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Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Titel: Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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Frustration darüber, dass man immer neun Zehntel dessen, worüber es sich zu schreiben lohnen würde, bleiben lassen muss … der für einen Freiberufler unausweichliche Drang, jedes Mal den großen Treffer zu landen … wodurch man eine Menge kleinerer Gelegenheiten, die sich nebenbei ergeben, auslässt, und es versäumt, den einen oder anderen Punktetreffer zu setzen, weil man immer nur den sensationellen K. o. vor Augen hat …
    Richtig … doch vergessen wir nicht, dass es diese K.-o.-Siege sind, die einen in erster Linie über Wasser halten, und deshalb müssen wir diese Scheißdinger von Zeit zu Zeit an Land ziehen, und sei es nur, um die Miete zu zahlen. Oder sollte ich sagen, unsere »Schulden zu zahlen«. Was dir anscheinend schwerfällt nachzuvollziehen. Ist aber nicht dein Fehler – oder der von irgendjemand anderem … sondern einfach nur ein Irrtum der Geschichte. Aber was zum Teufel …?

Befremdliche Töne in Aztlan
    29. April 1971
    die … ermordung … und wiederauferstehung des ruben salazar, betrieben vom los angeles county sheriff’s department … boshafte polarisierung & die herstellung eines märtyrers … schlechte nachrichten für mexiko-amerikaner … schlechtere nachrichten für die bullerei … und jetzt der neue chicano … reiten auf einer schlimmen neuen welle … der aufbruch der batos locos … brown power und eine faust voll rote … rüde politik im barrio … auf welcher seite stehst du … bruder? … eine neutrale mitte gibt es nicht mehr … kein versteck auf dem whittier boulevard … kein entkommen vor den helikoptern … keine hoffnung vor den gerichten … kein frieden mit der staatsgewalt … kein einfluss irgendwo … und kein licht am ende dieses tunnels … nada …
    In letzter Zeit war der Whittier Boulevard keine friedliche Straße. Und im Grunde ist er nie eine friedliche Straße gewesen. Whittier ist für das riesengroße Chicano-Barrio in East Los Angeles, was der Sunset Strip für Hollywood ist. Hier findet das Straßenleben statt: die Bars, die Stricher, die Abkocher, der Drogenmarkt, die Nutten – und auch die Krawalle, die Keilereien, die Morde, die Tränengasattacken, die gelegentlichen blutigen Zusammenstöße mit dem verhassten gemeinsamen Feind: den Cops, den Bullen, mit The Man, wie sie die blau verkleidete Armee Furcht einflößender Gabacho-Truppen des East L. A. Sheriff’s Department schimpften.
    Das Hotel Ashmun ist ein guter Standort, wenn man den Geschehnissen auf dem Whittier Boulevard hautnah beiwohnen möchte. Das Fenster von Zimmer 267 befindet sich nur fünf Meter über dem Gehsteig und nur wenige Blocks westlich vom Silver Dollar Café, einer unauffälligen Kneipe, die sich kaum von allen anderen in der Umgebung unterscheidet. Im hinteren Bereich steht ein Pooltisch, das Bier kostet einen Dollar, und die leicht angegammelte Chicano-Bardame würfelt mit den Gästen, um die Musikbox am Laufen zu halten. Wer die niedrigste Augenzahl würfelt, zahlt, und niemand scheint sich darum zu kümmern, wer die Musik auswählt.
    Wir waren vorher drin gewesen, als nicht besonders viel lief. Es war mein erster Besuch seit sechs Monaten, seit Anfang September, als dir in dem Laden noch die Reste von Tränengas in die Nase stiegen und dazu der Geruch von frischem Lack. Aber inzwischen, sechs Monate später, war das Silver Dollar schön ausgelüftet. Kein Blut mehr auf dem Boden, keine ominösen Löcher in der Decke. Die einzige Erinnerung an meinen damaligen Besuch war das Ding, das über der Kasse hing und das wir alle sofort bemerkten. Eine schwarze Gasmaske, die blind in den Raum starrte – und unter der Gasmaske befand sich ein handgeschriebenes Schild mit der lakonischen Aufschrift: »Zur Erinnerung an den 29. August 1970«.
    Nichts sonst, keine Erklärung. Aber Erklärungen waren auch nicht notwendig – zumindest nicht für diejenigen, die gewöhnlich ihr Bier im Silver Dollar trinken. Die Gäste sind aus der Nachbarschaft: Chicanos und Leute aus dem Barrio – und sie alle wissen sehr genau, was am 29. August 1970 im Silver Dollar Café geschah.
    Das war der Tag, an dem Ruben Salazar, der prominente »mexiko-amerikanische« Kolumnist der Los Angeles Times und Nachrichtendirektor der zweisprachigen Fernsehstation KMEX-TV die Kneipe betrat und sich auf einen Hocker nahe an der Tür setzte, um ein Bier zu bestellen, das er nie trinken sollte. Denn ungefähr in dem Augenblick, als die Bardame sein Bier über die Theke rutschen ließ, feuerte ein

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