Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rose der Highlands

Die Rose der Highlands

Titel: Die Rose der Highlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
denken lassen würde, wie sie in diesem Kleid an ihrem
einundvierzigsten Geburtstag vergeblich auf den Liebsten gewartet hatte. Sie
hatte es seitdem nicht mehr anziehen können. Ein neues hatte sie sich nicht
gekauft, weil sie ohnehin das ganze Jahr Schwarz getragen hatte. So blieb ihr
nur das traditionelle Kleid der Hochlanddamen. Sie trug es mit Stolz,
wenngleich sie in den Gesichtern der jungen Leute, die nun nach und nach in
Scatwell Castle eintrafen, beinahe so etwas wie Befremden lesen konnte. In
ihren Blicken war zu erkennen, dass es nicht mehr zeitgemäß war, sich in einem
karierten Abendkleid auf einem Fest zu zeigen.
    Allein Lord Fraser machte ihr ein Kompliment, von dem sie nicht
genau wusste, ob es ehrlich gemeint war oder eine versteckte Spitze enthielt.
    Â»Sie sehen heute Abend aus wie eine vornehme Lady, die ihren Clan
würdig vertritt. Sie könnten glatt die Ehefrau eines Clanführers sein.«
    Er lächelte dazu so charmant, dass sie sich kaum vorstellen mochte,
er habe sich mit dieser Bemerkung über sie lustig machen wollen.
    Doch es fiel ihr in diesem Augenblick auf, dass der Mund des Lords
lachte, während seine Augenpartie starr und unbeweglich blieb.
    Alle Augen wandten sich in Richtung der Treppe, als Isobel ihren
Auftritt hatte. Sie hielt den Kopf gerade, lächelte leicht, trug das Haar
hochgesteckt und hatte ein bodenlanges grünes Kleid an. Lili hatte es schon
einmal an ihr gesehen, aber mit dem prächtigen Schmuck, den sie dazu trug … Lili
erstarrte, als sie das glitzernde Schmuckstück, das Isobel um den Hals hatte,
erkannte. Es war die Collane.
    Bei dem Anblick wurde Lili blass. Es ist nicht rechtens, dass sie
den Orden wie eine ordinäre Kette angelegt hat, dachte sie, doch da war der
Lord schon auf seine zukünftige Braut zugetreten und küsste ihr die Hand.
    Â»Du siehst umwerfend aus«, raunte er und reichte ihr seinen Arm.
    Einige der jungen Damen kicherten verschämt.
    Lili blickte Hilfe suchend nach oben. Nun war es aber an der Zeit,
dass sich Rose endlich zeigte. Es konnte doch nicht ihr Ernst sein, ihre Gäste
im Stich zu lassen. Wie soll ich diese Horde Halbwüchsiger ohne Rose einen
ganzen Abend bei Laune halten, dachte Lili, als eine Gestalt auf der oberen
Treppenstufe sichtbar wurde.
    Gott sei Dank, durchfuhr es Lili, doch als sie noch einmal hinaufblickte,
konnte sie gerade noch einen spitzen Schrei unterdrücken.
    Was Rose am Leib trug, war cremefarben und ganz leicht durchsichtig.
Jedenfalls war im Gegenlicht ein Hauch ihrer weiblichen Silhouette in
Spitzenwäsche zu erkennen.
    Â»Das kann doch nicht sein«, entfuhr es Lili erschrocken. Rose war
offenbar in ihrem Nachthemd zum Fest erschienen. Einem Traum aus Seide, den
Dusten seiner Tochter einmal von einer Reise nach Frankreich mitgebracht hatte.
Damals war Rose dreizehn gewesen und hatte sich nicht einmal besonders über
dieses Geschenk gefreut. Lustlos hatte sie es den Eltern vorgeführt und
behauptet, sie sehe darin aus wie eine Matrone. Dusten hatte nicht die Spur
beleidigt reagiert. Im Gegenteil, er hatte sich köstlich über Roses langes
Gesicht amüsiert. Du sollst es auch noch gar nicht tragen. Warte bis du
sechzehn bist. Dann weißt du es bestimmt zu würdigen. Nur weiß ich doch nicht,
wann ich je wieder nach Paris komme! Als hätte Dusten damals schon geahnt, dass
er nie wieder nach Frankreich reisen würde, ging es Lili durch den Kopf. So
hatte dieses extravagante Nachtgewand jahrelang ein Dasein in einer Schachtel
gefristet, in der hintersten Ecke des Kleiderschrankes. Wie sie wohl gerade
heute darauf gekommen ist, es aus dem Schrank zu angeln und zum Fest
anzuziehen, fragte sich Lili. Sie wunderte sich selbst am meisten darüber, dass
sie nicht mit mehr Entrüstung reagierte. Es lag daran, dass es auf den zweiten
Blick wie ein ebenso gewagtes wie raffiniertes Abendkleid wirkte. Wenn man
nicht wusste, dass es ein Nachtgewand aus Paris war, würde man niemals auf den
Gedanken kommen, dass es kein Festkleid war. Vielmehr sah es so aus wie die
Abendroben, die die amerikanischen Stars trugen und sich damit in großer Pose
in Magazinen abbilden ließen. Es fehlte nur noch die Zigarettenspitze.
    Lili huschte ein Lächeln über das Gesicht. Insgeheim hatte sie
volles Verständnis für ihre Tochter und bewunderte sie für ihren
Einfallsreichtum, auch wenn bei deren Entscheidung sicherlich eine Menge Wut
mitgespielt

Weitere Kostenlose Bücher