Die Rebellin von Leiland 1: Maske (German Edition)
jetzt, da er nach all dem Elend und der Ohnmacht wieder die Zügel in die Hand nahm, begann sein Herz auch noch Gefühle zu empfinden! Hatte es denn auch nur ein einziges zum Ausdruck gebracht, als er das Elixier des Wahnsinns ins Glas des Königs gegossen hatte – an dem Abend, als seine dritte Tochter geboren worden war? Und doch hatte er in jenem Moment gewusst, dass diese einfache Bewegung das Land in Schrecken stürzen würde.
Die Bilder seiner Vergangenheit jagten einander in seinem Kopf, so wild, dass er sie nicht in den Griff bekommen konnte. Die unfassbaren blauen Augen mischten sich darunter, noch nicht einmal mehr an ein Gesicht gebunden. Muht wurde Zeuge des Wahnsinns in Kortas Schädel. Es gelang ihm nicht, alles zu erfassen. Von diesen alten Szenen blieb der Plan der Drei Feen, Pandema mit Leiland zu verbinden, für ihn ein dunkles Geheimnis. Aber er verfolgte die langen Stunden der Grübelei, die der Herzog in seinen Gemächern verbracht hatte, um eine Strategie zu entwickeln, mit der er die Pläne der Feen durchkreuzen konnte. Der zerstörerische Wille dieses Mannes bedurfte keines weiteren Beweises mehr: Er hatte eine der Prinzessinnen ermorden lassen und kontrollierte das Verhalten der beiden anderen.
Korta hatte alles so berechnet, dass er das Land ganz legal beherrschen und Ibbaks Macht festigen könnte, bevor das schicksalhafte Datum kam, an dem der Einfluss der Geister wieder auf dem Spiel stehen würde. Er hatte trotz des Eingreifens der Drei Feen am Abend der Geburt der dritten Prinzessin alles vorhergesehen.
Der König von Leiland hätte unter dem Einfluss des Elixiers des Wahnsinns seine Tochter töten müssen, aber irgendetwas war in dem Gemach vorgefallen. Korta hatte nie erfahren, was es war. Dennoch war es offensichtlich, dass die Feen die Anstifterinnen gewesen waren. Er hatte sich von dem toten Kind in der Wiege nicht täuschen lassen: Sein Gesicht war weder so anmutig noch so zierlich wie das der beiden anderen Prinzessinnen gewesen. Außerdem war sein Zweifel von der Miene der Amme bekräftigt worden. Irgendjemand hatte das echte Kind entführt!
Die Szene spielte sich in seinem Kopf noch einmal ab: Als er sich von der Wirkung des Gifts erholt hatte, konnte sich der König an nichts erinnern. Die Königin war, von Kummer und Tränen überwältigt, ohnmächtig geworden. Beim Anblick der Folterungen, denen man die Amme unterzogen hatte, die bei der Geburt dabei gewesen war, konnte Muht feststellen, dass Korta in der Lage war, eine Frau genauso gut zu behandeln wie ein Scyle. Er hatte sogar ohne Erfolg die Tochter der Amme geblendet. Der Herzog hatte nichts herausgefunden.
In seinem Blut- und Rachedurst hatte Korta Männer ins ganze Land geschickt, mit dem Befehl, alle Kinder, die noch nicht drei Monate alt waren zu töten. Die Söldnertrupps drangen in seinen Kopf ein, seine Gedanken waren vom vergossenen Blut getränkt. Die Soldaten hatten sich übereifrig ans Werk gemacht und mit abscheulichen Mitteln alle Neugeborenen bis zum Alter von einem Jahr ohne Unterschied des Geschlechts ausgerottet. Sie hatten die Niedertracht sogar so weit getrieben, schwangere Frauen zu foltern und zu töten, ebenso jeden, der ihnen im Weg stand. Es war ein wahres Massaker gewesen, das sogar Muht Dabashir anekelte. Der einzige Zeitpunkt ihres Lebens, zu dem die Scylinnen unantastbar waren, war während ihrer Schwangerschaft!
Der Scylenkrieger begriff, dass ganz Leiland von diesem Massaker erschüttert worden war und sich nie mehr so recht davon erholt hatte. Selbst als die angeblichen Mörder, von Korta selbst verhaftet, gehenkt worden waren, hatte noch Angst im Land geherrscht. Fast zehn Jahre lang waren Geburten selten gewesen und verheimlicht worden. Jetzt konnte für die Leiländer nichts von größerer Wichtigkeit und Bedeutung sein als das Leben eines Kindes. Diese Situation gefiel Korta und kam ihm entgegen: Er konnte sich ihrer nach Lust und Laune gegen das Volk bedienen.
Der Herzog hätte vor Wut schreien mögen. In all jenen Augenblicken hatte er nichts empfunden. Warum jetzt?!
Der Herrscher sah nur durch ihn, die Adligen hatten ihn schon zu ihrem Fürsten gemacht, aber das Volk war misstrauisch geblieben. Das Vertrauen in die Urteilskraft des Königs schien seit dem Tode der Königin getrübt zu sein. Besonders, was die Prinzessinnen anging!
Korta hatte in diesen siebzehn Jahren an alles gedacht – nur nicht an seine eigenen Gefühle! Zwei Jahre nach dem Massaker war der Zweifel am
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