Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition)
Nase, Matyas Romerskirch. Gerade wollten wir zu Noah ben Solomon aufbrechen.«
»Noah ben Solomon?« Romerskirch hob die Augenbrauen. »Es gibt ein Zahlenrätsel zu lösen?«
Engelbert reichte ihm die Bibel. »Seht selbst.«
Romerskirch brauchte nur wenige Augenblicke, um zu begreifen, was er da in den Händen hielt. Seine Augen glänzten. »Das Wappen der Hüter. Wo habt Ihr das Buch her?«
Engelbert hob die Hände. »Es wurde anonym hier abgegeben. Ich habe einen meiner besten Männer darauf angesetzt, den Überbringer zu finden.«
»Dann könnte es eine Fälschung sein. Oder eine Falle.«
»So oder so müssen wir es überprüfen.«
»Ihr sagt es, von der Hardenburg.«
Rebekka, die schweigend zugehört hatte, erhob sich und legte ihren Mantel an. Sie trat zur Tür und drehte sich zu ihnen um. »Was ist? Worauf wartet Ihr?«
Romerskirch öffnete den Mund, schien einen Augenblick mit sich zu ringen, etwas sagen zu wollen, aber er schwieg.
Eine dunkle Ahnung stieg in Engelbert auf. Dieser treue Gefolgsmann Karls würde ihnen noch einen Haufen Schwierigkeiten bereiten. Mehr Schwierigkeiten als alle Feinde des Königs.
***
Johann spürte Magensäure aufsteigen. »Oh Herr, vergib mir«, röchelte er, dann hängte er seinen Kopf wieder über den Kübel. Seine Bauchmuskeln krampften sich zusammen, es schmerzte höllisch, aber endlich erbrach er sich.
Obwohl er nun wieder klar denken konnte, plagte ihn immer noch die Übelkeit. Warum ging es ihm so schlecht? Er hatte am gestrigen Abend gar nicht viel getrunken. Nur ein oder zwei Humpen leichtes Bier, keinen Wein, dem hatte er ja abgeschworen. Auch hatte er keine Probleme gehabt, das Haus seines Gastgebers Dietz Riemenschneider wiederzufinden. Sie hatten sogar noch ein paar Worte gewechselt und vereinbart, dass sie am nächsten Tag nach der Vesper fortfahren wollten, Dietz’ Rechnungsbuch zu vervollständigen. Die Arbeit gestaltete sich schwieriger als erwartet, denn es fehlten viele Rechnungen. Dietz musste oft bei anderen Händlern nachfragen und sich Abschriften besorgen.
Quietschend öffnete sich die Tür. Dietz trat ein, einen dampfenden Becher in der Hand. »Wie ich sehe, habt Ihr die Nacht überlebt, Johann. Ein gutes Zeichen.« Er lachte. »So manch einer ist schon daran gestorben.«
Johann verstand kein Wort. »Gestorben?«, fragte er entsetzt. »Woran?« Er erkannte kaum seine eigene Stimme.
»So wie es aussieht, hat Euch der Teufel ins Bier gepisst. Das kommt vor. Ihr habt es überlebt. Das spricht für einen starken Glauben.« Dietz reichte ihm den Becher. »Trinkt das. Es wird zumindest Euren Magen ein wenig beruhigen. Ich verstehe zwar nicht viel von Zahlen und Wörtern, aber einen gesunden Trank bringe ich immer noch zustande.«
Johann rappelte sich hoch und ließ sich auf einen Hocker fallen. Dietz reichte ihm den Becher. Johann schnüffelte daran, das Getränk roch nach Zimt und Nelken. Kein Mittel für die Armen. Johann leerte den Becher in mehreren kleinen Schlucken, und sofort fühlte er sich besser.
»Di Falcone hat einen Boten geschickt, da lagt Ihr noch halb tot auf dem Lager. Der Unterricht fällt heute aus, Ihr seid nicht der Einzige, dem der Teufel das Bier gestreckt hat. Ich muss los, wir sehen uns nach der Vesper. Die Vorratskammer ist nicht abgeschlossen. Die Fastenzeit ist vorüber. Bedient Euch, wenn Ihr etwas braucht.«
»Gibt es da auch neue Köpfe?«, fragte Johann.
Dietz lachte schallend. »Ihr seid über den Berg, keine Frage. Gehabt Euch wohl.«
Immer noch lachend polterte Dietz die Treppe hinunter.
Johann rappelte sich auf die Beine, Dietz’ Trank vertrieb langsam, aber sicher den Sturm, der in seinen Eingeweiden wütete. Schlechtes Bier. Oder eine verdorbene Speise. Und das ausgerechnet beim Weihnachtsfestmahl. Dabei hatte er Pläne für den heutigen Tag. Es hatte ihn eine Stange Geld gekostet, aber er hatte endlich jemanden gefunden, der ihm einen Namen genannt hatte: Schmul ben Asgodon. Ein wohlhabender Jude, der angeblich etwas über Rebekka wusste.
Johann raffte sich auf. Er wusch sein Gesicht so lange mit kaltem Wasser, bis seine Wangen taub waren. Danach fühlte er sich frischer. Schließlich wollte er nicht wie ein versoffener Bettler aussehen, falls es ihm gelang, Rebekka ausfindig zu machen.
Bis zum Haus des Schmul ben Asgodon war es nicht weit. Es lag in der Nähe der Moldau, unweit der oberen Furt. Johann musste nur das Haus suchen, an dessen Türpfosten eine reichlich verzierte Mesusa aus Silber
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