Die Rebellion
unter Kontrolle, aber
nur mit großer Mühe. Die Überraschung hätte nicht größer sein
können, wenn Frost ihm gestanden hätte, daß sie pazifistische
Neigungen besäße. Der Planet mußte ihr wirklich schwer zu
schaffen machen, wenn sie ihm gestand, daß sie sich unbehaglich fühlte. Und das sah Frost überhaupt nicht ähnlich. Er beschloß, ihr und sich selbst einen Gefallen zu tun und das Thema zu wechseln.
»Wußtet Ihr, daß die Chemikalien, die wir diesen Insekten
liefern, süchtig machen?«
»Nein«, antwortete Frost. »Aber es ergibt einen Sinn. Wenn
die Insekten ein einziges Kollektivbewußtsein besitzen, dann
sind sie viel zu weit verteilt, als daß wir sie bedrohen oder ihnen weh tun, geschweige denn sie kontrollieren könnten. Aber
das Zurückhalten von Chemikalien, nach denen sie süchtig
sind, erfüllt auf sehr elegante Weise den gleichen Zweck. Ein
Drogensüchtiger tut alles für seinen nächsten Schuß.«
»Sehr effektiv«, erklärte Schwejksam. »Das Imperium hat
schon immer auf Effizienz geschworen. Und wenn man ein
wenig Grausamkeit in einen Handel einbringen kann, dann um
so besser.« Er blickte auf die Tausenden kleiner Insekten, die
ringsum geschäftig wuselten, blindlings trotz der großen Hitze
ihren Befehlen gehorchend, um die Bedürfnisse des Imperiums
zu befriedigen, und wenn er die Gemeinsamkeit zwischen ihnen und sich auch erkannte, so behielt er es für sich.
Chroma XIII war ein einzigartiger Planet, und das in mehrfacher Hinsicht. Das Prospektorenschiff, das dieses System ursprünglich kartographiert hatte, hätte es beinahe übersehen –
rein technisch betrachtet war es vollkommen unmöglich, daß
auf einem Planeten in so großer Entfernung von seiner ausgebrannten, sterbenden Sonne Leben existieren konnte. Aber irgend etwas an Chroma XIII erregte die Aufmerksamkeit des
Kapitäns, und so sandte er Drohnen auf die Oberfläche hinunter, um Informationen zu sammeln. Und die Ergebnisse, die sie
zurückbrachten, reichten vollkommen aus, um auch dem erfahrensten Überwachungsoffizier den Mund offenstehen zu lassen.
Innerhalb des gewaltigen Gasballs von Chroma XIII gab es
Leben. Leben ohne Form oder Substanz, aber eindeutig Leben.
Intelligenz, die sich von der physikalischen Existenz losgelöst
hatte. Ein Planet voller Widersprüche, dessen bloße Existenz
theoretisch unmöglich war.
Schwejksam ließ die Unerschrocken in einen Orbit einschwenken, der so weit von Chroma XIII entfernt war wie nur
irgend möglich, und gemeinsam mit Frost beobachtete er auf
dem Hauptschirm, wie die Drohnen des Schiffs der Oberfläche
des unmöglichen Planeten entgegenfielen. Fremdartige Bilder
kamen und gingen auf dem Schirm, als die Übertragung der
Kameras von einer Drohne zur nächsten wechselte. Die ganze
Zeit über drohten die Komm-Kanäle zusammenzubrechen von
der schieren Intensität dessen, was sie weitergaben.
Chroma XIII besaß keine richtige Oberfläche. Es gab überhaupt keinen festen Boden oder Kern. Die Drohnen fielen endlos durch Schichten aus verschiedenen Farben und blendend
helle Felder aus Licht, in denen fremdartige Farbenspiele ohne
einen für das menschliche Auge erkennbaren Sinn oder Zweck
abliefen. Es gab Ebenen aus atemberaubenden Farben, voneinander getrennt und verschieden und Tausende von Kilometern
lang, Wirbel von der Größe eines Mondes, in denen eine Farbe
langsam in eine andere überging, und ganze Ozeane aus blauem Nebel von so tiefer Intensität, daß das Blau beinahe
schwarz aussah. Und wohin man auch blickte, überall wurden
die Farben und Schatten von plötzlichen Blitzen durchzuckt,
die beinahe zu schnell waren für das menschliche Auge.
»Und diese Lichtblitze sind die Eingeborenen?« erkundigte
sich Schwejksam nach einer ganzen Weile.
»Wir vermuten es jedenfalls«, antwortete Frost. »Es ist nicht
leicht, irgend etwas mit Sicherheit festzustellen. Aber eines
scheint klar zu sein: Die Lichtblitze besitzen einige der Attribute, die wir gewöhnlich mit Leben assoziieren. Sie reagieren auf
äußere Einflüsse, sie konsumieren Licht bestimmter Wellenlängen und strahlen es in anderen Wellenlängen wieder ab, und
sie scheinen über all das hinaus miteinander zu kommunizieren, obwohl unsere Übersetzungslektronen regelmäßig überlastet zusammenbrachen, wenn sie versuchten, einen Sinn in die
Signale zu bringen. Außerdem reproduzieren die Blitze sich
ununterbrochen, genauso, wie sie aus völlig unerfindlichen
Gründen hin und wieder
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