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Die Romanow-Prophezeiung

Die Romanow-Prophezeiung

Titel: Die Romanow-Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: berry
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dem Staatsrat abgesegnet werden.«
    Baklanow nickte zustimmend. »Stolypins Philosophie. Man stutze die Duma auf ein schmückendes Beiwerk zurück, das die Politik der Regierung billigt und nicht etwa kontrolliert oder ausführt. Alle Macht dem Monarchen.«
    Petr Stolypin war einer der letzten Ministerpräsidenten von Nikolaus II. gewesen. Er hatte die zaristische Ordnung mit so harter Hand verteidigt, dass die Schlinge des Henkers, mit der er Bauernaufstände bestrafte, als »Stolypin-Krawatte« bezeichnet wurde und die Eisenbahnwaggons, in denen man politische Gefangene in die Verbannung nach Sibirien schickte, als »Stolypin-Wagen«. Am Ende war er vor der Kiewer Oper unter den Augen von Nikolaus II. von einem Revolutionär erschossen worden.
    »Vielleicht lässt sich aus Stolypins Schicksal ja etwas lernen?«, meinte Hayes.
    Baklanow antwortete nicht, doch sein bärtiges Gesicht ließ keinen Zweifel daran, dass er die Drohung verstanden hatte. »Wie wird der Staatsrat zusammengesetzt sein?«
    »Zur Hälfte gewählt, zur anderen Hälfte von Ihnen eingesetzt«, antwortete Lenin.
    »Als Versuch, ein demokratisches Element einzufügen«, erklärte Hayes. »Das macht sich in der Öffentlichkeit immer gut. Aber wir sorgen schon dafür, dass wir den Rat unter Kontrolle behalten. Was die Politik anbelangt, so hören Sie nur auf uns. Es hat verdammt viel Arbeit gekostet, alle für dieses Projekt zusammenzubringen. Sie stehen natürlich im Mittelpunkt, das ist uns klar. Diskretion ist zu unser aller Vorteil, und somit brauchen Sie keinen öffentlichen Beschuss von unserer Seite zu befürchten. Aber Ihr Gehorsam darf und wird nie in Frage stehen.«
    »Und wenn ich mich weigere, sobald ich erst einmal an der Macht bin?«
    »Dann geht es Ihnen wie Ihren Vorfahren«, entgegnete Lenin. »Wie war das noch mal? Iwan VI. brachte sein ganzes Leben in Einzelhaft zu. Peter II. wurde erschlagen, Paul der I. stranguliert, Alexander II. in die Luft gejagt, Nikolaus II. erschossen. Ihr Romanows habt in Bezug auf Attentate nie allzu viel Glück gehabt. Ein Tod, der Ihrem Rang angemessen ist, lässt sich jederzeit arrangieren. Dann werden wir ja sehen, ob der nächste Romanow kooperativer ist.«
    Baklanow sagte kein Wort. Er wandte sich lediglich wieder zu den in Dämmerlicht getauchten Wäldern um und knallte den Verschluss seines Gewehrs zu. Dann gab er dem Mann an der Wurfmaschine ein Zeichen.
    Eine Wurfscheibe stieg in die Luft.
    Er schoss. Daneben.
    »Oje«, meinte Chruschtschow. »Ich fürchte, an Ihrer Treffsicherheit werden wir noch arbeiten müssen.«
    12
    Moskau, 20.30 Uhr
     
    Lord war beunruhigt, dass Hayes so plötzlich die Stadt verlassen hatte. Er fühlte sich wohler, wenn sein Chef in der Nähe war. Nach den Ereignissen vom Vortag hatte sich seine Nervosität immer noch nicht gelegt, und Ilja Zenow war zum Schlafen nach Hause gegangen. Er wollte am nächsten Morgen um sieben im Foyer des Wolchow auf ihn warten. Lord hatte ihm versprechen müssen, auf seinem Zimmer zu bleiben, aber er fand keine Ruhe und beschloss, auf einen Drink ins Erdgeschoss zu gehen.
    Wie gewöhnlich saß am Ende des Korridors im dritten Stock eine ältere Frau hinter einer Art Schreibtisch, und es gab keine Möglichkeit, zu den Aufzügen zu gelangen, ohne an ihr vorbeizukommen. Sie war eine Deschurnaja – ein weiteres Überbleibsel aus der Sowjetära, als auf jedem Stockwerk eines jeden Hotels eine solche Frau gearbeitet hatte. Sie waren allesamt für den KGB tätig gewesen und hatten ihren Teil zur Überwachung ausländischer Gäste beigetragen. Jetzt waren sie nur noch bessere Dienstboten.
    »Sie gehen aus, Mr. Lord?«
    »Nur kurz in die Bar.«
    »Waren Sie heute in der Sitzung der Kommission?«
    Er hatte aus seiner Tätigkeit für die Kommission kein Geheimnis gemacht, denn schließlich war er Tag für Tag mit dem entsprechenden Anstecker an seinem Anzug gekommen und gegangen.
    Er nickte.
    »Wird man einen neuen Zaren für uns finden?«
    »Möchten Sie das denn?«
    »Von ganzem Herzen. Dieses Land muss zurück zu seinen Wurzeln.«
    Jetzt hatte sie ihn neugierig gemacht.
    »Wir sind ein großes Land, das nur allzu leicht seine Vergangenheit vergisst. Der Zar, ein Romanow, wird uns unsere Wurzeln zurückgeben.« Sie klang stolz.
    »Und wenn der Auserwählte kein Romanow ist?«
    »Dann funktioniert es nicht«, erklärte sie. »Sagen Sie diesen Leuten bitte, dass sie nicht einmal daran denken sollten. Das Volk will einen Romanow. Je näher er mit

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