Die Rebellin
höchst überrascht, als Marmellakis darauf bestand, die Miete für ein Jahr zu bezahlen.
»Alte Mietrückstände«, brummte er.
Mando winkte dem Schiff, auf dem sich ihre Tochter und der grüne Kasten befanden, so lange nach, bis es hinter dem Horizont verschwand.
Zusammen mit Vassiliki versuchte sie ihre neue Bleibe bewohnbar zu machen.
Geld hatte sie nur noch wenig, aber sie konnte noch einige wertvolle Schmuckstücke versilbern. Dafür wurden die notwendigsten Haushaltsgegenstände und Stoff für neue Kleidung gekauft.
Eine Woche nach ihrer Ankunft in Nauplia sprach sie erstmals beim Innenminister der neuen Regierung vor. Er empfing sie herzlich und sie horchte auf, als er sein Bedauern über die gelöste Verlobung zum Ausdruck brachte. Jetzt würde Dimitri zahlen müssen! Es gab nur ein kleines Problem. Der voreheliche Vertrag befand sich immer noch in Dimitris Haus.
»Hätte ich etwa meinen Entführern sagen sollen ›halt, ich muss noch ein wichtiges Papier mitnehmen‹?«, fragte sie, als Vassiliki sie der Leichtfertigkeit bezichtigte.
»So ein Papier muss man immer bei sich tragen«, meinte die Dienerin, die sich darüber ärgerte, dass sie selber nicht daran gedacht hatte. Stattdessen hatte sie sich mit dem blöden grünen Kasten abgeschleppt, der jetzt das Haus eines mykoniatischen Seeräubers zierte.
Mando erfuhr, dass die Türken an Boden verloren, Ibrahim Pascha allerdings immer noch nicht zu bewegen war, Hellas zu verlassen. Es gab eine Menge Kriegserklärungen. Der Sultan hatte inzwischen den Dschihad – den Heiligen Krieg – ausgerufen, und Russland der Türkei offiziell den Krieg erklärt. Eher widerwillig zogen Frankreich und England ihre Botschafter aus Konstantinopel zurück. Dann erreichte Mando die Mitteilung, Ypsilanti wäre gestorben, aber der Verkehrte. Dimitris Bruder Alexander hatte kurz nach seiner Entlassung aus einem österreichischen Gefängnis das Zeitliche gesegnet.
Natürlich suchte Mando auch ihren Freund Graf Kapodistrias auf. Sie saß lange im Wartezimmer des Hauses, in dem sie vor gar nicht so langer Zeit regelmäßig verkehrt hatte und musste dann vernehmen, dass bedauerlicherweise wichtige Geschäfte den Grafen davon abhielten, sie zu empfangen. Nachdem zweimal so mit ihr verfahren worden war, stürmte sie beim dritten Mal einfach an dem Sekretär vorbei in das Büro des Ministerpräsidenten.
Kapodistrias war höchst überrascht und sichtlich erfreut sie zu sehen.
Er hätte keine Ahnung gehabt, dass sie sich zurzeit in Nauplia aufhalte, teilte er ihr mit und küsste ihre Hand, sonst hätte er sie schon längst zu einem Bankett eingeladen. Wie es ihr denn ergangen sei? Ob sie eine angemessene Bleibe in Nauplia gefunden habe?
Sie sei bestens untergebracht, versicherte Mando und dachte an das zugige, halb verfallene Gebäude, neben dem ihre erste Behausung in Nauplia wie ein Palast erscheinen würde. Im Übrigen ginge es ihr ausgezeichnet, aber da sie sich für einige Monate auf ihre Heimatinsel zurückgezogen habe, sei sie über den jüngsten Stand der Ereignisse nicht gut informiert. Sie würde sich freuen, wenn ihr alter Freund sie darüber aufklären würde, was zwischenzeitlich geschehen sei.
Ein tiefer Seufzer war seine erste Reaktion. Er gestand ihr, dass ihm Gedanken an die Zukunft Griechenlands schlaflose Nächte bereiteten, und dies sei weder auf den Sultan zurückzuführen, der so gut wie geschlagen sei, noch auf Ibrahim Pascha, der wohl in absehbarer Zeit unter dem Druck der alliierten Streitkräfte den Peloponnes verlassen würde. Schlimm aber sei, dass die unterschiedlichen griechischen Fraktionen immer weiter auseinander drifteten und sich jeweils einem ausländischen Partner zugeordnet hätten. Die Gefahr eines Bürgerkriegs sei gewaltig. Möglicherweise werde sogar ein Stellvertreterkrieg ausgefochten werden, wenn alte Animositäten zwischen den Ländern wieder aufflackerten.
»Ich brauche wohl nicht zu fragen, welcher Fraktion Ihre Sympathie gilt«, lächelte Mando den einstigen russischen Diplomaten an, »vor allem jetzt, wo Russland eingelenkt und sich seiner alten Freundschaft mit Griechenland erinnert hat!«
Der Graf gab zu, dass er sich am meisten von russischer Hilfe verspreche, und außerdem stünde ja sein alter Freund Kolokotronis der russischen Fraktion vor. Er ärgere sich über Mavrokordatos, der alle Karten auf England gesetzt habe und sich von den Handelsbeziehungen mit London das Heil erwarte.
»Dabei hat er doch gesehen, wie
Weitere Kostenlose Bücher