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Die Reise Zur Stadt Der Toten

Die Reise Zur Stadt Der Toten

Titel: Die Reise Zur Stadt Der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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für soziologisch-psychologische Analysen war später Zeit, sagte er sich. Der erste Punkt auf der Tagesordnung war jetzt, ihr Boot zurückzuholen, nicht Diskussionen über die Motive der Tsla zu führen.
    Homat war vorausgegangen, um das Terrain auszukundschaften, und winkte ihnen jetzt, ihm zu folgen. Bald standen sie vor der eindrucksvollen Palisade aus Baumstämmen, die die Stadt umgab. In das Holz waren genügend Schießscharten geschnitten, durch die Bogenschützen auf Angreifer zielen und schießen konnten. Die Öffnungen beim Hafen ließen nur die Hinterseiten von Gebäuden erkennen. Aber als sie dann weiter vordrangen, wurden auch Spalten sichtbar, die einen tieferen Einblick in die Stadt boten.
    Schließlich entdeckten sie ein kleines Fußgängertor. Es war unbewacht und öffnete sich weit, als Homat es anstieß. Sie traten ein und versteckten sich hinter einem großen Lagerschuppen.
    Aus den Schreien und Rufen der Feiernden konnten sie jetzt deutlich erkennen, daß den berauschenden Getränken munter zugesprochen wurde. Als sie sich dem Stadtzentrum näherten, stießen sie auf einige Festgäste, die sich schon bis zur Bewußtlosigkeit vergnügt hatten.
    Vor ihnen lag der Stadtplatz, der bei den Mai stets ein Ort der Zeremonie und des Gelderwerbs war. Und mitten im Zentrum des gepflasterten Platzes, umringt von Freudenfeuern, war das Tragflächenboot zu sehen. Die Feuer flackerten in sicherem Abstand von dem Boot; nicht aus Furcht, es zu beschädigen, sondern um den hölzernen Käfig nicht zu gefährden, in dem es ruhte. Der Gesang war jetzt laut und schrecklich unharmonisch. Etienne sah zu seiner Frau hinüber und stellte angewidert, aber nicht überrascht fest, daß sie in hektischer Eile eine Beschreibung der Feier in ihren Rekorder diktierte. Das war seine Lyra: Wenn die Eingeborenen sie am Ende in Fischfett kochen würden, würde sie ihre letzten Augenblicke damit verbringen, das Rezept für die Nachwelt festzuhalten.
    »Was jetzt, Weiser?« Offenbar hatte Tyl seinen beschränkten Vorrat an strategischem Wissen erschöpft. Etienne bereitete es perverse Befriedigung, daß der Tsla den Ehrentitel gebrauchte.
    »Wie können wir euer Boot befreien, Weiser?« fragte einer der Träger. »Es scheint ganz fest gesichert zu sein.«
    »Das macht nichts«, erklärte Etienne. »Wir brauchen nur in Rufweite zu gelangen. Wir sind jetzt nahe genug. Ich mache mir nur Sorgen, daß dieses laute Geschrei uns übertönen könnte.«
    »Ich verstehe«, sagte Homat zuversichtlich. »Du hast vor, die Geister anzurufen, die dein Boot bewachen.«
    Tyl musterte ihn mit einem angewiderten Blick; die Tsla hielten nichts von dem Aberglauben, der die ganze Kultur der Mai bestimmte.
    »Wie wollt Ihr die Kontrolle über Euer Fahrzeug zurückgewinnen, Etienne? Und was noch wichtiger ist: Wie sollen wir es aus der Mitte dieses unfreundlichen Dorfes ans Wasser transportieren?«
    »Du wirst sehen«, erklärte Etienne. »Homat ist von der Wahrheit nicht weit entfernt.« Ihr Mai-Führer entschied sich dafür, über den skeptischen Tsla nicht die Nase zu rümpfen, wahrscheinlich weil er dabei den kürzeren gezogen hätte.
    Etienne warf einen beiläufigen Blick auf die Architektur, während sie sich näher an den Zentralplatz heranarbeiteten. Hier gab es keine großartigen Steintürme. Das war nicht Po Rabi. Die meisten Bauten bestanden aus Holz, Schindeln, gestampftem Lehm und luftgetrockneten Ziegeln, wenn auch einige die eindrucksvolle Höhe von drei Stockwerken erreichten. Aber er bewunderte sie nicht. Hochacs Wohlstand beruhte auf Diebstahl von den Nachbarn. Vielleicht würden sie noch heute abend einiges von diesem Unrecht ausgleichen und die Bewohner dazu bringen, über ihre Methoden nachzudenken. Er hoffte, daß es ihm gelingen würde, ihnen diese Lektion zu erteilen. Lyra würde zwar seine Einstellung mißbilligen, das wußte er; aber im Augenblick war ihm das ziemlich gleichgültig. Er sah ihr zu, wie sie kühl Notizen machte, und mußte sie bewundern, ob er nun wollte oder nicht. Wenn sie in dieser Nacht hier starben, würde niemand sagen können, daß sie ihre Forschungen vernachlässigt hätte.
    Sie hatten die Hälfte des Weges zum Zentralplatz zurückgelegt, als sie auf ein paar Eingeborene stießen, die noch ziemlich nüchtern schienen. Sie sahen sehr jung aus, und Etienne bedauerte, daß er seine Pistole ziehen mußte. Aber er war zu langsam und hätte sich das Bedauern sparen können. Wieder taten Tyl und seine Begleiter ihr

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