Die Rose des Propheten 1 - Das Buch der Götter
Schwert noch Pfeil, sondern – ein Paar violette Augen. Rote aufgeworfene Lippen verwundeten Sond zu tief, um jemals wieder zu gesunden. Weiße weiche Brüste, die sich gegen sein Fleisch preßten, zwangen ihn zur bedingungslosen Kapitulation.
Von nun an wurde Sond niemals mehr zwischen den Eukalyptusbäumen der anderen Wolkengärten gesehen. Andere Dschinnias warteten und seufzten vergeblich nach ihrem Liebhaber.
Der Name der einen lautete Nedjma, was ›Der Stern‹ bedeutete, und sie war das Licht seines Herzens, seiner Seele und seines Lebens.
In eben dieser Nacht hatte sich Nedjmas Gebieter – ein ältlicher Dschinn, der sich noch an die Erschaffung der Welt erinnerte (oder zumindest behauptete) – bereits eine gute Stunde in seinem mit Seidenkissen bestückten Bett aufgehalten. Seine derzeitige Favoritin lag bei ihm, was für sie aber nur bedeutete, einen langweiligen Abend beim Schnarchkonzert des alten Dschinns zu verbringen. Die übrigen Dschinnias blieben im Serail, wo sie eifrig schwatzten und Geschichten erzählten, sich Glücksspielen widmeten oder, wenn sie wirklich Glück hatten, sich zu den aufregenderen Spielen der Liebe von dannen schlichen.
Nedjma ging hinaus, um frische Luft zu schnappen, zumindest hatte sie das den Wachen erzählt. Von denen mochte es dem einen oder anderen seltsam vorgekommen sein, daß man nicht nahe beim Palast frische Luft atmen konnte, sondern nur im dunkelsten Teil des Gartens, der von den Gemächern ihres Meisters am weitesten entfernt lag. Dort, an jenem zurückgezogenen Ort, spiegelte ein Teich, so tief und dunkel wie Nedjmas Augen, das Licht der Sterne und des vollen Mondes wider. Der Eukalyptus würzte den sanften Nachtwind mit seinem Duft, der sich mit dem der Rosen und der Orangenblüten vermischte.
Nedjma schaute aufmerksam umher, wobei sie natürlich nicht erwartete, wirklich jemandem zu begegnen, da hier niemals jemand herkam. Mit dem sicheren Gefühl, allein zu sein, ließ sie sich anmutig auf der Marmoreinfassung des Teichs nieder. Während sie sich über den Rand lehnte, zog sie träge die Hand durch das Wasser und versetzte dabei die Goldfische in helle Aufregung.
Ihr Anblick war so schön wie die Nacht selbst. Beinkleider aus glänzender Gaze, so fein gewebt wie ein Spinnennetz, umspielten die Linien ihrer wohlgeformten Glieder. Ein juwelenbesetzter Gürtel umfaßte den durchscheinenden Stoff an ihrer Taille, wobei ihr muschelweißer Bauch unbedeckt blieb. Die zierlichen Füße waren mit Juwelen geschmückt und ihre Sohlen mit Henna rot gefärbt. Sie trug das üppige honigfarbene Haar locker um den Kopf geschlungen, und man konnte ihr bezauberndes Gesicht durch die weichen Falten eines golddurchwirkten Schleiers erkennen.
Nedjma war so sehr in die Betrachtung des Wassers, der Fische oder vielleicht ihrer eigenen beringten Hand versunken, daß sie nicht merkte, daß ihre Brüste in dem engen Mieder eine Verheißung, ihre weichen Lippen eine Versuchung und ihre süße Stimme eine Einladung darstellten.
Nedjma war äußerst überrascht, zwischen den Gardenien nahe der Mauer, die den Garten umgab, ein Rascheln zu hören. Sie hob den Kopf und schaute mit geröteten Wangen verwirrt umher; dabei zitterte sie am ganzen Körper.
»Wer ist da?« rief sie.
»Der, auf den du gewartet hast«, antwortete eine tiefe Stimme von der Mauer her.
»Sond!« stieß Nedjma empört hervor und zog ihren Schleier enger um das Gesicht. Mit Augen, die wie der Stern funkelten, nach dem sie benannt war, spähte sie zur Mauer hinüber. »Wie konntest du so kühn sein? Als ob ich auf dich oder auf irgendeinen anderen Mann gewartet hätte«, fuhr sie hochmütig fort, während sie sich mit der Grazie einer Weide im Wind erhob. »Ich kam hierher, um die Schönheiten der Nacht zu genießen…«
»Oh, das war auch mein Verlangen«, erwiderte Sond und glitt durch die Schatten der Blätter hervor.
In zauberhafter Verwirrung senkte sie den Blick und wandte sich zum Gehen, wobei sie wie zufällig ihre kleine Hand hinter sich ausstreckte. Sond ergriff die Hand und zog Nedjma, ohne auf allzuviel Widerstand zu stoßen, in die starken Arme. Eng an die muskulöse Brust des Dschinns gedrückt, hätte Nedjma sich wie häufig wehren und nach Hilfe rufen können, doch Sond war heute nacht anders als sonst. Das Feuer einer wilden Leidenschaft glomm in seinen Augen, ein Feuer, das kaum zu löschen war.
In der hitzigen Umarmung des Dschinns schmolz Nedjma dahin, sie schloß die Augen, legte den
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