Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)
ihr schwer, den blutroten Wein nicht zu verschütten. Sie war sich Henrys eindringlichen Blicks bewusst, und es kostete sie all ihre Willenskraft, nicht die Arme vor ihrem Körper zu verschränken.
Als sie zu ihm zurückkam, stand er auf und legte seine Hand über die ihre. »Du würdest jedenfalls keinen guten Mundschenk abgeben«, stellte er belustigt fest.
Idas Hände begannen zu beben. Henry nahm ihr den Wein ab, stellte ihn auf eine andere Truhe und wandte sich dann wieder zu ihr. »Aber, aber, Herzchen … nicht weinen. Es ist alles gut. Ich werde dir nicht weh tun, ich schwöre es. Ich möchte doch nur …« Das letzte Wort verklang, als er die runden Broschen abnahm, die ihr Gewand zusammenhielten, und ihr das Kleidungsstück von den Schultern streifte. Dann löste er die Schnüre ihres Hemdes, bis sie nackt bis zur Hüfte zitternd vor ihm stand.
»So jung und unschuldig und bezaubernd«, murmelte er. »Du ahnst ja nicht, was du mir antust …«
Ida lag in Henrys Bett, auf kühlem, duftendem Leinen und unter einer weinroten, mit Pfauen bestickten Seidendecke. Tränen quollen unter ihren Lidern hervor. Sie wischte sie mit dem Handrücken fort. Zwischen ihren Beinen pochte ein brennender Schmerz, und ihr Becken fühlte sich taub an.
Henry saß auf dem Bett und betrachtete sie liebevoll.
»Na komm schon«, sagte er sanft. »Keine Tränen. So schlimm war es doch gar nicht, oder?«
Ida schluckte.
»Nein, Sire«, flüsterte sie. Der Akt als solcher war seltsam und unangenehm gewesen, aber sie hatte die Zähne zusammengebissen und sich gesagt, dass er der König war und ihr nichts anderes übrig blieb, als sich seinem Willen zu fügen. Sie hatte es über sich ergehen lassen und war noch am Leben – zumindest körperlich.
»Warum weinst du dann? Es ist eine große Ehre, die ich dir erweise, Herzchen. Du bist wie eine Braut für mich, die jungfräuliche Braut des Königs, hmm?« Sacht strich er ihr eine dicke braune Haarsträhne aus der Stirn.
»Aber ich komme mir entehrt vor«, wagte Ida einzuwenden. »Die Leute werden mit den Fingern auf mich zeigen und mich als Hure bezeichnen. Mein guter Ruf ist dahin. Ich komme jetzt nicht mehr als Jungfrau zu meinem Mann.« Sie schluckte, um sich von dem schmerzenden Kloß in ihrer Kehle zu befreien. Tränen rannen über ihre Wangen.
»Aber nicht doch, Süßes.« Henry schloss sie in die Arme und strich mit dem Daumen über ihr nasses Gesicht. »Niemand wird das von dir denken. Du gehörst mir. Du gehörst dem König, und dem König gebührt nur das Beste. Wenn irgendjemand es wagt, schlecht über dich zu reden, lasse ich ihn auspeitschen, aber das wird nicht geschehen, das verspreche ich dir. Deine Sorge um deinen Ruf ehrt dich, aber sie ist unbegründet. Ich sorge gut für die, die mir am Herzen liegen. Du wirst den Kopf hoch erhoben tragen und stolz sein.«
Er hieß sie, sich aufzusetzen, und brachte ihr eigenhändig Wein. Dann nahm er einen Ring aus seiner Truhe – keinen von denen, die er früher am Tag so großzügig verteilt hatte, sondern ein schönes Schmuckstück mit einem Rubin von der Größe des Daumennagels eines Mannes. »Trag ihn für mich«, sagte er. »Dann wird jeder wissen, dass du mein bist und ich dich sehr
schätze.« Er schob ihn auf den Finger, an den ein Ehering gehörte, und küsste sie auf Wange und Mund.
Als sie seinen weichen Bart und den Druck seiner Lippen spürte, erschauerte sie.
»Ah, Ida, deine Macht besteht darin, dass du nicht weißt, dass du sie besitzt«, murmelte er.
Als sie den Wein getrunken hatte, half er ihr, sich anzukleiden, strich ihr die Seidenstrümpfe über die Beine, befestigte die Strumpfbänder und küsste die Innenseite ihrer Schenkel unterhalb der Spuren von Samen und Blut. Dann gab er ihr zum Zeichen, dass sie jetzt das Eigentum des Königs war, einen Hermelinkragen.
»Hier.« Er strich erst über den Pelz, dann über ihr Haar. »Er wird dich bis zu unseren nächsten Treffen für mich wärmen.«
Ida merkte kaum, dass sie sein Gemach verließ. Benommen einen Fuß vor den anderen setzend, geleitete sie der Marschall in ihre Kammer zurück. Goda und Bertrice machten viel Gewese um sie, aber sie stand nur starr wie eine Statue da und sprach kein Wort. Sie wollte nur noch schlafen, die Welt ausblenden und sich dorthin zurückziehen, wo sie weder denken noch fühlen musste.
5
Windsor Castle,
September 1 176
Vier Tage später, nachdem sie noch zwei Mal zum König bestellt worden war, setzte ihre
Weitere Kostenlose Bücher