Die Rebellion
fest in die Augen.
»Redet weiter.«
Löwenstein XIV saß bequem auf ihrem Eisernen Thron und
blickte interessiert von einem Gesicht zum nächsten, während
Kirche und Militär vor ihren Augen stritten. General Beckett
nahm sich in aller Seelenruhe die Zeit, sich zwischen den Antworten an seiner Zigarre zu erfreuen. Kardinal Kassars einziges
Auge leuchtete mit dem unlöschbaren Feuer des wahren Fanatikers. Löwenstein liebte es, den beiden beim Streiten zuzusehen, nicht zuletzt auch deswegen, weil sie sich nicht zusammenrotten und mit ihr disputieren konnten, während sie miteinander stritten. Divide et impera funktionierte bei Hofe genauso
wie im Krieg. Natürlich half die Tatsache, daß Beckett und
Kassar sich gegenseitig nicht ausstehen konnten. Keiner von
beiden war für sich allein genommen stark genug, um Löwensteins Autorität zu bedrohen, doch vereint hätten sie einen beeindruckenden Gegner abgegeben. Also hielt Löwenstein es für
angebracht, die Wut der beiden gegeneinander zu lenken. Es
brauchte nicht viel dazu. Ein freundliches Wort hier, ein wissender Blick dort, und sie schnappten nach dem Köder wie
hungrige Haie. Aus genau diesem Grund standen die beiden
jetzt vor ihrer Herrscherin, kläfften sich mit gesträubtem Fell
an wie Gassenköter und waren blind für alles außer dem Bedürfnis, den anderen schlecht aussehen zu lassen. Löwenstein
grinste in sich hinein. Männer waren so leicht auszurechnen.
»Das kann doch jeder Dummkopf sehen, daß der Angriff der
Fremden eine unmittelbare Bedrohung der gesamten Menschheit bedeutet!« zischte Kardinal Kassar mit einer Stimme, die
noch kälter war als die Luft ringsum. »Wir dürfen nicht einfach
nur herumsitzen und darauf warten, daß sie erneut angreifen.
Wir müssen sie jagen und auslöschen. Alles andere bedeutet
den Selbstmord unserer eigenen Spezies!«
»Ein wirklich guter Weg, um Selbstmord zu begehen«, erwiderte General Beckett gelassen. »Ihr wollt Euch blindlings in
eine Situation stürzen, über die Ihr so gut wie nichts wißt. Ihr
habt gesehen, zu was bereits dieses eine einzige Schiff imstande war. Schwejksam und seine Mannschaft konnten es stellen,
aber die Unerschrocken ist eins unserer besten Schiffe, mit
einer der besten Besatzungen an Bord, und sie kämpften gegen
etwas, das vielleicht nur eine Erkundungssonde gewesen ist.
Wir benötigen weitere Informationen, bevor wir uns daranmachen, Pläne zu schmieden.«
»Das ist alles nur eine Frage des Glaubens«, konterte Kassar.
»Ich erwarte nicht, daß Ihr davon etwas versteht, Beckett.«
»Es ist keine Frage des Glaubens, sondern des gesunden
Menschenverstands, Kardinal«, widersprach Beckett. »Ich erwarte nicht, daß Ihr davon etwas versteht.«
»In meinen Ohren klingt es jedenfalls nach Feigheit. Ihr
hockt hinter Eurem Ofen zu Hause und in Sicherheit, während
Eure Leute draußen am Abgrund alle Risiken auf sich nehmen.
Nun, wie Ihr gesehen habt, ist es zu Hause auch nicht mehr
sicher, Beckett. Entweder wir gehen zu ihnen, oder sie kommen zu uns.«
Beckett nahm die Zigarre aus dem Mund und blickte nachdenklich auf den Stummel. »Ich denke, Heldenmut wird viel zu
sehr überbewertet, Kardinal. Ich für meinen Teil setze auf
Kompetenz. Wenn es einen Angriff gibt, dann wird er vom Abgrund ausgehen. Deswegen die zusätzlichen Patrouillen, die
ich befohlen habe. Sie werden unser Frühwarnsystem bilden.
Nach meiner Erfahrung ist ein Krieg eine Frage des Machbaren, nicht der Heldentaten. Aber Ihr wart immer schon ein
Träumer, Kassar, ohne jeden Sinn für die praktischen Zwänge
des Lebens. Ich vermute, das liegt an Eurem Beruf.«
Kassar funkelte den General an, dann wandte er seinen brennenden Blick zu Löwenstein. »Gebt mir den Befehl über Eure
Armeen, Majestät, und ich werde Euch eine unschlagbare
Macht aus Gläubigen liefern, ausgebildet in allen Kriegskünsten und bereit, ihr Leben im Namen der Kirche zu wagen.«
»Ich für meinen Teil habe immer für die Herrscherin gekämpft«, sagte General Beckett und blies triumphierend ein
paar Rauchringe in Kassars Richtung. Der Kardinal zögerte, als
er sich der gefährlichen Untiefen bewußt wurde, in die seine
Rhetorik ihn gerissen hatte. Beckett fuhr ungerührt fort und
nutzte die Pause zu seinem Vorteil. »Fanatiker können recht
nützlich sein, wenn es um die Errichtung einer Machtbasis
geht, aber nach meiner Erfahrung geben sie verdämmt erbärmliche Soldaten ab. Sie sind großartig darin, sich
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