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Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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persönlich?«
    »So ziemlich. Er steht in der Kreisstadt und kam nach Steinertsgrün auf Urlaub. Sein Vater ist jetzt stolz auf ihn und hat sich völlig mit ihm ausgesöhnt. Dort hat er ‘mal die Martha vom Feldhof gesehn, die da Gevatter war, und ist ihretweg’n herüber ‘kommen auf ein paar Tag’. Da ist’s gar sauber hergegangen in der Schenk; das Madel hat ihn net angesehn, und weil er da nun abziehn mußt’, wird er jetzt die Gelegenheit ergreif’n, den Versuch nochmals zu mach’n.«
    »Das wird ihm der Feldbauer schon verleid’n!«
    »Wer weiß! Der Buschhof in Steinertsgrün, der ‘mal nur unter Zwei’n getheilt wird, ist seine sechzigtausend Thaler werth unter Brüdern, und sodann kann man ja net in die Verhältniss’ blick’n, die bei solcher Sach’ den Vorschub leist’n. Mich geht’s nix an; die Hauptsach’ ist, daß wir den Waldkönig los werd’n, und dazu sind nun alle Zügel angespannt. Auch das Waff’nverbot ist da. Wer mit Messer oder sonst’gem Gewehr in Wald und Flur betroff’n wird, kommt sofort zur Arretur, und greift er zur Waff’, wird er augenblicklich niedergeschoss’n.«
    »Wie nun, wenn ich durch den Wald geh und das Pistol bei mir trag’ zur Vertheidigung, falls ich angegriff’n werd’?«
    »So mußt’ den Waff’npaß lös’n. Doch willst’ das net, so bin ich ja da! Dein Bruder ist, als ich noch Substitut hier war, fast täglich mit uns ins Revier gegangen. Kannst’s auch so halt’n, und bist allein ‘mal drauß’n, so verantwort ich das Gewehr.«
    »Ich nehm’ das an, Förster, denn ohne Waff’ geh ich net in den Wald von weg’n dem Haß, den der Waldkönig auf uns geworf’n hat.«
    Zu Hause fand er die Mutter schon beschäftigt, sich auf die unterdessen angesagte Einquartierung vorzubereiten. Der Bachhof bekam zwei Mann, die am andern Tag eintrafen und eine Stube zugetheilt erhielten: der Feldwebel, der wirklich der Sohn des Buschbauers war, kam auf den Feldhof, und die Uebrigen wurden je nach dem Vermögen der Einwohnerschaft über das Dorf vertheilt.
    Von jetzt ab machte sich eine rege Geschäftigkeit im Orte bemerkbar. Der Buschwebel rasselte mit seinem Schlepper auf und ab, drehte den Bart und brüstete sich wie ein General; seine Untergebenen folgten diesem Beispiele, und die Bauern ergaben sich mit Vergnügen unter den militärischen Pantoffel, denn sie hofften von ihm Befreiung von dem Unwesen der Pascher und Wilderer, und genossen dabei das ihnen so seltene Vergnügen, mit Uniformen verkehren zu können.
    Dabei muß allerdings gesagt werden, daß das Kommando in dienstlicher Beziehung seine volle Schuldigkeit that. Der Tag war in regelmäßige Wachen getheilt, und es gab keinen Augenblick, in welchem die Grenze nicht unter der aufmerksamsten Aufsicht stand. Dieses hatte wenigstens den negativen Erfolg, daß der Waldkönig seine Manipulationen einstellte, vielleicht zu dem Zwecke, die Gegner erst gehörig kennen zu lernen und sie dabei einzuschläfern.
    So war der Sonntag wieder gekommen, und es gab nach dem Gottesdienste auf dem Kirchhof doppelt so viel Gesprächsstoff als gewöhnlich. Frieder war heut keine neue Erscheinung mehr, und er konnte nach dem Grabe des Bruders gehen, ohne die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Was er halb gewünscht und halb geahnt hatte, das traf ein: Martha saß auf der Bank, grad wie vor acht Tagen. Er hatte sie seit dem Sonntagsabend nicht wieder gesehen und empfand über die Begegnung eine Freude, die sie deutlich in seinen Zügen lesen konnte.
    »Martha, ‘bist auch hier? Grüß Gott!«
    »Grüß Gott, Frieder! Ich dacht’ net, daß Du auch heut’ zum Grabe kämst.«
    Frieder lächelte glücklich bei dieser vom weiblichen Zartgefühle diktirten Entschuldigung und bot ihr die Hand.
    »Also gehst’ blos dahin, wo Du meinst, daß ich net bin! Drum bist’ auch diese ganze Woch’ net zu uns herein’kommen.«
    »Ich war net ein einzig’ Mal im Dorf. Ich konnt’ net fort weg’n der Einquartirung, die uns gar sehr zu schaff’n macht. Der Vater ist ganz ausgewechselt. Er geht erst spät schlaf’n und sitzt mit dem Feldwebel so fest beim Wein oder Bier, daß ich net fort kann.«
    »Also geht er net mehr um Acht zur Ruh?«
    »Seit der Buschwebel da ist, nein. Heut’ aber hat er’s gleich früh gesagt, daß er wieder ‘mal gehörig ausschlaf’n will. Der Webel ist net da am Abend, denn es gibt einen Fang.«
    »Wie so?«
    »Einer der Soldat’n hat in der Früh’ auf dem Heimweg ein Billet

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