Die Rettung
die Mathesons auch weiterhin in Glen Ciorram leben, dann dürfen sie sich nicht in allem und jedem blindlings auf diesen Hitzkopf verlassen. Ich werde tun, was in meiner Macht steht, um den Clan und meine Kinder vor dem Schlimmsten zu bewahren.«
Die Fee ließ sich wieder auf dem Rand des Karrens nieder und verschränkte die dünnen Ärmchen vor der Brust.
Achselzuckend fuhr Dylan fort: »Und selbst wenn der Clan mich nicht für den Mord an Ramsay verurteilen würde, hätte ich trotzdem die Beamten der Krone im Nacken sitzen, sobald sich die Wahrheit herumspricht.«
»Bedford hat doch selbst gesehen, wie du ihn umgebracht hast, und er hat kein Sterbenswörtchen darüber verlauten lassen. Und das wird er auch nicht tun, immerhin war er es ja, der den Kerl zwei Jahre zuvor schon auf dem Papier hat sterben lassen.«
»Das ist auch der einzige Grund, warum er mich nicht längst als Mörder verhaftet hat.« Dylan verlor allmählich die Geduld. Gereizt fuhr er fort: »Sonst müsste er ja der Krone erklären, wie ich einen Verräter umbringen konnte, der angeblich schon vor Jahren gestorben ist - noch dazu, während er sich im Gewahrsam des Majors befand. Keiner von uns beiden legt Wert darauf, dass jemand Näheres über die wahren Umstände von Ramsays Tod erfährt, und denk nur nicht, mir wäre die Ironie, die darin liegt, nicht bewusst. Es ist schon eine Laune des Schicksals, dass ausgerechnet dieses Arschloch und ich ein gemeinsames Geheimnis haben!«
Kopfschüttelnd trat er einen Schritt zurück und murmelte vor sich hin: »Und er wartet nur auf eine Gelegenheit, mich wegen irgendeiner anderen Sache drankriegen zu können.« Dann holte er mit dem Hammer aus und verwandelte den verrottenden Schädel mit zwei kräftigen Hieben in eine stinkende weißbraune Masse.
»Stört es dich nicht, dass du mit seinen Überresten das Getreide düngst, das deine Kinder später essen?«
»Nein. Er erfüllt denselben Zweck wie die Scheiße, die ich auf meinen Feldern verteile, und mehr ist er in meinen Augen auch nicht wert.«
»Was machst du, wenn sein Geist dich heimsucht?«
Das gab Dylan zu denken. Langsam ließ er den Hammer sinken. Er glaubte fest an Geister, wie er notgedrungen auch an Feen glaubte. Einmal hatte er sogar mit eigenen Augen den Geist des weißen Hundes gesehen, nach dem die Burg Tigh a'Mhadaidh Bhäin benannt worden war. Doch dann winkte er ab. »Ramsay schmort in der Hölle. Der kann mir nichts mehr anhaben.« Er kniete nieder und klaubte die Zähne aus dem Knochenmehl.
»Och, er möchte ein kleines Andenken an seinen alten Freund behalten!« Sinann rümpfte das Näschen.
»Unsinn. Die Zähne lassen sich kaum zerkleinern, und jeder kann sehen, dass sie von einem Menschen stammen. Und da ich keine Lust habe, sie jedes Jahr beim Pflügen wieder auszugraben, werde ich sie in den See werfen.« Er zählte siebenundzwanzig Zähne mit klaffenden schwarzen Löchern verschiedener Größe und einen Wurzelrest in seine Hand. Geistesabwesend fuhr er dabei mit der Zunge über eine Lücke in seinem eigenen Gebiss. Vor einigen Jahren hatte Tormod, der Schmied, ihm einen kranken Zahn herausreißen müssen, und vermutlich würde er noch in diesem Jahr einen zweiten verlieren, von dem bereits ein Stück abgebrochen war. Dann nahm er sein Stirnband ab, schüttete die Zähne hinein und verknotete es zu einem kleinen Bündel, das er in sein Hemd gleiten ließ. Damit ihm das Haar nicht ins Gesicht fiel, flocht er es zu zwei dicken Zöpfen.
Mit einem tiefen Seufzer griff er nach seiner Schaufel, um die restlichen Knochen auszugraben und zu zerstampfen.
Den Rest des Morgens verbrachte er damit, den Dünger mit der Mistgabel auf den Feldern zu verteilen. Gegen Mittag wusch er sich die Hände im Bach, wozu er eine selbst gemachte grobe Seife benutzte, dann setzte er sich auf einen dreibeinigen Schemel im Hof, um keinen Mist ins Haus zu tragen, und verzehrte ein Bannock, ehe er seine Arbeit wieder aufnahm. Das Essen lag ihm schwer im Magen, denn das Methangas, das er den ganzen Morgen eingeatmet hatte, verursachte ihm Übelkeit. Seine Stiefel und Gamaschen waren mit Kot verkrustet. Genau wie das Umpflügen würde auch das Düngen mehrere Tage in Anspruch nehmen, da er die Felder ganz allein bearbeiten musste. Früher hatte Cait ihm dabei geholfen, sie hatte das Pferd am Zügel geführt, während er den Kompost aus dem Karren über der Erde verteilt hatte. Er schloss kurz die Augen und wünschte, er würde sie nicht so furchtbar
Weitere Kostenlose Bücher