Die Rose von Asturien
Gespräch um Ermengilda drehte. Wie es aussah, waren die Favoritinnen des Emirs nicht gerade begeistert über diesen Zuwachs, und ihre Dienerinnen hetzten fleißig mit.
Mit der Missgunst der anderen Frauen würde Ermengilda ebenfalls fertig werden müssen, dachte Maite. Wenn es der Asturierin nicht gelang, das Interesse Abd ar-Rahmans auf Dauer zu gewinnen oder ihm einen Sohn zu gebären, würde sie hier sehr einsam sein.
Der kühle Luftzug, der vom Garten heraufwehte, erinnerte Maite daran, dass sie noch immer nackt war. Ärgerlich machte sie sich auf die Suche nach etwas, womit sie sich bedecken konnte, doch die Sklavinnen hatten sowohl ihre Reisekleider wie auch das Gewand, das für sie bestimmt gewesen war, mitgenommen. Daher blieb Maite nichts anderes übrig, als die Kissen wieder einzusammeln, sie um sich herum aufzustapeln und sich ihrem Zorn hinzugeben.
15.
E
rmengilda hatte gehofft, bei Maite bleiben und mit ihr reden zu können. Doch ein Eunuch fasste sie am Arm und führte sie durch mehrere Korridore in einen Raum, den ein großes, bequemaussehendes Bett beinahe zur Gänze einnahm. An der Wand stand ein kleines Tischchen mit Beinen aus Ebenholz und einer Platte aus gehämmertem Silber, darauf waren ein silberner Krug und zwei Becher aus dem gleichen Metall.
»Setz dich!«, sagte der Eunuch.
Mit einem wehen Seufzer gehorchte Ermengilda. Da sie Durst verspürte, streckte sie die Hand aus, um sich aus dem Krug einzuschenken. Da packte der Eunuch sie am Arm.
»Du wirst erst trinken, wenn der Herr erscheint und selbst etwas zu trinken verlangt!«
»Aber ich habe einen ganz trockenen Mund«, protestierte Ermengilda.
Der Eunuch schüttelte den Kopf. »Du wirst warten. Der Herr soll nicht in seinem Vergnügen beeinträchtigt werden, weil deine Blase zu voll ist!« Damit drehte er sich um und ging.
Ermengilda sah ihm nach, bis er die Tür hinter sich schloss und den Riegel vorschob. Jetzt war sie allein und dazu verurteilt, die Beute eines ihr unbekannten Mannes zu werden. Sie musste an all die Tage denken, an denen ihr gefallener Ehemann diese Dienste von ihr verlangt hatte. Es hatte ihr zwar nicht zugesagt, doch war es ihre Pflicht gewesen, Eward zu gehorchen.
Die Zeit verging, und zuletzt wusste Ermengilda nicht mehr, wie lange sie schon hier saß und wartete. Was war, wenn der Emir heute nicht erschien? Würde man sie verdursten lassen?, fragte sie sich mit einem Anflug von Galgenhumor und beschloss, selbst in dem Fall nichts von dem Sorbet zu trinken. Vielleicht konnte sie auf diese Weise ihrem Leben ein Ende bereiten.
Das Geräusch, mit dem der Riegel zurückgezogen wurde, ließ sie aufhorchen. Die Tür öffnete sich, und ein Mann trat herein. Er war nur wenig größer als sie, schlank und hatte angenehme Gesichtszüge. Das Kinn zierte ein gestutzter Vollbart, und sein Blick erinnerte sie an den eines Falken. Sein Alter schätztesie auf vierzig bis fünfzig, doch er bewegte sich mit einer Geschmeidigkeit, die viele Jüngere beschämt hätte. Bekleidet war er mit einem weiten, weißen Hemd, das fast bis auf den Boden reichte, sowie mit einem ebenfalls weißen Mantel. Seine nackten Füße steckten in bestickten und vorne spitz nach oben gebogenen Pantoffeln, und auf seinem Kopf saß ein eng gedrehter Turban, den eine Agraffe mit einem großen, kunstvoll geschliffenen Smaragd zierte.
Abd ar-Rahman, der Emir von Córdoba und Herr von al Andalus, war auf den ersten Blick kein Mann, vor dem eine junge Frau zurückschrecken musste. Ermengilda fühlte sich dennoch beklommen, und das umso mehr, als er sie auf Arabisch ansprach. Sie hatte diese Sprache zwar vor Jahren erlernt, doch jetzt war ihr Kopf wie leergefegt, und sie brachte nicht einmal eine einfache Grußformel zustande.
Abd ar-Rahman betrachtete die Frau nun erstmals von nahem, die er sich sowohl von Roderich selbst wie auch von Eneko als Tribut ausbedungen hatte, und war entzückt. Ermengilda erschien ihm noch schöner, als er es nach dem ersten kurzen Blick auf sie erwartet hatte.
Er lächelte und wies auf die Silberkanne. »Du darfst mir einschenken, mein Kind, und dir ebenfalls.«
Als Ermengilda es tat, bewunderte er die Harmonie ihrer Bewegungen und sagte sich, dass er sich glücklich schätzen durfte, diese Frau sein Eigen zu nennen.
»Du bist groß und dennoch anmutig wie die Huris des Paradieses. Ich habe andere Frauen deiner Größe immer als ungelenk empfunden. Aber du bist vollkommen wie die Schöpfung Allahs.«
Bis zu diesem
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