Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)
Tag des Jüngsten Gerichts ruhen, solange es geweihter Boden ist.«
Will warf ihm einen Blick zu.
»Du warst immer derjenige, von dem er am meisten gehalten hat, wusstest du das?«
Roger schüttelte den Kopf.
»Er hat mich gehasst.«
»Er hat dich nicht gemocht, das gebe ich zu, aber im Grunde genommen mochte er niemanden. Trotzdem hat er dich respektiert, auch wenn er das nie zugegeben oder gezeigt hat.«
Roger schnaubte leise.
»Das bezweifle ich. Ich weiß nicht, wie oft er etwas von mir verlangt und mich dann für mein Versagen an den Pranger gestellt hat.«
»Mag sein, aber das galt auch für uns. Er dachte, das würde
uns hart machen. Aber Huon und ich haben uns immer seinem Willen gebeugt. Wir haben uns nicht aufgelehnt und ihm die Stirn geboten. Du hast ihn verlassen, du hast gegen ihn gekämpft und gewonnen. Du hast ihm bewiesen, dass du der Stärkste von uns dreien und daher am geeignetsten bist, die Grafschaft zu übernehmen.«
Roger musterte das Grabmal seines Vaters erneut. So wie das Sonnenlicht, das langsam über die Steinplatte wanderte und kaum merklich seinen Einfallswinkel veränderte, keimte auch in ihm Verständnis auf. Er brachte seinem Vater noch immer keine Liebe entgegen, aber Will hatte in ihm ein kleines Licht entzündet, das eine zaghafte Wärme verbreitete. Wunden heilten, auch wenn sie Narben hinterließen. Er sank auf die Knie, legte die Stirn mit widerwilligem Respekt gegen den kalten Stein und spürte, wie eine Last von ihm abfiel.
Nach einer Weile erhob er sich, entzündete eine Kerze für seinen Vater und verließ mit Will die Kirche. Inzwischen waren die Mönche zur Non hereingekommen, und ihr Gesang erfüllte den Raum zwischen der Erde und Gott mit ätherischen Klängen.
Rogers Ritter warteten bei den Pferden. Huon war nirgendwo zu sehen. Will trat zu seiner Eskorte, die aus einem Pferdeknecht und einem Sergeanten bestand.
»Ich werde mit Huon sprechen«, versprach er Roger, als sie sich in zaghaft freundschaftlicher Geste die Hände schüttelten.
»Was ich tue, tue ich für deine Zukunft, nicht für seine«, erwiderte Roger. Er schlug seinen Umhang zurück und wollte sich in den Sattel schwingen, hielt aber inne, als er den Boten sah, der auf einem schwitzenden Pferd auf das Torhaus zujagte. Er erkannte William Marshals Boten Dickon und zog den Fuß wieder aus dem Steigbügel. Ihm schwante nichts Gutes.
Wenn der Mann in solcher Eile war, musste er schwerwiegende Neuigkeiten bringen. Will warf Roger einen fragenden Blick zu.
»Mylord!« Der Bote sprang von seinem Pferd, kniete vor Roger nieder und überreichte ihm ein zusammengefaltetes Pergament mit Marshals Siegel. Roger erbrach es, las den Brief und wandte sich an Will.
»Der König ist während einer Belagerung im Limousin an einer Pfeilwunde gestorben, die sich entzündet hatte. Der Marschall bittet uns, an einer Ratsversammlung teilzunehmen, die in einer Woche in Northampton stattfindet.«
Will sah ihn erschrocken an.
»Richard ist tot?«
»So steht es hier, und ich zweifle nicht an den Worten des Marschalls. Der König wird nach Fontevrault gebracht, um an der Seite seines Vaters bestattet zu werden.« Er wandte sich an den Boten. »Ich nehme an, du reitest gleich weiter?«
»Ja, Sir. Ich habe auch eine Nachricht für den Earl de Warenne.«
Roger nickte knapp.
»Geh erst in die Küche und lass dir Brot und Wein geben. Und nimm eines der Pferde der Priorei. Ich sorge für Ersatz.«
Der Bote salutierte und wandte sich ab. Roger blieb stehen und starrte blicklos in den sonnigen Apriltag.
Will räusperte sich.
»Wer soll der Nachfolger des Königs werden? Er hinterlässt keinen direkten Erben.«
Geistesabwesend, vollauf damit beschäftigt, seine Gedanken zu ordnen, drehte Roger sich um.
»Marshal schreibt, die Normannen hätten John of Mortain als ihren Herzog anerkannt und dass er König von England werden wird, wenn die Barone ihn unterstützen.«
»Was ist mit Arthur?«, gab Will zu bedenken. »Er ist König Henrys Enkel von einem Sohn, der älter war als John. Er hat Anspruch auf den Thron. Richard hat ihn während des Kreuzzugs zu seinem Nachfolger bestimmt – ich weiß das, weil mein Stiefvater die Korrespondenz geführt hat.«
Roger schaute ihn nachdenklich an.
»Also haben wir einen zwölfjährigen Jungen, der die Marionette des Königs von Frankreich ist, und als seinen Gegenspieler einen erwachsenen Mann, der England gut kennt.«
»Auf wessen Seite würdest du dich stellen?«
Roger
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