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Die Räder des Lebens

Die Räder des Lebens

Titel: Die Räder des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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deutlich. Seine sorgfältig gewählten Worte bedeuteten, dass sie im Flottenstützpunkt festgesetzt würde. Und er hatte die Gastfreundschaft der Stadt oder des Himmlischen Kaiserreichs als Ganzes bewusst ausgelassen.
    »Ich danke dem Admiral«, sagte Childress so liebenswürdig wie möglich und sprach langsam, sollte er sie verstehen können. »Ich freue mich außerordentlich über seine Einladung, nachdem ich die Ehre hatte, die außergewöhnliche Gastfreundschaft an Bord der Five Lucky Winds zu genießen.«
    Was hieß: Ich bevorzuge es, unter dem Schutz des Kapitäns zu stehen.
    Shang lächelte, als Leung die Übersetzung eiligst herunterratterte. Er antwortete darauf ausführlich und stelle noch einige Fragen und erhielt die entsprechenden Antworten.
    Schließlich räusperte sich Leung. »Ich soll Ihnen etwas in meinen eigenen Worten erklären, obwohl ich immer noch im Auftrag des Admirals spreche. Ist Ihnen die Bedeutung klar?«
    Childress war fasziniert. »Ja.«
    »Am Kaiserlichen Hof wäre es unter diesen Umständen üblich, Einladungen zu ausgesuchtestem Tee und Reiswein auszutauschen und außerdem versteckte Beleidigungen und subtile Androhungen, um die Fähigkeiten des Gegners zu testen. Dann würden sie Gedichte über die Tugenden der Jahreszeit und Herzensangelegenheiten verfassen, bis einer von ihnen ermüdete. Diese Auseinandersetzungen können Wochen, sogar Monate oder gar Jahre in Anspruch nehmen, denn der Spieler, der zuerst nachgibt, verliert entscheidende Vorteile. Er verliert sein Gesicht und wird von seinen Gleichgestellten als Dummkopf und Bauer angesehen. Selbst seine Konkubinen werden heimlich hinter ihren Fächern über ihn lachen.«
    »Ich habe keinen Fächer, Sir«, sagte Childress.
    »Natürlich. Sie sind keine Chinesin. Sie gehören zu keinem uns bekannten Adel. Sie sind gemäß der Einschränkungen des Himmlischen Kaiserreichs vielleicht nicht einmal ein Mensch. Admiral Shang, der sehr wohl versteht, wie ein Mensch gemäß seiner Hautfarbe und seines Aussehens beurteilt werden kann, schlägt vor, dass die außergewöhnlich aufwendigen Höflichkeiten als ausgetauscht verstanden werden. Er besitzt außerdem die Liebenswürdigkeit, Ihnen das Feld zu überlassen.«
    Childress unterdrückte ein Lachen. »Es ist an eine alte Frau aus den Englischen Ländern ohnehin verschwendet.«
    »Unterschätzen Sie die Macht alter Frauen in China nicht«, sagte Leung und wirkte dabei sehr ernst. »Wie dem auch sei: Akzeptieren Sie Admiral Shangs Vorschlag, uns von den Höflichkeiten freizustellen?«
    »Natürlich.« Childress verbeugte sich vor dem Admiral. »Bitte sagen Sie ihm, wie sehr ich seine Fähigkeit bewundere, die Formen zivilisierten Austauschs in all ihren Feinheiten zu verstehen.«
    Ein Ausdruck huschte über Leungs Gesicht, der ein Lachen hätte sein können. Er redete mit dem Admiral.
    Als dieser antwortete, erstarrte Leung. Der Admiral wandte sich daher direkt an Childress. Er sprach zwar mit einem merklichen Akzent Englisch, war aber deutlich zu verstehen: »Wo ist die Ma-sue-ka Pu-jin-sah?«

Zwölf
    Paolina
    Die Zeit zog sich für Paolina auf unerträgliche Weise in die Länge. Erneut spielte sie wahnwitzige Pläne in ihrem Kopf durch, bei denen sie weitere Luftschiffe in Flammen aufgehen ließ oder sich mit der Macht des Schimmers den direkten Zugang zur Stadt verschaffte. Doch selbst ihre geheimsten Wünschen änderten nichts daran, dass Rache zwecklos war. Alle Menschen folgten ihrem Schicksal, so sicher wie die Erde ihrer Umlaufbahn folgte. Davon auszugehen, dass Kapitän Sayeed seine Entscheidung zurücknehmen würde, sie auf dem Schiff gefangen zu halten, war genauso wenig sinnvoll wie darauf zu hoffen, dass am Ende der Nacht die Sonne nicht aufgehen möge.
    Ihrem gekränktem Stolz und der nahezu unerträglichen Langeweile zum Trotz verging die Nacht, und am nächsten Morgen schien die Sonne. Beim sechsten Glasen der zweiten Hundewache war die gesamte Besatzung wieder an Bord; die kuriose Art der Marine, die Uhrzeit zu bestimmen, hatte man ihr erklärt. Paolina saß auf einem Kabelgatt und betrachtete den Vorgang, während der erste Maat die Divisionen zum Appell antreten ließ.
    Der Kapitän schien überrascht, die gesamte Mannschaft wieder an Bord zu haben. Das konnte sie nur zu gut verstehen. Sie hatten gerade erst eine Reise über den Atlantik bis zur Mauer und zurück hinter sich, und das nur in der Gesellschaft der Kameraden und feindlicher chinesischer Luftschiffe. Der Wein

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