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Die Rettung

Titel: Die Rettung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
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Codys Augen aufflackerte, fuhr sie hastig fort: »Doch, wirklich, vor vielen Jahren, als Dylan noch ganz klein war. Wir ... nun, wir hatten eine handgreifliche Auseinandersetzung.« Ihre Ohren röteten sich, als sie es laut aussprach, doch sie legte einen Finger an das Kinn und sprach entschlossen weiter. »Er schlug mich, traf mich mit der Faust genau am Kinn, und ich wurde ohnmächtig. Als ich wieder zu mir kam, lag er bewusstlos auf der Couch. Der Boden war mit Glasscherben übersät, weil das Bild über dem Kaminsims zu Bruch gegangen war, und mitten in den Scherben lag unser Revolver. Nein, eigentlich war es seiner, ich wollte nie eine Waffe im Haus haben. Dylan war damals erst drei, und ich hatte furchtbare Angst, er könne das Ding finden und sich damit verletzen. Also habe ich die Patronen herausgenommen. Kenneth wusste nichts davon. Ich nehme an, er wollte sich erschießen, und als er merkte, dass das nicht ging, warf er den Revolver an die Wand und verlor das Bewusstsein.«
    »Was hat er denn dazu gesagt, als er wieder aufwachte?«
    Barri schüttelte den Kopf. »Nichts. Vermutlich schämte er sich zu sehr. Er hat die Waffe nie wieder erwähnt, und ich habe sie aus dem Haus geschafft und Gott dafür gedankt, dass er mir den Mut gab, die Patronen zu entfernen, sonst wäre Kenneth tot. Ich kann ihn nicht einsperren lassen, es würde ihn umbringen.«
    »Falls Sie ihn verlassen, und wenn er Ihnen keine Ruhe lässt, was dann? Würden Sie sich nicht viel sicherer fühlen, wenn er im Gefängnis sitzt?«
    Der Gedanke war Barri noch gar nicht gekommen, aber Cody hatte Recht. Inzwischen raste Kenneth vermutlich vor Wut. Dann fiel ihr etwas anderes ein, und plötzlich kam sie sich vor, als würde sie in einer Falle sitzen. »Sie können ihn nicht ewig im Gefängnis festhalten. Irgendwann kommt er wieder raus, und dann wird er nur noch wütender auf mich sein.«
    Seufzend lehnte sich Cody gegen die Wand. »Was wollen Sie tun? Sie können nicht zu ihm zurück.«
    Das stimmte genau. Wenn sie nach Hause zurückkehrte, würde ihr Mann sie wieder schlagen. Vielleicht würde er sie eines Tages sogar umbringen. Langsam flüsterte sie so leise, als fürchte sie, den Zorn Gottes auf ihr Haupt herabzubeschwören: »Ich denke, ich sollte die Polizei rufen.«
    Cody erwiderte genauso leise: »Das denke ich auch.«
    Kalte Angst ergriff von Barri Besitz, als ihr bewusst wurde, zu welchem Schritt sie sich gerade entschlossen hatte. Cody reichte ihr das Telefon, damit sie die Polizei anrufen konnte.
    Ein paar Stunden später wurde Kenneth verhaftet und wegen Körperverletzung angeklagt, jedoch auf Kaution wieder freigelassen. Barri telefonierte auch mit einem Anwalt, der sofort die Scheidung einreichen sollte. Nachdem sie aus dem Krankenhaus entlassen worden war, fuhren Cody und ihr Mann Raymond sie nach Hause, damit sie ein paar Sachen packen konnte.
    Barri schlotterte vor Angst. Obwohl sie beide Arme um ihren Körper schlang, wollte das Zittern nicht nachlassen. Während sie die Stufen zur Veranda hochstieg, bemühte sie sich, ruhig und gleichmäßig durchzuatmen. Ihr Herz hämmerte wie wild. Cody ging neben ihr, Raymond hielt sich dicht hinter ihnen.
    Er war weder so durchtrainiert wie Dylan noch ein so geschickter Kämpfer, doch seine kühle Gelassenheit wirkte be-ruhigend. Nachdem Barri die Eingangstür aufgeschlossen hatte, betrat er als Erster das Haus und stellte sich zwischen sie und Kenneth, der gerade die Treppe herunterkam.
    »Raus mit euch!«, fauchte er. Betrunken wirkte er nicht, aber seine Wangen glühten, und die blauen Augen waren rot gerändert. Er trug ein altes T-Shirt über verwaschenen Jeans. Seine Füße waren nackt. Ein Anflug von Mitleid keimte in Barri auf, als sie daran dachte, dass er in diesem Aufzug ins Gefängnis geschafft worden war, doch dann schüttelte sie unwillig den Kopf. Er war die längste Zeit ihr Mann gewesen, und was er tat, ging sie nichts mehr an.
    »Ich bin gekommen, um ein paar Sachen zu holen«, sagte sie. So sehr sie sich auch bemühte, ihrer Stimme einen festen Klang zu verleihen, sie konnte nicht verhindern, dass sie sich kleinlaut und ängstlich anhörte.
    Kenneth schien vor Wut zu kochen. Er kam auf sie zu und deutete zur Tür. »Raus hier, habe ich gesagt! Mach, dass du wegkommst, oder ich helfe nach!«
    »Kenneth ...«
    »Raus!«
    »Mr. Matheson.« Raymond trat vor und legte Kenneth beschwichtigend eine Hand auf den Arm. »Gehen Sie bitte zur Seite.« Kenneth schüttelte seine Hand

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