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Die Räuberbraut

Die Räuberbraut

Titel: Die Räuberbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Atwood
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alles ist wieder gut? Ja, genau das. Fast ist sie soweit – Mitch sieht so mitgenommen aus –, aber sie hält sich zurück. Soll er ruhig noch ein bißchen zappeln.
    Mitch sieht sie an. Sie beißt sich auf die Zunge. Schließlich sagt er: »Da ist noch etwas.«
    Wie es aussieht:, hat Zenia einige Schecks gefälscht, zu Lasten des Woman- Geschäftskontos. Sie hat sich mit dem gesamten Überziehungskredit abgesetzt. Wieviel? Fünfzigtausend Dollar, ein paar mehr oder weniger; in Schecks, die jeweils unter tausend Dollar blieben. Sie hat sie bei verschiedenen Banken eingelöst. Sie kennt das System.
    Roz rechnet: sie kann sich die Summe leisten, und das Verschwinden Zenias ist damit noch billig erkauft. »Wessen Namen hat sie benutzt?« fragt sie. Sie weiß, wer zeichnungsberechtigt ist. Bei Schecks über kleinere Summen sind das Zenia und die drei Vorstandsmitglieder.
    »Meinen«, sagt Mitch.
     
    Was könnte kristallklarer sein? Zenia ist ein eiskaltes, durchtriebenes Miststück. Sie hat Mitch nie geliebt. Sie wollte nur den Triumph des Sieges, sie wollte ihn Roz nur wegnehmen. Und das Geld. Das ist Roz völlig klar, Mitch jedoch anscheinend nicht. »Sie muß irgendwelche Schwierigkeiten haben«, sagt er. »Ich muß sie finden.« Anscheinend denkt er an den Koks-Dealer.
    Roz verliert den Nerv. »Oh, verschon mich«, sagt sie.
    »Ich hab dich um nichts gebeten«, sagt Mitch, als wäre Roz zu kleinlich, ihm die helfende Hand zu reichen. »Ich weiß, wo dieser Umschlag herkam.«
    »Du willst doch nicht wirklich hinter ihr herfahren?« sagt Roz. »Ich mein, hast du es denn immer noch nicht kapiert? Sie hat sich die Schuhe an dir abgetreten. Sie hat dich zum Narren gemacht. Sie hat gelogen und betrogen und gestohlen, und sie hat dich abgeschrieben. Glaub mir, in ihrem Leben ist kein Platz für einen abgenutzten Trottel.«
    Mitch sieht sie mit intensiver Abneigung an. Das alles ist viel zu viel Wahrheit für ihn. Er ist es nicht gewöhnt, fallengelassen und betrogen zu werden, weil es ihm noch nie passiert ist. Vielleicht , denkt Roz, sollte ich anfangen, Kurse zu geben.
    »Du verstehst das nicht«, sagt er. Aber Roz versteht. Sie versteht, daß es, ganz gleich, was vorher war, nie jemanden gab, der Mitch wichtiger war als sie, und jetzt gibt es jemanden.
    Harriet ruft an. Mitch hat den Mittwochabendflug nach London genommen.
    Roz’ Herz verhärtet sich. Es hört auf, zu brennen und zu tropfen. Der Riß in ihrer Brust schließt sich darüber. Sie kann eine unsichtbare Hand an dieser Stelle spüren, fest wie ein Verband, der ihren Körper geschlossen hält. Das war’s, denkt sie. Das ist der endgültige Bruch. Sie kauft sich fünf Krimis und nimmt eine Woche frei und fährt nach Florida und liegt heulend in der Sonne.

48
    Mitch kommt zurück. Er kommt von der Hatz zurück. Er kommt Mitte Februar zurück, nachdem er vorher angerufen hat; sich eine Zeitlücke reserviert hat, wie jeder x-beliebige Kunde oder Bittsteller. Er steht in seinem Schaffellmantel vor Roz’ Tür und sieht aus wie ein leerer Sack. In der Hand einen klagenden Blumenstrauß.
    Für diesen Blumenstrauß hätte Roz ihm am liebsten einen Tritt gegeben – hält er sie für eine so billige Verabredung? –, aber sie ist entsetzt über sein Aussehen. Er ist zerknittert wie ein Penner auf einer Parkbank, seine Haut ist grau vom Reisen, er hat dunkle Ringe unter den Augen. Er hat abgenommen, das Fleisch hängt lose an seinem Körper, sein Gesicht ist eingefallen wie bei einem alten Mann, der sein Gebiß nicht drin hat, wie die Halloween-Kürbisse der Kinder, wenn der große Tag vorbei ist und die Kerzen längst abgebrannt sind. Genau dieses Matschigwerden, dieses in sich Zusammenfallen, hinein in eine feuchte, innere Leere.
    Roz hat das Gefühl, ihm die Tür verstellen zu müssen, eine Barriere errichten zu müssen zwischen der kalten Außenluft, die er mit sich bringt, und ihrem warmen Haus, ihm den Zutritt verwehren zu müssen, ihn fernhalten zu müssen. Die Kinder müssen vor diesem Überbleibsel geschützt werden, diesem eingesackten Echo, diesem schattenhaften Abklatsch ihres wirklichen Vaters, mit seinen Senkgrubenaugen und seinem Lächeln wie zerknittertes Papier. Aber sie ist ihm wenigstens eine Anhörung schuldig. Wortlos nimmt sie die Blumen – Rosen, rot, ein Hohn, denn sie macht sich nichts vor, Leidenschaft ist nicht das, was er fühlt. Wenigstens nicht für sie. Sie läßt ihn ein.
    »Ich möchte zurückkommen«, sagt er und sieht sich in dem

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