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Die Richter des Königs (German Edition)

Die Richter des Königs (German Edition)

Titel: Die Richter des Königs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lessmann
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Alans Bett wachte.
    »Richard Wiseman?«, erkundigte sich der Jesuit überrascht. »Führt ihn herein, Mistress Brewster.«
    Richard Wiseman war der diesjährige Zunftmeister der Barbiere und Wundärzte. In der Not unterstützte die Zunft ihre Mitglieder und sorgte für ihre Familien, wenn es zum Schlimmsten kam. Aber Wiseman war auch Leibchirurg des Königs, dem er bereits im Bürgerkrieg gedient hatte.
    Neugierig musterte Jeremy den Mann, der kurz darauf die Kammer betrat. Er war immer noch attraktiv, denn sein ovales Gesicht mit der hohen Stirn, den intelligenten dunklen Augen und der geraden, vorspringenden Nase gab sein Alter nicht preis. Wiseman trug eine schulterlange Perücke und schwarze Kleidung mit einem schmucklosen weißen Leinenkragen. Angesichts seiner jugendlichen Erscheinung rechnete Jeremy unwillkürlich zurück. Nein, es bestand kein Zweifel. Der Zunftmeister musste die vierzig bereits überschritten haben. Und doch hatte er sich kaum verändert.
    »Ich bin erfreut, Euch wiederzusehen, Sir«, begrüßte der Jesuit seinen Gast. »Auch wenn es unter so traurigen Umständen ist.«
    Wiseman zog erstaunt die Augenbrauen hoch. »Kennen wir uns? Oh, wartet, Euer Gesicht kommt mir tatsächlich bekannt vor. Es ist ziemlich lange her, hab ich Recht? Während des Bürgerkriegs? Ja, Ihr habt als Feldscher im königlichen Heer gedient. Ich erinnere mich, wie eifrig Ihr von mir gelernt habt. Euer Name ist Blackshaw, nicht wahr?«
    »Ja, Sir. Ich bedauerte es sehr, dass Ihr nach der Schlacht von Worcester gefangen genommen wurdet.«
    »Ihr hattet demnach mehr Glück.«
    »Ich konnte aus England fliehen. Auf dem Kontinent habe ich dann Medizin studiert und später noch einige Jahre in Indien verbracht, um die dortige Kunst der Chirurgie kennen zu lernen.«
    »Wie interessant, Doktor. Ihr gehört also zu den seltenen Medici, die die Chirurgie nicht verachten?«
    »Ich halte es für töricht und geradezu gefährlich, beide Künste zu trennen. Ist nicht der menschliche Körper eine unteilbare Einheit?«
    »Da stimme ich Euch zu«, lächelte der Zunftmeister. »Aber es ist noch zu früh, bestehende Strukturen und Traditionen zu verändern.«
    Er wandte sich dem Bett zu und beugte sich über den immer noch bewusstlosen Alan. »Jetzt verstehe ich auch, weshalb nach dem Unfall keiner unserer Zunftgenossen gerufen wurde. Ihr habt seine Wunden versorgt, nicht wahr, Dr. Blackshaw?«
    Richard Wiseman legte die Hand auf die Stirn des Kranken. »Er hat kein Fieber«, bemerkte er. Dann begutachtete er die Wunde am Oberarm. »Keine Rötung, kein Eiter, auch die Schwellung ist bereits zurückgegangen. Ihr habt gute Arbeit geleistet. Aber das überrascht mich nicht. Ich wusste damals schon, dass Ihr begabt seid. Habt Ihr ihn zur Ader gelassen, um die Säfte von der Wunde wegzuleiten?«
    »Nein«, erwiderte Jeremy. »Er hatte schon genug Blut verloren. Ich wollte ihn nicht noch mehr schwächen.«
    »Auch das wundert mich nicht. Ihr habt Euch früher schon energisch gegen den Aderlass ausgesprochen. Ihr hattet Glück, dass sich die Wunde nicht entzündet hat.«
    »Ich will mich nicht mit Euch streiten, Sir, aber meine Erfahrungen haben nun einmal gezeigt, dass es bei schweren Verletzungen wichtiger ist, die Kräfte des Kranken zu erhalten, und daher besser, auf Blutentzug und Abführmittel zu verzichten.«
    Wiseman tastete über Alans Unterarm und seine Hand. Die Haut war warm und gut durchblutet. »In diesem Fall zumindest habt Ihr recht getan, wie es scheint«, gestand er. »Ihr wisst, dass es Euch nicht erlaubt ist, Wundarzneikunst auszuüben, weil Ihr unserer Zunft nicht angehört. Aber da ich Euch kenne und Ihr einen Freund und Zunftgenossen behandelt habt, ohne Euch bereichern zu wollen, werde ich dafür sorgen, dass man Euch in Ruhe lässt. Es ist bedauerlich, dass Ihr so wenig Aufhebens um Eure Kunstfertigkeit macht. Da Ihr ein studierter Arzt seid, könntet Ihr doch um Aufnahme in die Königliche Ärztekammer ersuchen und Euch bei den reichen Bürgern der Stadt einen Namen machen. Nun, ich nehme an, Ihr habt Eure Gründe. Ich werde in den nächsten Tagen noch einmal nach Meister Ridgeway sehen. Je nachdem, wie es ihm geht, wird die Zunft verschiedene Dinge regeln müssen.«
    Wiseman wollte die Möglichkeit nicht aussprechen, aber Jeremy wusste, was er meinte. Im Fall von Alans Tod musste eine neue Anstellung für seinen Gesellen und den Lehrjungen gefunden werden. Und falls er nicht genug Geld hinterließ, würde die Zunft

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