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Die Regentin (German Edition)

Die Regentin (German Edition)

Titel: Die Regentin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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manche Furche im Gesicht des Mannes hinterlassen und seine Haut eine Farbe hatte, als wäre sie gebeizt worden.
    Der Blick des Riesen war erstaunlich nachdenklich. Sie hatte vermeint, Männer, die Tod und Unheil brachten, müssten anstelle ihrer Augen nur dunkle Löcher besitzen. Das Grau seiner Augen deuchte sie aber fast gewöhnlich; auch das Haar war nicht das Fell eines Ungeheuers, sondern glatt und dünn, wenngleich auch heller als das der Menschen hierzulande, fast ins Weiße gehend.
    Freilich machte ihr der Blick darob nicht weniger Angst; sie versuchte, es Aidan gleichzutun und ihr Gesicht zu senken. Doch ehe sie es zwischen den Knien verstecken konnte, fuhr die Pranke des Mannes schon vor, er packte sie an den Schultern und zerrte sie hoch, bis nur mehr ihre Zehenspitzen den Boden berührten.
    Ohne sonderliche Regung ließ er sie baumeln; weder hellte sich sein dumpfer Blick auf, noch verfinsterte er sich. Selbst als sie aufschrie – sie wusste nicht, ob vor Schmerz oder Schrecken –, zeichnete sich keine Reaktion in seinem Gesicht ab.
    »Aidan... Aidan... hilf mir!«, stöhnte sie schwach.
    Es gelang ihr, den Kopf ein wenig nach hinten zu drehen, doch der Verlobte erwiderte ihr banges Stöhnen ebenso wenig wie der Krieger, der sie umklammert hielt und jetzt vorsichtig zu schütteln begann – als wolle er erproben, wie viel Leben noch in ihr steckte.
    Nur der andere begann zu murren, abgehackte Wörter wie vorhin, diesmal jedoch schneller und zunehmend lauter und ärgerlicher.
    Der Mann, der Bathildis hielt, verzog sein Gesicht zunächstkein bisschen; erst nach einer Weile schien ihm die wütende Stimme lästig zu werden. Er ließ Bathildis fallen wie einen Mehlsack und wandte sich dem anderen zu, die Brust gebläht und die Hände zu Fäusten geballt. Zwar gingen sie nicht gleich aufeinander los, aber umschritten sich ein paar Mal mit kampfbereiten Leibern, harten Blicken und weiteren unverständlichen, kehligen Lauten.
    Bathildis wähnte sämtliche Glieder gebrochen und kam kaum nach, die wunden Stellen zu reiben.
    »O... Aidan«, seufzte sie erneut.
    Jener hockte wie ein Toter, als würde er die streitenden Krieger so wenig hören wie das rumpelnde Geräusch, als sie zu Boden gefallen war. Dort verblieb sie im Übrigen nicht lange, denn noch während die beiden einander mit drohenden Gesten einzuschüchtern trachteten, trat einer der Krieger wieder zu ihr – diesmal war’s der andere, um sie zwar nicht an der Schulter, jedoch am Haar zu packen und hochzuziehen. So grob war die Berührung, dass sie meinte, ihr würde die ganze Kopfhaut abgerissen. Als sie obendrein erneut hin und her gebeutelt wurde, wurde aus ihrem kläglichen Stöhnen ein lang gezogener Schrei, übertönt einzig von dem Brüllen des zweiten Kriegers, der sie wiederum am Fuß zu packen bekam und in seine Richtung zerrte.
    Bathildis verlor sämtlichen Boden unter den Füßen. Wie sie sich so wand und schrie, ging ihr durch den Kopf, dass die beiden Männer – offenbar in Streit um dieses Diebesgut geraten – sie in der Mitte des Leibes entzweireißen würden.
    Ebenso unvermutet wie vorhin wurde sie jedoch losgelassen und fiel ein zweites Mal polternd zu Boden, diesmal so schmerzhaft auf den Rücken, dass sie für eine Weile keine Luft bekam. Als sie sich endlich wieder rühren konnte, hoffte sie, die beiden hätten sich beruhigt. Doch indessen Aidan sich nur tiefer und tiefer in sich verkroch, musste sie erkennen, dass sich die beiden nicht länger mit drohenden Gesten begnügten, sondernmit Fäusten aufeinander losgingen, und dann mit Streitäxten.
    Sie fühlte, wie sie ohrenbetäubend laut schrie, so lange, bis ein grässlicher Laut – dem Knacken von morschem Geäst gleichend – sie zum Verstummen brachte. Blut spritzte von der Hand eines der Männer; er ließ die eigene Waffe fallen, keuchte und blickte mit stierendem, bösartigem Blick drein. Auch der andere atmete angestrengt aus und näherte sich mit schweren Schritten Bathildis.
    Er hat gewonnen, nun will er mich haben, dachte sie, weil das zu denken von der Verwundung ablenkte, die der andere davongetragen hatte. Der kleine Finger war ihm abgeschlagen worden. An dessen Stelle saß nur ein blutspeiender Stumpf.
    Bathildis fühlte sich schon wieder in der Luft zappeln, doch ehe der Siegreiche sie zu packen bekam, erschien ein neuer Schatten im Türspalt. Er gehörte einem Mann, der noch riesiger war als die beiden anderen und noch breitere Schultern hatte.
    Auch er trug

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