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Die Richter des Königs (German Edition)

Die Richter des Königs (German Edition)

Titel: Die Richter des Königs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lessmann
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Leichenbeschauer Anweisung zu geben, den Toten zu sezieren. Bei der Öffnung des Schädels wird er vermutlich eine Blutung in der linken Gehirnhälfte feststellen.«
    Trelawney sah sein Gegenüber verständnislos an. »Das müsst Ihr mir erklären, Doktor. Wie könnt Ihr wissen, ob Sir Robert eine Hirnblutung hatte? Ihr wisst, ich verstehe nicht viel von Medizin, aber immerhin ist mir doch bekannt, dass der Auslöser des Schlagflusses eine Verstopfung der Hirnkammern durch zähflüssigen Schleim ist.«
    »So dachte man früher, Mylord«, belehrte Jeremy den Richter. »Vor wenigen Jahren hat jedoch der Schaffhauser Stadtarzt Johann Jakob Wepfer in einer Monographie überzeugend dargelegt, dass auch für das Gehirn die neue, von William Harvey aufgestellte Lehre vom Blutkreislauf Gültigkeit besitzt. Wepfer hat bei der Sektion von Schlagflüssigen starke Blutungen im Bereich des Gehirns festgestellt, die durch Bersten der Gehirnarterien verursacht wurden. Die Folge sind Lähmungen und Bewusstseinsverlust.«
    »Aber woher wollt Ihr wissen, dass sich die Blutung auf der linken Seite des Gehirns befindet?«, fragte Sir Orlando zweifelnd.
    »Weil Sir Roberts rechte Körperhälfte gelähmt war«, erklärte der Jesuit geduldig. »Schon in den Schriften des Aretäus von Kappadozien, der vor über tausendfünfhundert Jahren lebte, findet Ihr beschrieben, dass die Nerven einer Gehirnhälfte nicht in dieselbe Körperseite übergehen, sondern sich mit den Nerven der anderen Seite kreuzen. Weist also den Leichenbeschauer an, das Hirn des Toten zu untersuchen. Dann werden wir sehen, ob Sir Robert an Apoplexie gestorben ist, wie ich vermute.«
    Trelawney ließ sich in einen Sessel sinken und fuhr sich mit der Hand über die Stirn. Jeremy war sich nicht sicher, ob ihn die Vorstellung, noch einen seiner Brüder seziert zu sehen, krank machte, oder ob er erleichtert war, dass sie es nicht mit einem weiteren Mord zu tun hatten.
    »Tut mir Leid, ich habe vorschnelle Schlüsse gezogen«, sagte Sir Orlando mit einem tiefen Seufzen.
    »Ganz und gar nicht, Mylord«, widersprach der Priester. »Ihr seid nur wachsam, und das ist gut so. Jeder unerwartete Tod eines Richters ist verdächtig.«
    »Ich verstehe das nicht. Seit dem Anschlag auf Meister Ridgeway und dem Mord an Walker sind doch bereits Monate vergangen. Weshalb lässt der Täter nichts mehr von sich hören? Hat er seine Mission erfüllt, oder hat er aufgegeben?«
    »Ich glaube eher, dass er sich ruhig verhält, bis sich ihm wieder eine Gelegenheit bietet, unerkannt zuzuschlagen.«
    »Es missfällt mir, Eure Schwarzmalerei zu teilen, Doktor«, gestand Sir Orlando mit einer Grimasse. »Ich wünschte, es wäre endlich vorbei. Ich habe es satt, mit diesem Damoklesschwert über meinem Kopf umherzulaufen.«
    »Ich weiß, Mylord. Aber Ihr dürft nicht in Eurer Wachsamkeit nachlassen«, beschwor Jeremy den Richter eindringlich. »Ich bin sicher, dass der Mörder nicht aufgeben wird, solange er sein Werk nicht vollendet hat oder er geschnappt wird. Das heißt, Ihr seid immer noch in Gefahr. Versprecht mir, dass Ihr auch weiterhin auf Euch aufpassen werdet.«
    Wie so oft war Trelawney erstaunt über die aufrichtige Sorge dieses Mannes, der als Katholik und Priester sein Feind hätte sein können. In Sir Orlandos Kreisen waren echte Freundschaften selten, denn die meisten Juristen waren nur darauf aus, sich zu bereichern und ihren Einfluss zu vergrößern. Aus diesem Grund war ihm die Freundschaft des Jesuiten so teuer.
    »Ich verspreche Euch, nicht nachlässig zu werden«, sagte er schließlich lächelnd.
    Jeremy nahm auffordernd seinen Arm. »Gehen wir in Eure Kammer hinüber. Dort können wir ungestört reden.«
    Sir Orlando nickte und zeigte seinem Begleiter den Weg in seine Gemächer. In der Studierstube, die mit dunkler Eiche getäfelt war, setzten sie sich zusammen.
    »Hat sich bei der Überprüfung der Königsmörder etwas ergeben?«, fragte der Jesuit.
    »Leider nicht. Natürlich gibt es in jeder der Familien den ein oder anderen, der Rache geschworen hat, doch die meisten von ihnen leben auf dem Land und befanden sich zu der Zeit, als der Mord an Baron Peckham oder die Anschläge auf mich stattfanden, nicht in London.«
    »Ist das sicher?«
    »Ich habe unabhängige Zeugen, die dies beschwören. Allerdings schließt diese Tatsache nicht aus, dass vielleicht ein Komplize die Verbrechen beging. Auf jeden Fall habe ich alle in Frage kommenden Personen unter Beobachtung gestellt. Wenn

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