Die Rebellion
der Halle bewußt wurde. Sie warfen unschuldige Blicke in die Runde und
hielten dann schnurstracks auf den Wein zu. Daniel starrte böse
hinter ihnen her.
»Was, zum Teufel, findet ihr denn so verdammt lustig?«
wollte er wissen. »Noch ein wenig später, und ihr hättet das
Treffen ganz verpaßt.«
»Und wäre das nicht eine Schande gewesen?« erwiderte Lily,
ohne sich zu ihrem Gatten umzublicken. Sie schenkte sich ein
großes Glas Wein ein. »Mach dir keine Sorgen, mein Liebling.
Ich bin sicher, niemand hat uns vermißt. Wir haben noch reichlich Zeit bis zum Beginn der Zeremonie, Und das ist schließlich alles, wozu du mich brauchst, oder nicht? Ich würde die
Zeremonie um nichts in der Welt verpassen wollen. Ich liebe
eine gute Zeremonie.«
Lily und Michael wechselten ein weiteres Lächeln und dachten an die Bomben der Chojiros, die sie in der Fabrik deponiert
hatten. Es würde eine Zeremonie werden, die niemand so
schnell wieder vergaß.
»Möglicherweise gibt es ein Problem mit der Zeremonie«,
meldete sich Stephanie zu Wort, und alle blickten überrascht zu
ihr. »Die Gegenwart von Toby Shreck und seinem Kameramann hat sich als Ärgernis für jeden herausgestellt. Er sollte
nützliche Propaganda für uns machen, aber anscheinend hat
ihm das niemand gesagt. Ich bin sicher, ich muß keinen der
hier Anwesenden an die Auswirkungen seiner letzten Sendungen erinnern. Unglücklicherweise hat er Zuschauer in den
höchsten Ämtern, einschließlich Löwenstein persönlich, und
als Resultat davon hat er das exklusive Recht erhalten, die Zeremonie live zu übertragen. Ich hatte gehofft, ich könnte einen
kleinen Unfall in letzter Minute arrangieren, aber da er nun der
einzige Kommentator ist, der sich auf Technos III befindet,
können wir nicht auf ihn verzichten. Die Zeremonie muß übertragen werden, und so viele Menschen wie nur irgend möglich
müssen sie sehen.«
»Oh, sicher«, sagte Kassar. »Alle möglichen Leute werden
uns dabei zusehen.«
»Macht Euch wegen Shreck keine Gedanken«, beruhigte der
Halbe Mann. »Ich werde Investigator Klipp direkt neben ihm
postieren. Das sollte ausreichen, um ihn seine Worte mit Bedacht wählen zu lassen.«
»Ich nehme an, die Sendeantenne wurde ersetzt?« fragte Daniel.
»Ja«, antwortete Stephanie. »Schon vor einiger Zeit. Ich
wünschte, du würdest die Memoranden häufiger lesen, Daniel.
Der Kardinal war so freundlich, uns einige seiner technischen
Mitarbeiter als Helfer zur Verfügung zu stellen.«
»Das sollte man auch verdammt noch mal erwarten«,
brummte Daniel. »Schließlich hat er das Ding ja auch in die
Luft gejagt.«
»Dafür habe ich mich bereits entschuldigt«, sagte Kassar frostig. »Ich habe dem nichts mehr hinzuzufügen.«
»Das ändert nichts an der Tatsache«, beharrte Daniel.
»Ihr habt doch immer zu allem eine Meinung, junger Wolf«,
wechselte der Halbe Mann unvermittelt das Thema. »Vielleicht
könnt Ihr mir ja auch einen Rat geben, wie der bevorstehende
Krieg mit den Fremden zu führen ist?«
Eine Pause entstand, und jedermann fragte sich, wieso, zur
Hölle, die Konversation plötzlich in diese Richtung abgeglitten
war. Es war nicht völlig unerwartet geschehen, wenn man das
Hauptanliegen des Halben Mannes bedachte, aber trotzdem
war niemand sicher, was ihn diesmal auf die Palme gebracht
hatte. Allerdings waren alle – wenn auch aus den verschiedensten Gründen – um eine Entschuldigung froh, endlich das
Thema wechseln zu können.
»Ich bin gar nicht so sicher, ob es einen Krieg geben wird«,
sagte Daniel nach kurzer Bedenkzeit. »Die Fremden haben uns
bisher in Ruhe gelassen. Ich sehe keinen Grund, warum sie das
nicht auch weiterhin tun sollten. Wenn sie sich allerdings zeigen, dann ist die Antwort offensichtlich. Wir ziehen jeden Gewöhnlichen zum Militär ein, pumpen alle mit Kampfdrogen
voll bis zum Kragen und schicken sie aus, um den Fremden die
Scheiße in sechs verschiedenen Farben aus dem Arsch zu treten. Verluste stellen kein Problem dar. Wir haben im Imperium
einen schier unerschöpflichen Vorrat an Kanonenfutter.«
»Nein«, widersprach der Halbe Mann. »Das ist keine Antwort. Es ist niemals gut, den niederen Klassen Waffen in die
Hände zu drücken. Sie könnten anfangen, sich über ihren Stand
Gedanken zu machen. Kanonen und Gewöhnliche passen einfach nicht zusammen. Sie haben noch nie zusammengepaßt.«
»Und wie sieht dann Euer großartiger Plan aus?« erkundigte
sich Daniel.
Der Halbe Mann
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