Die riskante Affaere
gab, rannte auf ihr Zeichen hin die Treppe hinauf, während sie sich nach rechts wandte.
Irgendjemand brüllte etwas Unverständliches. Ally hörte es wie ein Summen im Kopf, gleich darauf flammte Licht auf.
Das Haus war fächerförmig angelegt. Ally versuchte sich Barnes’ Beschreibung in Erinnerung zu rufen, während sie zusammen mit dem Rest des Teams ausschwärmte. An jeder Türschwelle verharrte sie kurz, schwenkte dann mit der Pistole im Anschlag herum und schaute sich um.
Draußen wurde immer noch geschossen. Ally wollte sich gerade in diese Richtung wenden, als ihr auffiel, dass eine Schiebetür, die auf eine kleine Sonnenterrasse führte, nicht ganz geschlossen war.
Als ihr auch noch ein unverkennbar weiblicher Duft in die Nase wehte, rannte sie durch die Tür ins Freie. Sie sah eine Frau – nur den schwarzen Schatten – davonrennen. »Halt! Polizei! Stehen bleiben!«
Ally wiederholte den Befehl mehrmals, aber die Frau rannte weiter. Mit gezogener Waffe sprintete Ally hinterher, während sie über Funk Standort und Lage durchgab.
Sie hörte Rufe hinter sich, schnelle Schritte.
Jetzt sitzt sie in der Falle, schoss es ihr durch den Kopf. Sie hatten der Frau den Weg abgeschnitten, noch ehe sie den zwei Meter hohen Zaun erreicht hatte, von dem das Haus umgeben war. Sie konnte nicht entkommen.
Ally holte auf, roch den in der Luft hängenden, mit Angstschweiß vermischten Parfümduft. Im Licht des Mondes war die flüchtende Frauengestalt zu erkennen, das fliegende dunkle Haar, die flatternden Schöße des kurzen Capes.
Und als sie sich im Rennen umdrehte, blitzte ein Revolver in ihrer Hand auf.
Ally sah, wie die Frau die Waffe hob, und spürte gleich darauf mit einem seltsam entrückten Gefühl des ungläubigen Erstaunens, wie die Kugel zischend an ihrem Kopf vorbeiflog. Die Frau rannte weiter.
»Lassen Sie die Waffe fallen! Sofort!«
Keine Reaktion. Im Gegenteil – die Frau wirbelte ein weiteres Mal herum und riss erneut die Pistole hoch. In diesem Moment schoss Ally.
Die Frau taumelte. Ally hörte das dumpfe Geräusch, als die Pistole zu Boden fiel. Und während die Frau keuchend zu Boden glitt, sah Ally den dunklen Fleck, der sich auf ihrer Brust ausbreitete. Ein Bild, das sich in ihr Gedächtnis einfraß wie Säure.
Dass sie nach vorn rannte und einen Fuß auf die Pistole der Frau stellte, war nur jahrelangem, längst in Fleisch und Blut übergegangenem Training zuzuschreiben. Im selben Moment, in dem sie sich neben die Frau kniete, um nach einem Puls zu tasten, gab sie über Walkie-Talkie die Worte »Verdächtige am Boden« durch. Ihre Stimme war ruhig, auch ihre Hände zitterten nicht. Noch nicht.
Hickman war als Erster zur Stelle. Als er etwas sagte, hörte es sich an, als trüge der Wind seine Stimme über den Kamm einer hohen Welle. In Allys Ohren rauschte es laut.
»Bist du verletzt? Ally, bist du verletzt?« Er tastete sie nach Verletzungen ab und zerrte an ihrer Jacke.
»Ruf einen Krankenwagen.« Ihre Lippen waren steif und gefühllos, wie aufgerissen. Sie streckte die Arme aus und versuchte, die Blutung zu stoppen, indem sie ihre Handballen fest auf die Brust der Frau presste.
»Schon passiert. Komm. Steh auf.«
»Die Blutung muss gestoppt werden. Die Frau muss sofort ins Krankenhaus.«
»Ally.« Er schob seine eigene Waffe wieder in das Halfter. »Du kannst nichts mehr für sie tun. Sie ist tot.«
Ally gestattete es sich nicht, zusammenzubrechen. Sie zwang sich zuzuschauen, wie der verletzte Polizist und der Komplize der Frau in einen Krankenwagen eingeladen wurden. Und sie zwang sich auch hinzusehen, als man die Frau in einen schwarzen Plastiksack legte und den Reißverschluss zuzog.
»Detective Fletcher.«
Ebenso wie sie sich zwang, sich umzudrehen und ihrem Lieutenant ins Gesicht zu sehen. »Sir. Können Sie mir etwas über Dietz’ Zustand sagen?«
»Ich bin auf dem Weg ins Krankenhaus. In Kürze werden wir mehr wissen.«
Sie wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. »Was ist mit dem Verdächtigen?«
»Die Sanitäter gehen davon aus, dass er es schaffen wird. Aber es wird wohl ein paar Stunden dauern, bis wir ihn vernehmen können.«
»Kann ich … wird man mir erlauben, bei der Vernehmung anwesend zu sein?«
»Es ist immer noch Ihr Fall.« Kiniki nahm sie am Arm und führte sie beiseite. »Ally, hör mir zu. Ich weiß, wie sich das anfühlt. Frag dich jetzt, hier, auf der Stelle, ob du etwas anderes hättest tun können.«
»Ich weiß nicht.«
»Hickman
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