Die Rebellin von Leiland 3: Die Gefangene des Tyrannen (German Edition)
die Holzwand zu nageln.
»Wer ist jetzt an der Reihe?«, fragte der König, ein drittes Messer in der Hand.
Die verbliebenen Soldaten drehten sich um und ließen das Schankmädchen los. Derjenige, der sie gerade hatte vergewaltigen wollen, wich verängstigt bis an die Wand zurück. Binnen eines Augenblicks nagelten vier Messer seine Kleidung und damit ihn am Holz fest. Er schluckte mühsam seinen eigenen Speichel; die Worte, mit denen er um sein Leben betete, blieben ihm in der Kehle stecken.
Langsam befreite der König sein Gesicht von den beiden Kapuzen, die er übereinander trug. Er war befriedigt, den Soldaten blass werden zu sehen, als er ihn erkannte.
»Ich lasse dich am Leben– mit nur einer Kleinigkeit weniger.«
Er warf sein letztes Messer auf den Mann. Ein Aufschrei übertönte den dumpfen Laut, als das Fleisch durchschnitten wurde. Der König achtete nicht einmal darauf, sondern wandte sich den beiden letzten Männern zu.
»Fort mit euch! Räumt das Feld! Nehmt eure Toten und euren Verwundeten mit! Und ich rate euch, nicht zurückzukommen!«, donnerte er.
Die beiden Soldaten ließen sich das nicht zweimal sagen. Jeweils mit einem Leichnam beladen schleiften sie den Mann, dessen Hose vor Blut triefte, nach draußen.
»Berichte Seiner Majestät von dieser Kriegswunde– ich bin sicher, dass der König dich sehr bedauern wird!«, bemerkte der König, während er die Tür zuschlug.
Der Page war noch immer wie betäubt von dem, was sich abgespielt hatte. Wenn nicht noch Blut auf dem alten Fußboden zu sehen gewesen wäre, der von Stroh und Sägespänen bedeckt war, hätte er vielleicht geglaubt, alles nur geträumt zu haben. Die Messer mochten ja ein wenig verrostet sein, aber nicht der König!
»Geht schon, helft dem alten Mann auf«, flüsterte der König ihm zu und klopfte ihm vertraulich auf den Rücken.
Der junge Adlige gehorchte wortlos, während der König an die Schankmagd herantrat. Die Frau kauerte auf einem Tisch an der Wand und weinte noch immer vor Schmerzen und Angst. Fieberhaft klammerten sich ihre Hände an ihre Kleider, um die Risse zuzuhalten. Der König reichte ihr mit tröstenden Worten seinen Umhang und brachte sie dazu, sich aufzusetzen.
Der Wirt war bei den Schreien des Soldaten erwacht. Jetzt musterte er diesen sonderbaren Mann, der die Kraft und den Mut gehabt hatte, sich den Soldaten in den Weg zu stellen.
»Mögen die Gottheiten des Lebens dich behüten! Ich danke dir für dein Eingreifen, aber sie kommen sicher zurück«, stammelte er und fuhr sich zugleich mit der Hand über die schmerzende Glatze.
»Sie kommen nicht zurück«, versicherte ihm der König, stellte ein paar Tische wieder auf und sammelte nebenbei seine Messer ein. »Darauf achte ich schon. Gib der Frau da etwas Starkes zu trinken, ich glaube, sie hat es nötig.«
Mit zitternden Händen und immer noch heißen Tränen nahm die Magd freudig das Glas Korn entgegen, das ihr gereicht wurde. Sie stürzte es beinahe in einem Zug hinunter und hustete danach eine gute Minute lang.
»Woher kommst du, junger Mann?«, fragte der Alte den Pagen mit zitternder Stimme.
Thalan blieb stumm. Der König antwortete an seiner Stelle: »Aus der Salzebene.«
Der Alte musterte sie aus glasigen, verklebten Augen. Er bleckte die Reste seiner drei letzten Zähne zu einem kleinen Grinsen. Abgesehen von seinen fettigen weißen Haaren war seine vom Trunk geschädigte, faltige Haut das Abstoßendste an ihm. Der Page hatte nicht übel Lust, sich die Hände zu häuten, weil es ihn so ekelte, ihn auch nur berührt zu haben.
»Keine Sorge, der lacht immer so. Das ist nur ein alter, harmloser Säufer. Komm, setz dich, Reisender«, bot der Wirt seinem Retter an. »Männer wie du wären uns gegen die Soldaten sehr nützlich, besonders heute. Wir in Etel haben ja nicht das Glück, von der Maske beschützt zu werden.«
»Beschützt?«, rief Thalan ungläubig aus.
»Ja, mein Kleiner– hehe!«, sagte der Alte. »Deine Ohren müssen ja noch ziemlich jung sein, wenn du ihnen noch glaubst.«
»Wir kommen von weither und sind durchs Osttor nach Etel gekommen. Wir wissen nicht, was auf der Großen Ebene vorgeht«, erklärte der König, um ihre Unwissenheit zu rechtfertigen.
Der Alte schenkte ihnen erneut ein zahnloses Lächeln.
»Meine Kehle ist ganz trocken, aber wenn du mir etwas zu trinken anbietest, könnte ich dir so einiges erklären, hehe!«
»Alter Säufer, nun gehst du zu weit!«, rief der Wirt. »Dieser Mann hat dir das Leben
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