Die Rettung
zurück.«
»Sieh zu, dass du dich heute Nacht richtig ausschläfst. So schnell wirst du keine Gelegenheit mehr dazu kriegen.«
Raymond schloss lachend die Tür hinter sich.
Cody blickte ihm nach, dann seufzte sie leise. »Er ist wie ausgewechselt. Das Baby hat jetzt schon sein Leben verändert.« Sie sah Barri an und fügte verschwörerisch hinzu: »Aber es gefällt mir.« Dann erst schien sie ihre Freundin zum ersten Mal richtig wahrzunehmen. »Sie haben ja eine andere Frisur! Sieht toll aus!«
Barri zupfte an den Locken herum, die um ihr Gesicht tanzten. »Ich habe einfach nur aufgehört, mein Haar zu glätten. Jetzt lasse ich es wachsen, wie es will. Hoffentlich ist die Frisur nicht zu jugendlich für mich.«
»Nein, sie steht Ihnen prima. Ich glaube, Dylan wusste gar nicht, dass Sie Locken haben. Ihr Haar war früher so glatt, er sagte immer ... äh ...« Sie geriet ins Stottern, zögerte und beschloss dann doch, den Satz zu Ende zu führen. »Er sagte, Ihre Frisur würde ihn an einen Footballhelm erinnern.«
Zum ersten Mal seit langer Zeit brach Barri in ein befreiendes, von Herzen kommendes Lachen aus. »Das hat er wirklich gesagt?«
»Ja, damals waren wir aber noch auf der High School. Aber Sie sehen auch sonst ganz verändert aus, besser als je zuvor. Haben Sie abgenommen?«
Barri schüttelte den Kopf.
»Der Job im Krankenhaus scheint Ihnen gut zu bekommen. Sie sind ja richtig aufgeblüht. Dylan würde sich wundern, wenn er Sie jetzt sehen könnte. Er würde sich freuen, dass Sie endlich glücklich sind.«
Barris Lächeln erstarb. »Ja, das glaube ich auch.«
Eine Weile herrschte Stille, bevor sie schließlich zögernd fragte: »Cody, als du mir gesagt hast, du wärst in die Vergangenheit gereist und hättest ihn dort gesehen ... stimmt das? Du hast dir die Geschichte nicht einfach nur ausgedacht?« Sie sprach mit gedämpfter Stimme, als hätte sie Angst, belauscht zu werden. Tatsächlich konnte sie selbst kaum glauben, was sie da eben gesagt hatte.
Doch Cody nickte eifrig. »Nein, es ist alles wahr. Sie glauben mir also?«
Barri zögerte, dann flüsterte sie: »Ich möchte dir gerne glauben. Erzähl mir von ihm. Wie sieht er jetzt aus, wie ist er? Ich meine, wie war er damals? Mein Gott, das ist schon so lange her ...«
Cody dachte kurz nach, bevor sie antwortete: »Er wirkte viel reifer. Als ich ihn sah, hatte er schon vier oder fünf Jahre in Schottland verbracht. Er war Witwer und hatte zwei Kinder. Seine Frau ist gerade an dem Morgen ermordet worden, als ich dort ankam.«
Barri verschränkte bestürzt die Arme vor der Brust. »Wie furchtbar! Armer Dylan ...«
»Wenig später wurde sie beerdigt. Die Leute dort waren unwahrscheinlich nett. Etwas seltsam, aber nett. Dylan gab mich als seine Cousine aus, und so behandelten sie mich wie eine von ihnen. Es war ...« Cody zuckte die Schultern. »Es war ein ganz merkwürdiges Gefühl. Ich bin noch nie zuvor von völlig fremden Leuten so herzlich aufgenommen worden.«
»Wie war das Leben dort? Wie wohnte er?« Sie war nicht sicher, ob sie das alles wirklich hören wollte, aber jede Information über Dylan war kostbar, auch wenn sie noch so schwer zu ertragen war.
Cody verzog das Gesicht und wedelte mit der Hand durch die Luft, als wolle sie einen üblen Geruch verscheuchen. »Es war furchtbar. Alles war schmutzig, und überall stank es. Der Kuhstall lag im Haus, direkt neben dem Wohnzimmer, und die Schafe wurden in einem Pferch im Hof vor dem Schlafzimmerfenster gehalten. Das Haus selbst bestand aus einer Art Lehm, irgendeinem harten Zeug, aber nicht aus Holz oder Steinen. Lnd an den Wänden und auf dem Dach wuchs alles mögliche Grünzeug, Ranken, Blumen und was weiß ich noch. Das Dach bestand aus Stroh; sie müssen Tonnen davon gebraucht haben, so dick war es. Aber wenigstens kam kein Regen durch. Die Fußböden bestanden aus nackter Erde, darüber wurde Heu und Stroh gestreut, und die Kinder spielten mittendrin.«
»Wie hat er es nur ausgehalten, dermaßen primitiv zu leben?«
Cody hob die Schultern. »Es schien ihn nicht zu stören. Ich glaube, er hat es schon gar nicht mehr gemerkt.«
»Fließendes Wasser gab es wohl auch nicht«, seufzte Barri.
»Nein, das Wasser musste man in Eimern vom Bach holen oder aus dem Brunnen schöpfen. Dylan sagte zwar mal, er würde wer weiß was um Wasseranschlüsse und einen Boiler geben, aber er schien ganz gut ohne all das klarzukommen.«
»Keine Autos ...«
»Auch keine asphaltierten Straßen. Wozu
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