezaubernden Person, um sie zu fragen, ob sie mit mir ausgehen will. Ins Kino. Heute Abend.«
    Sie sind verblüfft, alle drei. Lorelei ist das Kichern vollständig vergangen. Clara fragt sich, wie viel Blut Rowan wohl getrunken haben muss. Und Eve wundert sich über dieses warme Kribbeln in ihr drin, während sie Rowan in die zuversichtlichen, sehnsüchtigen Augen sieht.
    »Heute Abend?«, bringt sie schließlich hervor, nachdem etwa eine Minute vergangen ist.
    »Ich will dich ins Kino einladen.«
    »Aber … aber … heute ist Montag.«
    Rowan verzieht keine Miene. »Ich dachte, wir machen was Außergewöhnliches.«
    Eve schwankt. Ihr wird bewusst, dass sie tatsächlich gern mit ihm ausgehen würde, aber dann setzt die Vernunft ein. Ihr fällt etwas ein. »Es ist, äh, mein Dad … er …«
    »Ich werde auf dich aufpassen«, sagt Rowan. »Dein Dad muss sich keine …«
    Eine Stimme zerstört die Idylle. Ein aggressiver, hingespuckter Schrei, aus der Richtung vom Sportplatz. »He, Schlappschwanz!«
    Es ist Toby, der auf sie zugerannt kommt, mit vorgerecktem Kinn und hassverzerrtem Gesicht.
    »Finger weg von meiner Freundin, du Freak!«
    Eve funkelt ihn böse an. »Ich bin nicht deine Freundin.«
    Aber Toby lässt sich nicht vom Thema abbringen. »Flieg weg, Robin Rotkehlchen. Flieg verflucht noch mal weg.«
    Claras Herz pocht.
    Irgendwas wird hier passieren.
    Tobys Blick schwenkt zu ihr herum, immer noch voller Hass.
    »Und du«, sagt er, »du hinterhältige kleine Hure. Was für eine Scheiße hast du mit Harper angestellt?«
    »Sie hat überhaupt nichts mit Harper angestellt«, sagt Eve. »Lass sie einfach in Ruhe.«
    »Sie weiß etwas! Ihr Radley-Freaks wisst irgendwas!«
    »Lass meine Schwester in Ruhe.«
    Rowan hat sich jetzt vor Toby aufgebaut, als andere Schüler auf den Tumult aufmerksam werden.
    »Rowan«, sagt Clara, die nicht weiß, was sie vor all den Leuten sagen soll.
    Aber es ist zu spät, um die Gemüter zu beruhigen. Tobyschubst ihren Bruder über den Schulhof. Presst ihm die Hände gegen die Brust, um ihn zur Gegenwehr zu provozieren.
    »Komm schon, Lahmarsch. Komm schon, Geistergesicht. Was hast du drauf? Komm schon, zeig deiner neuen Freundin, was du kannst. Genau! Das ist ein Witz! Als ob sie einen Freak wie dich nehmen würde!«
    »Oh, wow«, sagt Lorelei. »Eine Prügelei.«
    Und die ganze Zeit lässt Clara das Gesicht ihres Bruders nicht aus den Augen, wohl wissend, dass er sich jeden Moment verwandeln und alles auffliegen lassen kann.
    Toby schubst ihn ein letztes Mal, und Rowan stürzt auf den Asphalt.
    »Toby, hör auf«, sagt Eve. Sie ist von der Bank aufgesprungen, aber Clara war schneller als sie. Sie kniet schon neben ihrem Bruder. Seine Augen sind noch geschlossen, aber unter den Lippen sieht sie, wie seine Zähne länger werden. Eine subtile Bewegung unter der Haut. Sie weiß, was das bedeutet.
    »Nein«, flüstert sie, während Toby ihn weiter verhöhnt. »Rowan, hör mir zu. Nein. Nein. Bitte. Er ist es echt nicht wert.«
    Sie drückt seine Hand.
    »Nicht, Rowan.«
    Leute sehen ihnen zu und lachen. Clara kümmert sich nicht darum, weil sie weiß, dass er jetzt im Moment einfach nur den Mund aufmachen müsste, und dann wäre alles vorbei.
    »Nein, Rowan, nein. Sei stark, sei stark, sei stark …«
    Und er hört auf sie, oder jedenfalls scheint es so, denn er schlägt die Augen auf und nickt, weil er seine Schwester nur schützen kann, indem er nichts preisgibt.
    »Alles in Ordnung«, erklärt er ihr. »Alles okay.«
    Sie kehren in ihren Unterricht zurück, und sie ist ziemlich erleichtert, als Eve ihm so einfühlsam wie möglich absagt.
    »Kommst du dann heute Abend mit?«
    »Ich muss darüber nachdenken«, sagt sie, während sie die alten viktorianischen Flure entlanglaufen. »Okay?«
    Und er nickt, und Clara tut er leid, weil sie nicht mitbekommt, dass Eve eine Stunde später im Englischunterricht Rowan zu Othellos stotterfreien Worten

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