Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)
Hochzeit warten.«
Ida richtete sich auf, hob das Tuch und sah zu, wie die restliche Flüssigkeit langsam in die Schale tropfte. Der konzentrierte Duft war betörend und sehr weiblich und beflügelte ihren Entschluss noch. Sie sah Goscelin an. Ihre Augen funkelten störrisch.
»Dann werde ich warten.«
Er zuckte ungeduldig die Achseln.
»Du kennst ihn doch nur von flüchtigen Begegnungen bei Hof.«
»Dasselbe lässt sich von jedem anderen Mann auch sagen.«
»Was, wenn ich in der Zwischenzeit auf einen anderen passenden Bewerber stoße? Würdest du ihn wenigstens in Erwägung ziehen?«
Ida hob gleichfalls die Schultern.
»Natürlich«, erwiderte sie, um nicht an seiner männlichen Autorität zu kratzen, obgleich sie nichts dergleichen tun würde.
Er sah sie lange an, dann schüttelte er den Kopf und lächelte hilflos.
»Dann halte an Bigod fest«, sagte er, »und bete, dass der König ihn zum Earl macht. Dann bist du eine Countess.«
Daran hatte Ida in ihren Tagträumen auch schon gedacht. Countess of Norfolk. Herrin von East Anglia. Der Gedanke glich dem Betrachten des Meeres vom sicheren Ufer aus. Eine Grafschaft im Familienbesitz zu haben bedeutete großes Ansehen und mehr Sicherheit als nur die Gunst, die einer Mätresse gewährt wurde.
Ihr Bruder schnupperte an dem Ergebnis ihrer Arbeit.
»Was ist das, ein Liebestrank?«
Sie musterte ihn.
»Probier ihn, dann wirst du schon sehen …«
Er schüttelte lachend den Kopf.
»Das würde ich nie wagen.« Er verneigte sich in Richtung der anderen Frauen und verließ den Raum.
»Nun?« Hodierna gesellte sich wieder zu Ida. Sie hatte den kleinen William hochgenommen und balancierte ihn auf ihrer breiten Hüfte.
Ida seufzte und schloss ihren Sohn in die Arme.
»Jetzt muss ich abwarten«, erwiderte sie und fragte sich gleichzeitig, wie viel Mut und Kraft sie dieses Warten wohl kosten würde. Hoffentlich nicht mehr, als sie aufzubringen imstande war.
13
Chinon,
Ostern 1181
In den letzten Jahren hatte Ida oft mit neuen und schwierigen Erfahrungen fertig werden müssen, die sie auf eine harte Probe gestellt hatten und an denen sie fast zerbrochen wäre, aber noch nie hatte sie so entsetzliche Angst verspürt und sich so hilflos gefühlt wie jetzt. Sie lag neben ihrem kleinen Sohn auf dem Bett, wusch seinen brennenden Körper mit lauwarmem Rosenwasser und sah zu, wie seine Brust sich so hastig hob und senkte wie bei einem hechelnden Hund. Blasiger Ausschlag bedeckte seine Haut, und er hatte sich in der Nacht mehrmals übergeben. Das Erbrechen hatte nachgelassen, dafür hatte sich ein bellender Husten eingestellt, der ihn so schüttelte, dass er kaum Luft bekam. Es war ihr gelungen, ihm ein wenig Honig und Wasser einzuflößen, und obwohl er fast entwöhnt war, hatte sie ihn zu stillen versucht, teils in der Hoffnung, er würde etwas Nahrung zu sich nehmen, teils, um ihm Trost zu spenden.
Behutsam wischte sie seinen glühenden Körper ab und sang ihm ein unsinniges Lied über einen Vogel im Käfig vor, während er leise wimmerte und schniefte. Seine Augen standen offen, blickten aber ins Leere und waren so trübe wie mattbraune Kieselsteine. Sie hatte gehört, dass Fieber in der Stadt grassierte, und obwohl die anderen Frauen versucht hatten, es ihr zu verschweigen, wusste sie, dass bereits einige Kinder gestorben waren, darunter auch der kleine Sohn eines Schuhmachers, der so alt war wie ihr Baby. Von Schuld und Entsetzen erfüllt und um die Mutter weinend, die ihr Kind auf so grausame Weise verloren
hatte, hatte Ida zum heiligen Clemens und zum heiligen Bueno gebetet, sie hatte Kerzen entzündet, reichlich Almosen gegeben und Gott angefleht, William zu verschonen.
Sie wrang das Tuch erneut aus. Sogar durch das feuchte Leinen hindurch konnte sie die Hitze seines Körpers spüren, als sie ihn abwusch.
»Heilige Mutter Gottes«, flüsterte sie. »Lass ihn nicht für meine Sünden büßen. Lass ihn nicht sterben. Nimm mich an seiner Stelle.«
Goda trat an das Bett und berührte sacht ihre Schulter.
»Ihr werdet verlangt, Mylady.«
Ida blickte abwesend auf und sah in das Gesicht von Bonhomme, einem der Zeremonienmeister des Königs. In seinen Augen glomm Mitgefühl, aber seine Züge blieben ausdruckslos.
»Der König wünscht, dass Ihr ihm Gesellschaft leistet, Mistress.«
Ida traute ihren Ohren nicht.
»Um Himmels willen! Sein Sohn ist krank, er schwebt in Lebensgefahr! Ich kann ihn doch nicht allein lassen.«
Bonhomme scharrte unbehaglich mit den
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