Die Rose von Asturien
Mal, seit sie das Schlachtfeld in der Schlucht verlassen hatte, vermochte sie sich zu entspannen. Nach wenigen Augenblicken aber sah sie das vielfache Sterben wieder deutlich vor sich und fühlte sich wie in Blut getaucht. Sie unterdrückte die Schreie, die in ihr aufstiegen, und versuchte, sich ganz dem reinigenden Bad hinzugeben. Tatsächlich wurde sie unter den geschickten Händen der Sklavinnen, die sie mit ihren Schwämmen massierten, langsam ruhiger und dämmerte schließlich weg. Sie merkte noch, wie die Frauen ihre Haare wuschen und ausbürsteten, wurde aber erst wieder wach, als diese sie aus der Wanne hoben, um sie abzutrocknen. Als die Sklavinnen versuchten, ihre Schambehaarung zu entfernen, wurde es ihr jedoch zu viel.
»Lasst das!«, fuhr sie die Frauen an.
Diese begriffen zunächst nicht, weshalb ihr Gast sich so sträubte, und eine schüttelte entsetzt den Kopf. »Aber Herrin, wie willst du deinen Herrn empfangen, wenn dieses Gestrüpp seinem Vergnügen im Wege steht?«
»Ich bin mein eigener Herr, und es gibt auch keinen Mann, den ich zu mir lassen würde.« Maite schob die Hände der Frauen resolut zurück und wollte nach ihren Kleidern greifen. Die wurden ihr sofort wieder von einer der Sklavinnen entrissen.
»Herrin, dein Gewand muss dringend gewaschen werden. Es ist schmutzig und riecht nach Pferd und Schweiß.«
»Das ist nun mal so, wenn man längere Zeit im Sattel sitzt.« Maite ließ es schließlich zu, dass ihr die Frauen ein anderes Gewand reichten. Es bestand aus weißer Seide und schmiegte sich angenehm an ihren Leib. Allerdings war der Stoff sehr dünn und gab mehr von ihr preis, als ihr lieb war. Nach kurzem Zögern sagte Maite sich jedoch, dass kein Mann sie hier zu sehen bekommen würde, und verließ die Badestube, um sich zu Ermengilda zu gesellen.
Diese saß auf dem Diwan, hielt die Augen geschlossen und weinte.
Maite sprach sie an. »Betrauerst du dein Schicksal? Das solltest du nicht tun, denn für dich wird sich alles zum Guten wenden.«
Ermengilda drehte den Kopf in ihre Richtung und öffnete die Augen. »Bleib du mir vom Leib!«
»Was soll das? Ich habe dir doch gar nichts getan!«
»Du hast nichts getan?« Ermengildas Stimme klang schrill, und dann lachte sie so grässlich, dass Maite an ihrem Verstand zweifelte.
»Was ist mit den Toten in Roncesvalles? Du hast sie zusammen mit den anderen Bergräubern hingeschlachtet. Alle sind tot, Philibert, Roland, Eward! Selbst Hildiger hätte ich keinen solch grausamen Tod gewünscht. Den armen Konrad schleppt ihr als Gefangenen mit euch und quält ihn unsäglich. Quäle mich doch auch, dann ist deine Rache vollkommen.«
»Welche Rache?«, fragte Maite verdattert.
»Die Rache für den Tod deines Vaters. Das hast du doch geschworen, nicht wahr? Deshalb hast du mich doch damals überfallen und gefangen genommen. Jetzt befinde ich mich wieder in deiner Gewalt. Komm, schlage mich! Töte mich! Dann liegt es endlich hinter mir.«
»Du bist verrückt!« Maite packte sie und wollte sie durchschütteln.
Doch Ermengilda machte sich frei und schlug ihr mit aller Kraft ins Gesicht. »Hier hast du noch einen Grund, mich zu martern und umzubringen!«, schrie sie mit sich überschlagender Stimme und wollte Maite das Gesicht zerkratzen.
Die Waskonin musste alle Kraft aufwenden, um sich die Tobende vom Leib zu halten. Die Sklavinnen vernahmen den Lärm und stürzten herein. Als deren Bitten, doch Ruhe zu geben, nichts fruchteten, zerrten sie die beiden auseinander. Zuletzt fesselten sie Ermengilda mit Seidenbändern, um diese daran zu hindern, erneut auf Maite loszugehen. Danach betrachteten sie ihre Gäste und schüttelten den Kopf. Die Haare der beiden jungen Frauen waren zerzaust; über Maites Wange zog sich eine lange, rote Schramme, die von Ermengildas Fingernägeln herrührte, und ihr Seidenkleid wies einen hässlichen Riss auf.
Erschüttert von Ermengildas Hassausbruch, setzte Maite sich auf den Diwan. Glaubte die Asturierin wirklich, ihr hätte es Freude gemacht, die Franken in die Falle zu locken und zu töten? Es lag ihr schwer genug auf der Seele, dass sie Philibert nicht hatte retten können und Konrad durch ihr Dazwischentreten nun hilflos seinem Feind ausgeliefert war.
Am liebsten hätte sie Ermengilda gepackt und ihr dies ins Gesicht geschrien. Aber da die Asturierin sich beruhigt zu haben schien und nur noch still vor sich hin weinte, ließ sie es sein.
Nach einer Weile richtete Ermengilda sich auf, soweit es ihre
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