Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)
aber er begriff scheinbar, dass ihm keine andere Wahl blieb.
»Tut, was Ihr wollt, aber tragt dann auch die Konsequenzen. Und Ihr werdet nicht für mich sprechen. Das soll Arundel tun, er hat wenigstens nicht die Zunge eines Schwaflers.«
Die letzte Bemerkung nagte an Roger. Er war stolz auf seine klaren, neutralen und sachlichen Reden. Wenn jemand ein Schwafler war, dann der Mann, der ihn beschuldigte. Doch er beherrschte sich und schwieg. Wenigstens würde er Longchamps unangenehmer Gesellschaft entfliehen können. Arundels Gesicht blieb ausdruckslos, aber Roger vermutete, dass er gleichfalls froh war, den Kanzler loszuwerden.
Endlich machte sich Longchamp, eskortiert von de Braose, de Warenne und einer Truppe von Flamen, auf den Rückweg nach Windsor, während Roger, Arundel und der Bischof von London zu dem vereinbarten Treffpunkt ritten.
Auf der anderen Seite der Brücke erwartete sie ein Meer von Zelten und Pavillons, und als Roger durch das Lager ritt, erkannte
er die Kirchenbanner der Bischöfe von Lincoln, Winchester, Bath und Coventry sowie die Farben von Marshal, Salisbury und anderen Co-Justiciaren.
Arundel schnitt eine Grimasse.
»Ich wäre jetzt lieber nicht hier.«
Roger nickte zustimmend.
»Aber es gibt kein Zurück. Betrachtet es als Eure Pflicht und lasst Euch nicht in Diskussionen verstricken. Wir dienen Richard, nicht Longchamp – und auch nicht John, auch wenn er die Sache noch so sehr aufbauscht.«
Roger nahm seinen Hut ab und ließ sich seufzend auf seinem Bett in einer der Gästekammern der Abtei Reading sinken. Von der Matratze stieg der Duft frischen Heus auf. Ein Schaffell diente als Unterlage, darauf lagen Leinenlaken und eine Wolldecke. Einige Keramiklampen beleuchteten den Raum. Roger war dankbar für die heimelige Gemütlichkeit. Nach einer angespannten Diskussion hatte er sich entschlossen, hier zu übernachten, statt nach Windsor zurückzureiten. Für den morgigen Tag war nahe Windsor ein weiteres Treffen anberaumt worden. Entweder stellte sich Longchamp den gegen ihn erhobenen Beschuldigungen, oder es würde ein Krieg ausbrechen.
Roger fuhr sich mit der Hand durch das Haar. Arundel hatte sein Bestes getan, aber es hatte keine Rechtfertigung für die an dem Erzbischof von York, dem Halbbruder des Königs, begangenen gewalttätigen Handlungen und die Behinderung der legitimen Arbeit der Co-Justiciare gegeben. Walter de Coutances, der Erzbischof von Rouen, hatte mittels eines Briefes des Königs, der ihn ermächtigte, Longchamp abzusetzen und das Amt des Obersten Justiciars selbst zu übernehmen, falls sich der Kanzler weiterhin unkooperativ zeigte, zum tödlichen Streich ausgeholt.
Roger blickte auf, als sich William Marshal unter dem Türbogen hinwegduckte. Zuvor hatten sie Seite an Seite am Beratungstisch in de Coutances’ Pavillon gesessen und versucht, auf einem unheilvollen Weg, der ins Verderben führte, Halt zu finden.
»Longchamp wird nicht nachgeben, nicht wahr?«, sagte William ohne Einleitung, als er in die Kammer trat. Für einen Mann seiner Statur bewegte er sich erstaunlich anmutig.
»Ich bezweifle es«, gab Roger düster zurück. »Er ist wirklich davon überzeugt, nach dem Willen des Königs zu handeln, und meint, dass jeder, der anders denkt, ihm Steine in den Weg legen will.«
»De Coutances’ Brief dürfte ihn eines Besseren belehren.«
Roger hob die Hände.
»Er wird behaupten, Richard sei falsch beraten worden und er sei der Einzige, dem das Wohl des Königs am Herzen liege.«
»An welchem Herzen?« William warf Roger einen vielsagenden Blick zu. »Ich kenne den König gut. Er ist weder naiv noch vertrauensselig, aber er hat seine Schwächen wie wir alle, und Longchamp ist eine davon.«
»Der Kanzler ist ein Meister darin, Pläne zum Geldeintreiben zu schmieden«, meinte Roger. »Er verspricht dem König Reichtum und Macht, aber das ist nur eine Illusion – wie die Zaubertricks, die ich meinem Sohn vorführe und einen Penny zwischen meinen Fingern verschwinden lasse. Richard braucht Geld, also gaukelt ihm Longchamp Bilder von überquellenden Schatztruhen vor, zu denen er ihm verhelfen will. Wäre ihm nicht der Besitz des königlichen Siegels zu Kopf gestiegen, könnte er noch im Amt sein. Ich vermute, dass der König den Brief an de Coutances nur äußerst widerwillig verfasst hat.«
William überlegte, dann nickte er.
»Vielleicht habt Ihr Recht, aber wir müssen jetzt entscheiden, was zu tun ist.«
Roger seufzte.
»Es ist schwierig,
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