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Die Rose von Darjeeling - Roman

Die Rose von Darjeeling - Roman

Titel: Die Rose von Darjeeling - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Lott
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harzig-würzig, ein bisschen wie Weihrauch.
    Ein leises Geräusch ließ die junge Frau zusammenfahren. Sie wandte sich um. Carl und Gustav. Sie mussten sie wohl doch gehört haben und nahmen sie nun schweigend in ihre Mitte.
    Kathryn lächelte die Männer unter Tränen an. Blickte wieder zum Horizont. Die Wasserfälle und Flüsse in der Ferne schimmerten wie Silberadern.
    »Ich weiß, dass ich nie wieder im Leben etwas Schöneres sehen werde«, flüsterte Kathryn.
    Carl nahm ihre Hand, Gustav ergriff die andere. Mit allen Sinnen empfingen sie die Magie der Natur.
    Nach einer Weile begann Kathryn, vor Kälte zu zittern. »Geh wieder in dein Zelt«, sagte Gustav leise. »Du wirst dich erkälten.«
    Sie schüttelte den Kopf. Sie wollte noch nicht, dass es vorüber wäre.
    Carl ging fort. Gustav nahm nun auch Kathryns andere Hand, legte beide zusammen und pustete hinein. Sie ließ es sich widerspruchslos gefallen. Gustavs Atem löste wohlige Schauer in ihr aus.
    Carl kehrte zurück und stellte sich hinter sie. Er breitete seinen offenen Schlafsack über Kathryns und Gustavs Schultern. Ganz selbstverständlich schmiegte er seinen Kopf von hinten an Kathryns Hals und legte eine Hand wärmend in Gustavs Nacken. Der Freund zuckte überrascht zusammen, doch dann entspannte er sich.
    Jeder spürte das Glück des anderen.

Ammerland
    April 2010
    Am Tag vor ihrem Treffen mit dem englischen Journalisten begleitete Julia Jonas ihre Mutter zu einem Arzttermin nach Bad Zwischenahn. Sie nutzte die Zeit, um kurz in die Boutiquen zu schauen. Sie hatte so gar nichts Schickes mehr und kaufte sich einen langen, blau-beige gemusterten Seidenschal, den sie lässig um den Hals schlagen konnte. Nicht dass sie diesen Max Whitewater beeindrucken wollte, nein. Aber sie musste schließlich die Junggärtner angemessen repräsentieren. Sie hatte seit der Sache mit Lutz erst mal die Nase voll von Männern. Das Einzige, was sie interessierte, waren der Betrieb und die Rhododendronkultur. Sie hätte dem Engländer begegnen können, wenn sie nur zweihundert Meter weiter aus der Fußgängerzone heraus und ins Museumsdorf gegangen wäre. Dort absolvierte zur gleichen Zeit ein ziemlich verwirrter und aufgewühlter junger Mann das klassische Touristenbesichtigungsprogramm: das große reetgedeckte Ammerländer Museumsbauernhaus, in dem es dunkel war und nach Buchenholzrauch roch. Besuchergruppen schoben über den gestampften Lehmboden und bewunderten den köstlichen »Himmel«. Hoch überm offenen Herdfeuer in der Tenne hingen Hunderte von Schinken und Würsten zum Reifen im Rauch.
    »Das sind unsere Spezialitäten, meine Herrschaften«, hörte Max, »das dürfen Sie sich nicht entgehen lassen. Ebenso wenig wie den Ammerländer Smoortaal, am besten gleich nebenan im alten Kornspeicher, der seit Jahrzehnten eine urige Speisegaststätte ist.«
    Im kleinen Wohntrakt vorn im Bauernhaus demonstrierte eine Frau an einem Webstuhl, wie früher die Aussteuer gefertigt wurde. Rote Geranien leuchteten vor den Butzenfenstern, in der Küche warf Max einen Blick in die Schrankbetten, sogenannte Alkoven. Er stellte sich vor, mit Julia darin zu kuscheln, während das Herdfeuer prasselte …
    Max ließ sich mit der Gruppe treiben – durch den Bauerngarten, in dem niedrige Buchshecken Blumen- und Gemüsebeete umgrenzten und in dessen Mitte eine Rosenkugel blitzte, in der sich die ganze Welt spiegelte. Am Rand stand eine Gartenbank zum Ausruhen.
    Mit einem verträumten Lächeln schlenderte er weiter über eine grüne Rasenfläche am Ufer des Zwischenahner Meeres zur Windmühle. Weiße Ausflugsdampfer und Segelschiffe verliehen dem Kurbad Sommerfrischenatmosphäre. Zwei ältere Damen betrachteten sehr aufmerksam einen blühenden Rhododendron. Max hörte, wie die eine andächtig sagte: »Manche Blütenblätter schimmern so zart und durchscheinend, dass man sich wundert, wie sie die dunklen Sprenkel darauf tragen können.«
    Diesen Satz schrieb Max sich auf, vielleicht konnte er damit bei Julia Eindruck machen.
    Er checkte sein Handy, Julia hatte noch nicht versucht, ihn zu erreichen. Immer noch war er peinlich berührt, wenn er an das lächerliche Gestolpere bei ihrem ersten Zusammentreffen dachte. Dass ausgerechnet ihm das passiert war! Ihm, dem alle Gesellschaftsreporterinnen stets zuerst einen umwerfenden jungenhaften Charme attestierten! Normalerweise brachte er sie problemlos zum Dahinschmelzen. Bislang hatte er noch jede bekommen, die er wollte. Er hoffte, dass er das

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