Die Rebellion
Ihr?«
»Wir spielen hier nicht nach Euren dekadenten höfischen
Regeln, Knabe«, giftete der Kardinal mit gefährlich rotem Gesicht. »Das hier ist Sache der Kirche. Versucht besser nicht,
Euch in die Exekutionen einzumischen, oder ich sorge dafür,
daß meine Truppen Euch aufgreifen.«
»So viel Tod fasziniert Euch wohl, Kardinal?« fragte Stephanie. »Ihr genießt den Gedanken an das viele Blutvergießen.«
»Ihr etwa nicht?« Der Kardinal rümpfte herablassend die Nase. »Ich dachte immer, Ihr Wolfs hättet stärkere Nerven.«
»Wir befinden uns im gleichen Raum wie Ihr, oder etwa
nicht?« konterte Daniel.
Kassar wollte gerade eine passende Antwort darauf geben,
als ihm ein verräterisches Funkeln in Daniels Augen auffiel. Er
hielt inne. Jedermann kannte den Ruf Daniels als Duellist, und
Kassars Männer waren außer Reichweite. Der Halbe Mann und
sein Investigator würden vermutlich auf seiner Seite stehen,
aber …
»Mir sind ebenfalls einige Berichte zugegangen«, sagte Stephanie. »Über das, was unten in den Tunnels geschehen ist.
Laut meinen Quellen haben die Rebellen Euch mit einer neuen
Esper-Waffe in die Flucht geschlagen.«
»Gerüchte, nichts als Gerüchte!« schnappte Kassar. »Haltlose
Übertreibungen. Ihr solltet es wirklich besser wissen, anstatt
auf Geschwätz zu hören. Die Ausgestoßenen besitzen keine
Esper, ganz zu schweigen von Esper-Waffen.«
»Aber sie haben Jakob Ohnesorg auf ihrer Seite«, gab Daniel
zu bedenken.
»Das behaupten sie!« erwiderte Kassar. »Ich freue mich
schon darauf, diesen Ohnesorg hängen zu sehen. Ich meine, er
ist schließlich nur an alter Mann, der kaum mehr für irgend
jemanden eine Gefahr darstellt. Seine Mißerfolge haben ihn
gezeichnet, und er sucht verzweifelt nach einem letzten Erfolg.
Das Imperium hat ihm auf Eisfels in den Arsch getreten, und
meine Leute werden hier auf Technos III das gleiche tun. Niemand kann den Gläubigen widerstehen. Genauso, wie niemand
der Kirche widerstehen kann.«
Plötzlich fielen ihm die Bomben ein, die er in der Fabrik deponiert hatte, und er mußte grinsen. Sie würden keinen richtigen Schaden anrichten, aber es würde mehr als ausreichen, um
die Produktion des neuen Antriebs lahmzulegen, die Wolfs als
Dummköpfe dastehen zu lassen und den Grundstein für die
Übernahme von Technos III durch die Kirche zu legen. Und
dann würde niemand mehr nach ein paar Truppenverbänden
fragen, die bei einer unglücklichen Operation verlorengegangen waren.
Der Halbe Mann stand schweigend ein wenig abseits und
verfolgte das Streitgespräch. Er verspürte nicht den Wunsch,
daran teilzunehmen. Der Halbe Mann machte einen harten,
bedrohlichen Eindruck mit Investigator Klipp an der Seite wie
ein angriffslustiger Kampfhund, und er wußte es. Die Leute
hier waren in letzter Zeit zu vertrauensselig geworden, und
man mußte sie daran erinnern, wer die wirkliche Macht in
Händen hielt. Der Halbe Mann verspürte das Bedürfnis, einen
starken Eindruck zu erwecken, nachdem er Klipp gegenüber so
schwatzhaft gewesen war. Seit den Verhören nach seiner
Rückkehr hatte er nicht mehr so viel über seine Vergangenheit
gesprochen, und er wußte nicht genau, warum er ausgerechnet
Klipp so viel erzählt hatte. Vielleicht, weil die Träume in letzter Zeit lebhafter geworden waren. Vielleicht auch nur, weil
Klipps Großvater so ein guter Freund gewesen war. Der Halbe
Mann sehnte sich mehr als je zuvor nach einem Freund. Er
mußte sich keine Gedanken machen, daß Klipp reden würde.
Sie war Investigator, und sie war dem Mann treu ergeben, der
sie ausgebildet und ihrem Leben Form gegeben hatte. Daran
zweifelte der Halbe Mann nicht einen Augenblick. Deshalb
hatte er ihr auch den Befehl erteilt, Kassar beim Deponieren
der Bomben in der Fabrik zu beobachten. Er konnte darauf
vertrauen, daß Klipp ihre Arbeit sorgfältig verrichtete.
In diesem Augenblick erschienen Michael und Lily in der
Halle, wie gewöhnlich zu spät. Sie hatten sich ein wenig Mühe
gegeben, dem Anlaß entsprechend gekleidet aufzutreten, aber
nicht viel. Ihre Garderobe war von edelstem Schnitt und Material, aber ohne den notwendigen Elan der Träger machte sie
nicht sonderlich viel her. Auf Michaels Krawatte waren frische
Weinflecken zu sehen, und Lilys lange silberne Perücke war
ein wenig verrutscht. Sie kicherten laut, als sie in die Versammlung platzten, doch gaben sie sich Mühe, damit aufzuhören, als ihnen die kühle, formelle Atmosphäre in
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