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Die Richter des Königs (German Edition)

Die Richter des Königs (German Edition)

Titel: Die Richter des Königs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lessmann
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anstecken. Geht jetzt. Ich komme schon zurecht!« Er machte einen Schritt an ihr vorbei, doch als er mit dem linken Fuß auftrat, verzerrte sich sein Gesicht vor Schmerz, und er musste erneut an der Hauswand Halt suchen.
    »Ihr kommt zurecht?«, wiederholte Amoret vorwurfsvoll. »Ihr könnt Euch ja kaum aufrecht halten. In diesem Zustand werdet Ihr keine zehn Schritte weit kommen.«
    Sich an die Wand klammernd, wandte ihr Jeremy ärgerlich das Gesicht zu. »Geht endlich!«, befahl er scharf. »Lasst mich allein. Ich will nicht, dass Ihr Euch in Gefahr bringt.«
    »Und ich will nicht, dass man Euch von einem Pfarrsprengel zum nächsten abschiebt, bis Ihr irgendwo in der Gosse elendig zugrunde geht. Wollt Ihr, dass ich den Rest meines Lebens mit dieser grauenhaften Vision vor Augen verbringen muss, mit der Gewissheit, Euch im Stich gelassen zu haben? Das könnt Ihr mir nicht wünschen. Wie Ihr seht, bin ich mit meiner Kutsche hier. Also lasst mich Euch wenigstens nach Hause bringen.«
    Jeremy griff sich mit der Hand an die Stirn und schloss erschöpft die Augen. Auf einmal schien ihn jegliche Kraft verlassen zu haben.
    »Also gut«, gab er nach. »Bringt mich ins Pesthaus.«
    »Ins Pesthaus? Aber das ist doch nur für die Armen. Warum nicht nach Hause?«
    »Dort würde ich die anderen nur anstecken. Im Pesthaus besteht diese Gefahr nicht. Dort wird man mich pflegen. Bringt mich ins Pesthaus, und mein Gewissen ist beruhigt.«
    Amoret fügte sich widerwillig. Sie wollte seinen Arm ergreifen, um ihm in die Kutsche zu helfen, doch wieder wich er abwehrend zurück. »Nein! Rührt mich nicht an.«
    Jeremy ließ sich mit einem Stöhnen auf die vordere Sitzbank nieder, um Amoret nicht zu nahe zu kommen. Während der Fahrt musterte sie ihn besorgt. Sie hatte noch keinen Pestkranken gesehen und wusste nichts über die Erscheinungen der Krankheit. Noch konnte sie an dem Zustand des Jesuiten nichts Außergewöhnliches feststellen, und deshalb empfand sie auch keinerlei Scheu vor seiner Nähe. Er hielt die Augen geschlossen, als bereite ihm selbst das trübe Licht der Straßenfunzeln Schmerzen. Immer wieder verzerrten sich seine Züge vor Qual, und einige Male durchlief ein Frösteln seinen ganzen Körper. Die Haut seines Gesichts war schlaff und sehr bleich.
    Die Sonne war inzwischen untergegangen, und die Abenddämmerung brach herein. Als die Kutsche vor dem Pesthaus in Marylebone anhielt, öffnete Jeremy halb die Augen, machte aber keinerlei Anstalten, sich zu erheben. Amoret war es lieber so.
    »Wartet hier, ich hole jemanden her«, sagte sie und verließ die Kutsche.
    Das Pesthaus war ein eher kleines Holzgebäude und mit den aus Stein errichteten großen Lazaretten, wie sie auf dem Kontinent üblich waren, nicht zu vergleichen. Als Amoret das Innere betrat, schlug ihr ein bestialischer Gestank entgegen, der noch ekelerregender war als der, den sie im Newgate erlebt hatte. Sie machte nur ein paar Schritte in den einzigen Raum hinein, den es hier gab, und ließ bestürzt den Blick umherschweifen. Das Pesthaus war hoffnungslos überfüllt. Die Kranken lagen eng nebeneinander auf erbärmlichen Lagern, die man beim besten Willen nicht als Betten bezeichnen konnte. Bei näherem Hinsehen bemerkte Amoret, dass die Lebenden in ihrem eigenen Unrat lagen, neben Toten, die bereits in Verwesung übergingen. Niemand pflegte sie, brachte ihnen Nahrung oder gar Arzneien. Man ließ sie elendig sterben. In ihren Kleidern nistete der Pestzunder und infizierte auch diejenigen, die vielleicht an einer anderen Krankheit litten, die man fälschlicherweise für die Pest gehalten hatte. Der Raum war erfüllt vom Stöhnen und Wimmern der Kranken. Mit einem Mal ertönte ein gellender Schrei aus einer der hinteren Ecken, wie von einem Wahnsinnigen ausgestoßen. Zu ihrer Rechten sah Amoret einen Wundarzt, der mit einer Zange etwas Glühendes auf eine Beule unter der Achsel eines Patienten presste, der vor Schmerz brüllte und sich in seiner Qual hin und her warf. Dem Erbrechen nahe, presste sich Amoret ein Taschentuch auf Mund und Nase und wandte sich ab. Da erblickte sie Jeremy, der ihr gefolgt war und hinter ihr an der Tür stand. Auf seinem Gesicht spiegelten sich Abscheu und Entsetzen. Sie begriff, dass auch er sich die Zustände in den Pesthäusern nicht so grausig vorgestellt hatte.
    Entschlossen packte Amoret seinen Arm und zog ihn mit sich zu ihrer Kutsche zurück. »Ich denke nicht daran, Euch in diesem Höllenloch zurückzulassen. Da könnte

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