Die Rebellin von Leiland 3: Die Gefangene des Tyrannen (German Edition)
Andin kam auf die Große Ebene hinaus. Vor dem fahl gewordenen Himmel war eine Feuerstelle in der Landschaft zu erkennen.
Im Schutze einiger Felsen saßen drei Männer und lachten und schmausten fern aller Dörfer, die sie im Laufe des Tages angegriffen hatten. Sie hatten mehr Glück gehabt als die anderen: Sie hatten sich aus der Schlacht zurückgezogen, bevor alles eine tragische Wendung genommen hatte. Im Augenblick feierten sie ihre Feigheit und rissen Witze über ihre Grausamkeit einem Wolf gegenüber, dessen Kadaver sie am folgenden Tag suchen wollten.
Die Sonne war vom matten, gleichförmigen Himmel verschwunden; die Nacht nahte. Eine Bewegung, ein Schatten, ein Geräusch sorgten dafür, dass die drei Söldner sich umdrehten. Auf der Kuppe eines kleinen Hügels zeichnete sich die Silhouette eines Reiters im Abendlicht ab, schwarz, majestätisch, bewaffnet– die Maske!
Andins Amalyse war dem Befehl des jungen Mannes zuvorgekommen: Sie hatte sich von selbst über sein Gesicht gelegt. Das Todesurteil war gefällt. Andin spannte kalt seinen Bogen.
Die drei Männer waren einen Augenblick lang wie gebannt von der Erscheinung: Dann suchten sie furchtsam hinter den Felsen Schutz. Der Abstand, den die Maske zu ihnen hielt, beruhigte sie: Der Mann war zu weit entfernt, um sie zu treffen, und wenn er näher kam, würde er allein gegen drei bestehen müssen. Es gab hier keine Gräben und kaum Bäume. Der gepflügte Boden des Brachfelds bot dem Angreifer keinerlei Deckung.
Doch beim ersten Schuss fiel einer der Söldner, einen Atemzug später folgte der zweite. Woher stammte diese Waffe, die eine derart außergewöhnliche Schussweite besaß? Hinter seinem Felsen auf den Boden gepresst versuchte der dritte Söldner nicht, sich diese Frage zu beantworten, sondern nur die, wie er entkommen konnte.
Er setzte alles auf eine Karte und rannte zu seinem Pferd hinüber, um zu fliehen. Er bekam einen Pfeil in den Schenkel; die Schmerzen, die der Treffer hervorrief, brachten ihn aus dem Gleichgewicht.
Im Schritt ritt der junge Mann heran, um dann vor dem Söldner vom Pferd zu steigen, der sich über seine Verletzung krümmte. Andins Blick war hinter seiner Maske ernst, sein Gesicht gleichmütig. Er setzte dem Mann das Schwert an die Kehle. Der Söldner begann in all seiner Feigheit zu flehen. Er wusste ganz genau, wofür die Maske Rache nehmen wollte.
»Es gibt immer Tote und Sieger«, argumentierte er. »Das ist das Gesetz der Schlachten! Aber es gereicht den Großen zur Ehre, die Besiegten am Leben zu lassen, nicht wahr? Es war doch nur ein Tier, oder?«
Er spürte, wie der Stahl des Schwerts ihm die Haut durchstach. Diesen letzten Satz hätte er nicht hinzufügen sollen!
»Warte! Warte! Ich verrate dir ein Geheimnis. Wir haben ihn nur gefoltert, um einen Liebestrank zu erhalten. Ich weiß, wie man aus dem Mark der linken Hinterpfote eines gut ausgebluteten Wolfs ein unfehlbares Mittel herstellt! Dir können Tausende von Frauen zu Füßen liegen, wenn du mich am Leben lässt!«
Die Klinge des Schwerts löste sich von seinem Hals. Er glaubte, gewonnen zu haben.
»Ich wusste, dass dich das interessieren würde! Welcher Mann auf diesen Welten sucht nicht nach der Liebe?«, fuhr er selbstbewusst fort. »Du wirst alle Frauen, die du begehrst, bis in alle Ewigkeit bekommen. Wir müssen nur den Kadaver des Wolfs wiederfinden.«
Andin hörte sich all diese Abscheulichkeiten an. Er ließ den Mann reden, um sich mit dem Ekel zu sättigen, den der Söldner ihm einflößte. Niemals– noch nicht einmal für Elea, und auch für niemanden sonst!– hätte er einem anderen, und sei es ein Tier, unter solch entsetzlichen Qualen das Leben geraubt, um eine mögliche Liebe zu erzwingen. Dem jungen Mann wurde beinahe übel, als er sah, wie der Mann die eingetrocknete Pfote eines Wolfs aus der Tasche zog, um seine Aussagen zu beweisen. Er bot sie ihm als Geschenk im Austausch gegen sein Leben an.
Gewöhnlich hätte Andin keinen entwaffneten Verwundeten getötet, aber in diesem Fall war sein Abscheu stärker als sein Mitgefühl. Verächtlich rammte er dem Mann das Schwert in die Kehle. Für Elea. Für San.
Die Amalyse hob sich. Andin blieb einen Moment lang vor dem Soldaten stehen, dessen Gesichtsausdruck nun für immer überrascht bleiben würde. Dann ließ ein Aufschrei ihn herumwirbeln. Elea erschien. Sie fiel beinahe hin, als sie vom Pferd stieg, und stürzte sich auf Andin. Sie hätte ihn gern verprügelt und an ihm den Rachedurst
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