Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)
gezogene Gepäckkutsche mit der rotgoldenen Plane in den Hof des Hauses in der Friday Street einbog. Er wunderte sich, dass Ida nicht auf ihrer goldenen Stute saß, denn sie war eine gute Reiterin und überließ das Kutscheninnere für gewöhnlich ihren Zofen und den Kindern. Hugh ritt an der Seite der Ritter und Sergeanten. Er hielt sich kerzengerade, seine Haltung verriet den geborenen Reiter. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen tat er so, als gehöre er zu den Männer, die die Kutsche bewachten,
was Roger ein stolzes, leicht belustigtes Lächeln entlockte.
»Papa!« Hugh schwang ein Bein über den Sattel, sprang von seinem Pony und rannte auf Roger zu, besann sich dann aber auf seine Manieren, blieb stehen und verbeugte sich schwungvoll. Roger verneigte sich ebenfalls, dann zauste er seinem Erben lachend die blonden Locken.
»Es tut gut, dich zu sehen«, sagte er. »Ich habe euch alle vermisst. Du reitest ja schon wie ein richtiger Ritter. Wie ich sehe, hast du fleißig geübt.«
Hugh warf sich in die Brust und strahlte.
»Wo sind deine Mutter und deine Schwestern?«
»In der Kutsche. Mama ging es nicht gut, aber jetzt fühlt sie sich schon viel besser. Sie ist krank geworden, als sie von dem Tod des Königs erfuhr.«
Roger nahm die Information mit hochgezogenen Brauen zur Kenntnis, sagte aber nichts. Henrys Tod war für ihn nicht überraschend gekommen, weil er in Westminster schon gehört hatte, dass er diesmal ernsthaft erkrankt war. Er selbst hatte Erleichterung empfunden. Endlich konnte die Vergangenheit wie altes Stroh weggefegt, in die Mistgrube geworfen und ein neuer Anfang gemacht werden. Er ging zu der Kutsche hinüber. Sein Diener war Ida beim Aussteigen behilflich. Roger forschte im Gesicht seiner Frau, als er ihre Hand ergriff. Sie war blass und lächelte matt, hatte aber einen frohen Ausdruck in den Augen, als sie bereitwillig seinen Kuss erwiderte.
»Hugh sagte, du warst krank«, begann er.
Sie nickte.
»Eine Magenverstimmung und ein Fieber, das einen Tag und eine Nacht dauerte. Marguerite hatte es unterwegs auch, aber jetzt geht es ihr besser.«
Der Rest der Familie stieg aus der Kutsche, gefolgt von Idas
Zofen. Er küsste seine Töchter und staunte darüber, wie sehr das Baby seit Idas Aussegnung gewachsen war.
»Du hast meine Nachricht erhalten?« Er ging mit ihr auf das Haus zu. Die Diener luden das Gepäck aus, während die Stallburschen die Pferde versorgten. Hugh hatte einen Stock gefunden und tobte mit den Hunden seines Vaters über den Hof. Marie hüpfte auf ihn zu, um sich an dem Spiel zu beteiligen, und die Kinderfrauen brachten Marguerite und das Baby ins Haus.
»Ja«, erwiderte Ida. »Ich habe für die Seele des Königs gebetet und angeordnet, dass Totenwachen gehalten und Messen gelesen werden.«
Roger entging nicht, wie schnell und atemlos sie die Worte hervorstieß. Es konnte daran liegen, dass sie mit den Tränen kämpfte, aber auch eine Nachwirkung ihrer Krankheit und der Reise sein.
»Ich habe auch für Messen bezahlt«, gab er zurück. »Alles sollte seinen geregelten Gang gehen.« Weil wir es dann endlich abhaken und hinter uns lassen können, dachte er, sprach es aber nicht laut aus.
Ida gab keine Antwort, sondern senkte den Blick und lehnte sich an ihn, als suche sie Halt.
Er geleitete sie in sein Studierzimmer, wo der Haushofmeister Erfrischungen bereitgestellt hatte, und beschloss, ihr zu verschweigen, dass Henry alleine gestorben war, seine Diener sofort danach die Kammer ausgeplündert hatten und noch nicht einmal davor zurückgeschreckt waren, die Bettdecken zu stehlen, sodass der nackte, mit Totenflecken übersäte Leichnam des Königs schutzlos den Blicken sensationsgieriger Gaffer ausgeliefert gewesen war. Da er ihr weiches Herz und ihre Beziehung zu Henry kannte, wusste er, wie sehr solche Enthüllungen sie treffen würden. Er hatte dem König keine Liebe entgegengebracht,
aber als er erfahren hatte, was geschehen war, hatte er sich trotzdem zutiefst abgestoßen gefühlt. Stattdessen erzählte er ihr, dass Henry von seinen Rittern zeremoniell bestattet worden war und Richard dem Begräbnis beigewohnt hatte.
»Richard wird frühestens im August zurück in England sein, und er ist immer noch entschlossen, sich auf diesen Kreuzzug zu begeben. Er hat den schriftlichen Befehl geschickt, den Hausarrest der Königin aufzuheben, und ich zweifle nicht daran, dass sie sich in Zukunft aktiv an den Regierungsgeschäften beteiligen wird. Ich habe gestern eine
Weitere Kostenlose Bücher