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Die Ringe der Macht

Die Ringe der Macht

Titel: Die Ringe der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst von Allwörden , Helmut W. Pesch
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seltenen Besuch erwartete. Erst wollte sie die ganze Geschichte kennen, bevor sie Neid und Bewunderung des gesamten Weibs- und Mannsffolks des Gemüsemarktes – so genannt, obwohl es bereits seit undenklichen Zeiten alles dort zu kaufen gab, was man für den täglichen Bedarf benötigte – auf sich zog. Nun endlich sah sie die angekündigten Gäste vor sich und wusste, morgen würde sie eine umschwärmte Frau sein.
    »Aber kommt herein, meine Herren«, sagte Marina, sich ihrer Pflichten erinnernd, und trat zur Seite, um den Ankömmlingen Platz zu machen, »kommt herein!«
    Als Mensch und Zwerg die holzgetäfelte Eingangshalle betreten hatten, schloss sie die Tür hinter ihnen und bedeutete ihnen mit einer Geste: »Folgt mir bitte. Ich führe Euch in den Speisesaal. Herr Kimberon besteht schon seit Tagen darauf, sein Abendmahl spät einzunehmen.«
    Fast gleichzeitig zog ein Lächeln über die Gesichter des seltsamen Paares.
    Ja, es war an der Zeit, dass sie kamen. Und Kimberon hatte gewartet und sich ausgerechnet, dass sie, um nicht einen Massenauflauf zu verursachen, in der Dunkelheit in Aldswick eintreffen würden, zumal die Stadttore Tag und Nacht jedem offenstanden.
    Noch bevor sie die kleine Empfangshalle durchschritten hatten, wurde im Inneren eine Tür aufgerissen, und gekleidet in einen weinroten Hausmantel, erschien Kimberon Veit, der Kustos von Elderland. Dem fünf Ffuß großen Ffolksmann war die Freude über das Erscheinen seiner Freunde von seinem offenen Gesicht abzulesen. Seine Ohrspitzen hatten sich wie immer, wenn er überglücklich war, leicht gerötet, sein sandbraunes Haar war ein wenig wirr, und seine blauen Augen strahlten.
    »Fabian! Bubu!«, rief er aus. »Schön, dass ihr endlich da seid. Ich kann nicht sagen, wie sehr ich mich freue«, fügte er hinzu und ging auf die beiden zu. Sie umarmten sich herzlich; Burin ließ dafür sogar seine Axt zu Boden sinken.
    Marina stand daneben und sog jede Einzelheit der Szene in sich auf. Diese würde sie dann morgen, nur unwesentlich ausgeschmückt, auf dem Markt zum Besten geben.
    »Kommt, Freunde, lasst uns essen«, sagte Kimberon. »Wie im ›Hirschen‹, wo die Studententafel war.«
    »Dunkles Bier?«, fragte Burin.
    »Dunkles Bier!«, entgegnete der Ffolksmann. »Zwar nicht aus Thurion, aber auch das hiesige lässt sich trinken. Ich habe mich in Unkosten gestürzt und ein großes Fass aus dem ›Pflug‹ kommen lassen, um unser Wiedersehen nach einem Jahr zu feiern.«
    »Kim, du bist großartig«, brummte der Zwerg mit seiner Bassstimme. »Du weißt, wie man Freunde empfängt. Und das Bier aus dem ›Pflug‹ ist wahrlich ein edler Stoff. Wir haben es bereits verkostet.«
    Kim sah ihn fragend an.
    »Was unser stämmiger Holzfäller sagen will«, begann Fabian und erntete für die Anspielung auf die Streitaxt einen freundschaftlich-bösen Blick, »wir haben uns im Wirtshaus nach dem Weg erkundigt und die Gelegenheit genützt, uns zu stärken.«
    »Heiliger Vater!«, entfuhr es Kim.
    »Was ist?«, fragte Burin.
    »Jetzt bin ich morgen wieder das Tagesgespräch! Aber was soll’s; die Leute brauchen gelegentlich was zum Reden, sonst langweilen sie sich.«
    Die Freunde lachten und ließen sich ohne weiteres Zögern ins Speisezimmer bitten, wo im Kamin ein heimeliges Holzfeuer brannte. Burin legte seinen schweren Rucksack ab, während Fabian seinen Mantel von den Schultern streifte und ihn Marina reichte, die ihn eilfertig an einen Kleiderhaken hängte. Unter dem Mantel kam ein lederner Tornister zum Vorschein, den er ebenfalls ablegte. Kimberon half ihm aus der schweren, genieteten Weste. Auch der Zwerg nahm seinen ziselierten Helm vom Kopf, dass sein krauses rotes Haar in alle Richtungen sprang und seinen Kopf umgab wie ein feuriger Kranz. Ächzend mühte er sich aus seinem Kettenhemd; doch als Marina danach greifen wollte, sagte er: »Gute Frau, das dürfte ein wenig zu schwer sein für Eure kleinen Hände«, und ließ es rasselnd in der Ecke zu Boden gleiten. Dann kratzte er sich ausgiebig am ganzen Körper.
    Marinas Aufregung kannte keine Grenzen mehr. Alle würden schon von den beiden Besuchern reden, sodass sie gar nicht mehr dafür sorgen musste, dass der Tratsch in Gang kam. Und was sie nicht alles zu erzählen hatte! Marina war sich sicher, dass sie heute Nacht kein Auge würde schließen können. Doch dann entsann sie sich plötzlich – »Heilige Mutter, das Essen!« – und enteilte in die Küche, so schnell ihre Beine sie tragen

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